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Rettet unser Geld

Rettet unser Geld

Titel: Rettet unser Geld
Autoren: Hans-Olaf Henkel
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würden, hätte ich mich niemals für die Gemeinschaftswährung engagiert. Meine Begeisterung damals war ebenso echt, wie es heute meine Ablehnung ist. Doch nicht ich bin »vom Saulus zum Paulus« geworden, wie Euro-Skeptiker Wilhelm Hankel meinte - es ist Europa, das sich verändert hat, und leider nicht zum Guten.
    Der Hauptgrund für den Zerfall der Vertragsmoral, auf den der Zerfall des Euro folgen wird, liegt in der Inkompatibilität der verschiedenen Wirtschaftssysteme und -temperamente. Im August 2010 kamen die Schweizer UBS und das Londoner Beratungsinstitut Capital Economics gleichzeitig zu dem Ergebnis, dass es für Europa das Beste wäre, wenn sich der Euro-Verbund auflöste. Während die Londoner in ihrem Gutachten Warum die Eurozone aufbrechen muss die Überzeugung ausdrückten, dass nur durch eine solche Radikalkur »die Tür zu neuem Wirtschaftswachstum geöffnet« würde, meinte die Schweizer Bank in ihrer Studie Die Zukunft des Euro , es sei für das Überleben des Euro unvermeidlich, dass einige Länder aus der Gemeinschaft auscheiden müssen. »Paradoxerweise«, so das Fazit, »scheint es aus wirtschaftlichen Gründen am vernünftigsten, dass Deutschland ausscheidet«.
    Nun, man muss nicht gleich das Kind mit dem Bade ausschütten. Eine Aufteilung des Euro, wie ich sie vorschlage, hätte wohl die gleiche Wirkung. Warum diese noch nicht auf der Tagesordnung steht, lässt sich kaum verstehen, denn eine Einheit lässt sich offensichtlich nur dann bilden, wenn die Partner entweder dieselben Eigenschaften mitbringen oder denselben guten
Willen. Es ist doch leicht einzusehen, dass die Zusammenlegung von, sagen wir, Leistungssportlern und Fußkranken zu keinem dauerhaft positiven Ergebnis führen kann - die Lahmen werden nicht schneller, aber die Schnellen dafür langsamer.
    Um einen Vergleich aus dem Sport heranzuziehen: Ein Boot mit ein paar guten Ruderern und einer Mehrzahl von schlechten wird weitaus schlechter abschneiden, als wenn man die unterschiedlichen Talente auf zwei Boote verteilt. Denn eine solche Neuordnung hat zwangsläufig zur Folge, dass das schnelle Boot das langsamere zur Verbesserung der eigenen Leistung anspornt, ja förmlich »mitzieht«. Nur so entsteht die sportliche Wettbewerbssituation, in der jeder über sich hinauswachsen kann, und nicht nur der Starke. Wenn dagegen Stark und Schwach in einem Boot zusammenhocken, wird der Schwache entmutigt und der Starke durch die Aussicht gelähmt, für den Schwachen mitrudern zu müssen und dadurch unnötig an Geschwindigkeit zu verlieren.
    Die Situation in der heutigen EU lässt sich in der Tat mit einem disparat besetzten Boot vergleichen. 27 Länder sitzen an den Rudern, aber sie tragen unterschiedlich viel zur Fortbewegung bei. Und nicht nur die hängenden Riemen bremsen die Fahrt, sondern auch jene, die nur so tun, als mühten sie sich, während sie die Kraft der anderen ausbeuten. Im selben Augenblick, wo dieser Trittbrettfahrer-Effekt wegfällt, wird der Faule gezwungen sein, selbst in die Riemen zu greifen; und da sein eigenes Wohlergehen auf dem Spiel steht, wird er mit allen Mitteln versuchen, zu dem erfolgreicheren Boot aufzuschließen.
    Für die Fahrt wirkt sich ebenfalls hinderlich aus, dass wir in der EU neben dem Euro elf weitere Währungen haben, man könnte auch sagen: mitschleppen. Allein damit lässt sich das
Argument entkräften, durch die beiden Euros entstünde ein Währungsdurcheinander. Denn diesen Wirrwarr gibt es heute schon, da der innereuropäische Handel nach wie vor in britische Pfund und ungarische Forint, in polnische Zloty und bulgarische Lewa umrechnen muss. Durch eine Aufteilung des Euro in zwei Boote oder Geleitzüge würde diese Zahl auf zwölf erhöht, und das ergäbe kaum einen Unterschied.
    Vermutlich würde sogar der umgekehrte Fall eintreten, und die Zahl der in Europa kursierenden Währungen würde sich nicht vergrößern, sondern verkleinern. Denn sobald es einen Euro gäbe, dessen Härte durch die nördlichen Wirtschaftssysteme gesichert wäre, gäbe es für Großbritannien weniger Gründe, draußen zu bleiben. Umgekehrt gilt das Gleiche: Wenn statt des einen harten Euro auch ein zweiter existierte, der nicht mehr so hart, dafür aber flexibler wäre, würden sich sogleich eine ganze Reihe der »schwächeren« Kandidaten in Südosteuropa um Mitgliedschaft bewerben, mit guter Aussicht auf Erfolg. Oder ließe sich die Integration Rumäniens in eine Gemeinschaft mit Portugal und Ungarn nicht
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