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Rhavîn – Gesang der schwarzen Seele 1 (German Edition)

Rhavîn – Gesang der schwarzen Seele 1 (German Edition)

Titel: Rhavîn – Gesang der schwarzen Seele 1 (German Edition)
Autoren: Janine Höcker
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Kapuze des Mannes. Das Blitzen seiner dunklen Augen streifte ihr Gesicht. Auriel spürte, wie ihr sein kühles Lächeln entgegen perlte.
    Ihr Mund wurde trocken, ihr Herz schien einen Schlag lang auszusetzen. Dann wurde sie herumgezerrt, ihr Antlitz der Menge zugewandt. Sie spürte das kalte, feuchte Gras unter ihren bloßen Füßen, fühlte, wie sich der eisige Herbstwind unter ihre Gewänder fraß. Die kühlen und drängenden Blicke der umstehenden Masse versuchten Auriel förmlich aufzusaugen. Sie konnte das tastende Misstrauen kaum ertragen, wand sich unter den unzähligen Blicken. Auriel versuchte unwillkürlich, sich zu lösen, doch der Griff ihres Mentors war erbarmungslos.
    Der Hohepriester hielt sie fest, präsentierte die junge Frau wie schlachtreifes Vieh. Er schien ihre Nervosität sichtlich zu genießen. Sein Atem ging schneller, zeichnete warme Linien in Auriels Nacken. Die feingliedrige Zauberin glaubte, neben den dumpfen Trommelschlägen auch das laute Pochen seines Herzens wahrnehmen zu können.
    Auriel fühlte sich ausgeliefert, wollte der Menge entgegenschreien, dass sie nicht angestarrt werden mochte. Sie sehnte sich danach, geradewegs zwischen den schützenden Leibern der Herde untertauchen zu können. Doch sie war gefangen. Der Gedanke an eine Flucht schmolz in ihrem Kopf wie Schnee in der Sonne.
    Ihre halbherzigen Versuche, zu entkommen, waren aussichtslos.
    „Ich will, dass Ihr mich freilasst“, wisperte sie kaum hörbar, doch wusste sie um die Lüge ihrer Worte. Erregung breitete sich wie das faulige Miasma eines uralten Drachen in Auriels Eingeweiden aus. Zitternd drängte sie sich in die schützende Dunkelheit des Hohepriesters. Seine Finger stachen in ihren Oberarm, sein warmer Atmen wisperte über ihre Haut. Plötzlich spürte die Novizin durch die Anwesenheit ihres Mentors ein behütetes Gefühl in sich aufsteigen.
    „Lasst uns das Ritual beginnen, Meister“, wisperte sie und verneigte sich ehrerbietend.
    Der Hohepriester lockerte den Griff, drehte seine Schülerin zu sich um. Mit kalten Fingern strich er über die weiche Haut ihrer erhitzten Wange.
    „Es wird schwierig werden, Auriel. Sie werden sich wehren.“ Seine zärtliche Stimme jagte Gänsehaut über Auriels Körper.
    Die junge Frau nickte schweigend.
    „Vielleicht werden ihre Götter eingreifen. Es sind nicht bloß einfache Menschen, sondern auch Priester unter ihnen.“
    Auriel sah nichts außer seinen schwarzen Augen, der Rest des Gesichts blieb in der Dunkelheit von Stoffen und Schatten verborgen.
    „Gleichwohl werden wir es schaffen. Wir werden den verwobenen Grauen das größte Opfer aller Zeiten erbringen.“ Ein lüsternes Raunen rieselte Auriel entgegen, ihre Augenlider flackerten.
    Sie zwang sich, erneut zu nicken. Ihre Angst zerrann, Erregung und Gier streckten ihre Klauen in Auriels Seele aus, kämpften um die Vorherrschaft.
    Gleich werde ich die Opfer auf ihr Ende vorbereiten. Als einzige Dienerin des Hohepriesters werde ich in die direkte Aufmerksamkeit der ehrwürdigen verwobenen Grauen geraten. Diese Nacht wird die bedeutendste in meinem ganzen Leben.
    „Sieh es als Prüfung, als Initiationsritus“, zischte der Hohepriester. Wieder streifte seine kalte Hand Auriels Gesicht. Unvermittelt glitten zwei seiner Finger in ihren Mund, ertasteten ihre Zunge, glitten über die Unebenheit ihrer Zähne. „Sei mir zu diensten!“, forderte er dicht an Auriels Ohr. Er spürte die Weichheit ihres Mundes, die Wärme. Er roch ihre Angst, weidete sich an dem Grauen in ihrem Blick.
    Als ihr Entsetzen in Lust umschlug, ließ der Mann von Auriel ab. Sie stand vor ihm wie die Ausgeburt der Unschuld, zerbrechlich und verletzlich.
    Ihre braunen Augen funkelten, ihre Lippen lechzten nach einer weiteren Berührung. Auriel zitterte, ihre Gedanken bebten. Das Wummern ihres Herzens grub sich in ihre Ohren.
     
    Die Zauberer kehrten zurück. Sie versammelten sich am Waldrand. Die Trommelspieler schlugen ihre Instrumente zu quälenden Klängen an, die sich immer höher schraubten und beharrlich schneller wurden. Plötzlich verhallten sich mit einem gewaltigen Dröhnen, ließen nichts als Stille zurück.
    Erneut formte sich eine Gasse zwischen den Anwesenden. Die Zauberer, die sich vor einiger Zeit aus dem Kreis gelöst hatten, begaben sich vom Wald her neuerlich auf den Weg, die Opfereiche zu erreichen.
    Gemeinsam trugen sie neun Käfige, in denen aufgeregt flatternde Falken saßen.
    „Dies sind die neun Wesen von der Art der
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