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Rheinsteigmord - Kriminalroman

Rheinsteigmord - Kriminalroman

Titel: Rheinsteigmord - Kriminalroman
Autoren: emons Verlag
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möchten, kann ich Ihnen aber das Schreiben noch einmal zustellen. Auch per Mail, wenn Sie möchten. Wie ist Ihre Adresse?«
    »Die habe ich Ihnen jetzt schon dreimal gesagt.«
    »Ich meine die Mailadresse, Herr Bleikamp.«
    »Hören Sie …«
    Draußen ratterte es wieder los. Fred dachte erst, es käme von dem Krach, dass er auf einmal das Gefühl hatte, hinter dem Telefonhörer würde ein schwarzes Loch gähnen. Als sei da niemand mehr. »Hallo?«, rief er. »Hören Sie mich? Sind Sie noch da?«
    Keine Antwort.
    Fred sah sich das Telefon an. Das Display war nicht beleuchtet. Er nahm das kleine Radio, das vor dem Lüftungsfensterchen stand, drehte es an und stellte es ganz laut. Eigentlich sollten jetzt klassische Klänge der Sendung »Mosaik« auf WDR 3 mit dem Lärm da draußen wetteifern. Aber es kam nichts. Das Radio war tot. Genauso wie das Telefon.
    Der Strom war weg.

2
    »Was willst du haben? Urlaub? Mensch, bist du noch ganz dicht? Jetzt, wo wir Hochsaison haben?« Karl Spalowsky, den nur Freunde und manche Untergebene Charly nennen durften, schüttelte den Kopf, als hätte Fred einen dummen Witz gemacht. Er legte demonstrativ die Füße auf den Tisch, was angesichts seiner immensen, an Reiner Calmund erinnernden Leibesfülle eine größere Aktion war.
    Fred hatte es kommen sehen. Für Charly war immer Hochsaison. Den lieben langen Tag konnte man mutmaßliche Ehebrecher verfolgen, Sozialschmarotzer aufspüren oder Zeugen suchen. Die Detektei lief gut.
    »Ich brauche jeden Einzelnen«, sagte Charly.
    »Jeden Einzelnen? Wen außer uns beiden gibt es denn noch?«
    Wenn Fred an Charly etwas hasste, dann diese Art, ständig große Töne zu spucken. Kunden gegenüber konnte er das ja machen. Aber Fred war sein Mitarbeiter. Eigentlich Mädchen für alles. Laufbursche. Manchmal sogar Sekretärin. Auf freier Basis natürlich.
    »Ich habe es endlich geschafft«, erklärte Charly. »Wir kriegen den Auftrag von der Warenhauskette.«
    Fred schnaubte. Das erzählte Charly schon seit mindestens einem Jahr.
    »Und dann, mein Lieber, kann ich dich fest anstellen. Drei Mille brutto im Monat. Was sagst du dazu?«
    Auch das kam in regelmäßigen Abständen.
    »Kriege ich dann auch Urlaub?«, fragte Fred. Er hatte seit einem Jahr fast keinen freien Tag mehr gehabt. Sogar mitten im Karneval hatte er für Charly eine Überwachung gemacht und den Rosenmontag in irgendeinem westfälischen Kaff im Auto verbracht.
    Charly grinste. »Na klar, mein Junge. Du darfst dich freuen.«
    »Dann nehme ich den Urlaub eben jetzt. Als Vorschuss.« Der Dicke wollte etwas sagen, aber Fred redete einfach weiter. »Das Haus, in dem ich wohne, wird renoviert. Da herrscht ein Höllenlärm. Heute Morgen gab’s kein Wasser und keinen Strom. Keiner weiß, wie lange das geht. Ich habe keinen Bock mehr, Charly. Gib mir zwei Wochen frei. Ich will auch mal was anderes machen, als in der Gegend rumzustehen und Leute zu überwachen.«
    Charly nahm die Hände, die er hinter dem Kopf gefaltet hatte, nach vorn und befreite Fred so von dem Anblick der Schweißflecken unter den Achseln seines hellblauen Hemdes.
    »Ich weiß schon, was du willst. Du willst den Möchtegern-Hemingway spielen. Schuster, bleib bei deinem Leisten, sag ich da nur. Damit wird es eh nichts. Die Schriftstellerei bringt kein Geld.«
    Jedes Mal, wenn das zur Sprache kam, ärgerte sich Fred darüber, dass er Charly jemals davon erzählt hatte.
    »Wo wir gerade von Geld reden«, sagte er. »Du schuldest mir noch zwei Honorare.«
    Charly winkte ab. »Kriegst du, wenn das mit den Kaufhäusern klar ist. Wenn ich dich fest anstelle. Sozusagen als erstes Urlaubsgeld.«
    »Die Kohle steht mir zu. Und ich will sie jetzt.«
    Charly schüttelte den Kopf. »Ich warte selbst auf ein paar säumige Kunden, die nicht bezahlen wollen. Wenn ich die Kaufhäuser unter Dach und Fach habe, läuft der Laden wieder.« Er stand ächzend auf und ging in Richtung Tür. »Also mach halblang. Und pass mal eben fünf Minuten auf das Telefon auf.« Im Vorbeigehen nahm er den heutigen Generalanzeiger vom Tisch und verließ den Raum. Auf dem Flur ging die Klotür. Der Schlüssel drehte sich krachend. Dumpf war zu hören, wie Charly vor sich hin pfiff. Fred erkannte »La Paloma«.
    Er ließ sich in das abgewetzte Besuchersofa fallen und dachte nach. Er hätte nicht gezögert, sich das Geld, das ihm Charly schuldete, einfach zu nehmen, wenn es irgendwo hier im Büro gewesen wäre. Aber so dumm, die Kohle einfach rumliegen zu
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