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Rettungskreuzer Ikarus Band 042 - Gesandtschaften

Rettungskreuzer Ikarus Band 042 - Gesandtschaften

Titel: Rettungskreuzer Ikarus Band 042 - Gesandtschaften
Autoren: Sylke Brandt
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aufgeschreckt und in diensteifriger Hast gegen etwas gerannt.
    Botero wartete einen kurzen Moment, musste dann aber einsehen, dass es wahrscheinlich
der erste Fall war. Was hatte er bloß falsch gemacht, dass Vince sich
so unwillig zeigte? Er sollte ihn ganz auseinander nehmen und von vorne beginnen,
aber irgendwie missfiel ihm der Gedanke. Nicht, weil es ihm leid tun würde,
Vince und seine verdrehte Persönlichkeit damit zu zerstören. Sondern
weil es irgendwie anregender war, an dem lebenden Objekt weiter zu experimentieren.
    Botero wusste, dass dies eine höchst unfreundliche Einstellung war. Doch
er hatte schon lange seinen Frieden mit den dunklen Seiten seines Genies gemacht.
Man musste Schmerz nachvollziehen können, um sich von ihm beeinflussen
zu lassen.
    Der einzige Schmerz, den Botero fürchtete, war sein eigener. Und das bezog
sich ebenso auf Angst und Kummer, auf Freude, Verlangen und Hoffnung. Dass er
damit ein Hauptkriterium für einen Psychopathen erfüllte, störte
ihn nicht. Er brauchte keinen Spiegel, um sehen zu können, was er war.
    »Vince!«, wiederholte er, ungeduldiger, aber dann hielt er inne.
    Nach der letzten Operation sah sein Faktotum etwas, nun, grotesk aus. Er würde
in der Arche zu sehr auffallen, vielleicht sogar als missgestalteter Fehlschlag
getötet werden.
    Zwar hatte Botero solches Verhalten bislang nicht beobachten können, aber
er hatte auch wenig darauf geachtet. Er konzentrierte sich auf die Gene, nicht
das Sozialverhalten seiner unfreiwilligen Patienten. Aber es steckte zu viel
Arbeit in dem Inhalt des Zylinders, als dass er riskieren wollte, dass er zusammen
mit Vince in einem Reaktorfeuer landete. Konnte er sich darauf verlassen, dass
Vince heimlich und ungesehen sein Ziel erreichte? Botero verzog das Gesicht.
Wohl kaum. Also würde er selber gehen müssen. Er war kein Athlet,
aber zumindest normal proportioniert.
    Der Gedanke, die sichere Hülle seines Schiffes verlassen zu müssen
und durch die Gänge der Arche zu schleichen, missfiel ihm. Er hatte das
schon einmal getan, um die Leitungen der Trinkwasseranlage vorzubereiten, doch
das war zu einem Zeitpunkt geschehen, als die Arche noch weit von ihrer Fertigstellung
entfernt und nahezu verwaist gewesen war. Jetzt wimmelte es von Siedlern. Und
Botero mochte schon den Klang des Wortes Wimmeln nicht.
    Es gab noch eine weitere, eine dritte Möglichkeit, die jedoch ebenso unsicher
war, wie Vince in einer geheimen Mission auf den Weg zu schicken. Botero legte
den Zylinder ab und öffnete die Schleuse zu einem winzigen Nebenraum. Die
Liege, die hier stand, berührte an beiden Enden fast die Wände –
genauso wie die Gestalt, die auf ihr festgeschnallt im Betäubungsschlaf
lag.
    Botero rümpfte die Nase über den herben Geruch in der Kammer und fürchtete
für einen Moment, er könnte seinen Patienten zu lange allein gelassen
haben und müsste nun eine Leiche entsorgen. Doch ein kurzer Blick auf die
Geräte zeigte ihm, dass der Gestank nichts war, was eine Dusche nicht bereinigen
könnte, wenn es auf der Arche solche profanen Sinnlosigkeiten gegeben hätte.
    Der Infizierte war einer von denen, die sich Botero für die Versuche mit
dem modifizierten Virus besorgt hatte, und der Einzige, bei dem die vorerst
endgültige Version Wirkung gezeigt hatte. Wenn alles klappte, dann sollte
der Hüne sich als bereitwilliger Diener erweisen – mehr zumindest
als der störrische Vince.
    Und wenn es nicht klappte? Nun, früher oder später musste er einen
Versuch wagen, warum also nicht jetzt.
    Kurz entschlossen griff Botero zur Injektionspistole und verabreichte seinem
Gefangenen ein Aufputschmittel. Kurz darauf begannen die Lider des Mannes zu
flattern, und er atmete tief ein.
    »Ein bisschen Beeilung«, forderte Botero und spürte, wie seine
gute Laune wieder kehrte. »Wir haben viel Arbeit vor uns und nur wenig
Zeit.«
    Der Mann stöhnte, und Botero sah ein, dass es noch etwas dauern würde,
ehe er seinen Protosklaven auf die Mission schicken konnte, den Zylinder an
die Trinkwasserversorgung der Arche anzuschließen. Er zuckte mit den Schultern,
legte die Injektionspistole zur Seite und überlegte sich, mit welcher Art
von Vergnüglichkeit er die Wartezeit überbrücken konnte. Ihm
war nach etwas Konstruktivem. Vielleicht einer kleinen Bastelarbeit?
    Mit einem Lächeln wandte Botero sich um und verließ die Kammer.
    »Vince!«, rief er zum
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