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Revolverherz: Ein Hamburg-Krimi (German Edition)

Revolverherz: Ein Hamburg-Krimi (German Edition)

Titel: Revolverherz: Ein Hamburg-Krimi (German Edition)
Autoren: Simone Buchholz
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bitte nicht, bitte. Er packt fester zu. Es tut weh.
    Da ist es wieder, und diesmal ist es eindeutig: Ich bin die Beute, und er hat die Macht.
    »Spürst du da was?!«
    Ich kann nicht sprechen, ich kriege keine Luft, mir wird langsam, aber sicher schwarz vor Augen.
    »Weißt du«, sagt er, »ich spüre da gar nichts mehr. Diese Tabletten, die ich nehmen muss, seit diese Krankheit ausgebrochen ist, nur weil meine blöde Alte ihre Karre nicht unter Kontrolle hatte und ich angeblich einen Schock erlitten habe, diese Scheißärzte, die wissen doch gar nicht, was diese Dreckspillen aus einem Mann machen, diese Scheißtabletten, die töten alles ab, die machen impotent, die lassen dich verdorren, die machen ein beschissenes Stück altes Fleisch aus dir. Es geht einfach nicht mehr, nichts geht mehr, es funktioniert einfach nicht mehr.«
    Sein Mund ist ganz nah an meinem Ohr, er spuckt mir da rein, während er redet. Der Pistolenlauf sitzt in meinem Nacken wie ein Schraubstock.
    »Wenn da nicht diese kleine Nutte gewesen wäre!«, keift er. »Sie sollte doch nur für mich tanzen, die blöde Kuh. Sie sollte nur ein bisschen rumspringen. Der Basso, der Drecksack, hat mir das Biest besorgt. Die war so ein Biest. Die wollte doch mehr, das hab ich ihr angesehen. Die hat mich doch angestachelt!«
    Er atmet und atmet, es ist fast ein Keuchen, und seine Hand zwischen meinen Beinen packt noch fester zu. Ich versuche, keinen Mucks von mir zu geben. Ich bin mir nicht sicher, aber ich ahne, dass er von Margarete Sinkewicz spricht.
    »Und dann bin ich ran an sie, die wollte das ja so, die wollte doch mal wieder gefickt werden, aber es hat nicht funktioniert, weil sie mir auch kein bisschen geholfen hat, die Nutte, sie hat sich sogar gewehrt, wie soll man denn da einen hochkriegen, wenn sie einen erst anmachen und dann abfahren lassen, die blöden Nutten. Und dann ist sie heulend rausgerannt, und John, der Superidiot, hat sie gesehen und ist ihr hinterhergelaufen, und dann hat er das getan, wovon er vor einem halben Jahr schon mal geredet hat, an dem einen Abend, als er so geheult hat, in Aachen, der Trottel, ich hab ihn doch extra da weggeschafft, als sie dieses Mädchen gefunden haben. Und dann, an dem Abend, an dem die kleine Nutte hier war, da hat der Basso John mit ihr gesehen, und als zwei Tage später die Zeitungen voll waren von der toten Nutte, stand der bei mir auf der Platte und hat Alarm gemacht, der blöde Hund, der wollte mich fertigmachen. Das ist so krank, das ist alles so krank hier. Und du glaubst auch noch, dass man das gut finden muss. Aber dir hab ich’s gezeigt, oder? Du weißt jetzt, dass du nicht der Chef bist. Hast du Angst? Hast du Angst, du Schlampe?«
    »Ja«, sage ich. »Ich habe Angst. Hören Sie auf damit, Zandvoort. Nehmen Sie die Knarre weg von mir.«
    »Die Knarre, du blöde Kuh. Da ist dir anders geworden, als die nicht mehr da war, hm?«
    Meine Knarre? Ist das meine Knarre, die da in meinen Nacken drückt? Es ist verrückt, aber irgendwas bäumt sich in mir auf. Meine Knarre. Die darf niemand anfassen, niemand außer mir. Das macht mich wütend, dass dieses Arschloch hier mich mit meiner eigenen Knarre bedroht. Geht’s eigentlich noch?
    »Lassen Sie die Knarre fallen, Zandvoort«, sage ich, »oder ich mach Sie kalt.«
    »Sie machen mich kalt? Sie kleines Biest wollen mich kaltmachen?« Er lacht ein irres Lachen. Es schüttelt ihn fast, und der Griff seiner Hand lockert sich etwas, aber nicht genug. Ich kann nichts tun. Ich komme hier nicht raus, solange er meine verfluchte Knarre in der Hand hat.
    »Was haben Sie mit dem Basso gemacht?«, flüstere ich, keine Ahnung, wo ich den Mut dafür hernehme.
    »Ich hab ihm die Russen geschickt, so wie dir«, sagt er. »Jetzt hält er die Schnauze. Der kleine Schwätzer. Und du auch bald.«
    Ich weiß nicht, ob er sich das trauen würde, ob er sich wirklich trauen würde, mich zu erschießen, aber ich merke, wie mir der Kreislauf wegknallt, ich weiß, ich kann mich nicht mehr lange auf den Beinen halten, mein Hirn fährt im Kreis, ich denke an Klatsche, ich denke an meinen Vater, ich denke an Carla, ich fange an zu beten, mein Gott, denke ich, hilf mir, bitte, einer muss mir helfen, und dann, mit einem gewaltigen Bumms, fliegt die Tür auf.
    »Lassen Sie die Waffe fallen, Zandvoort.«
    Es ist der Faller. Der Faller ist da.
    Zandvoort lässt von mir ab und dreht sich um. Ich rutsche an der Wand runter. Der Raum verschwimmt vor meinen Augen und wird immer grauer,
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