Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rettet den Euro!: Warum wir Deutschland und Europa neu erfinden müssen (German Edition)

Rettet den Euro!: Warum wir Deutschland und Europa neu erfinden müssen (German Edition)

Titel: Rettet den Euro!: Warum wir Deutschland und Europa neu erfinden müssen (German Edition)
Autoren: Martin Hüfner
Vom Netzwerk:
denken ist hier an die zwei übrigen baltischen Staaten Litauen und Lettland. Estland ist ja schon seit 2011 Mitglied des Euro-Raums. Dazu wird Polen kommen, das bisher eine sehr kluge, ausgewogene und nicht überhastete Wirtschaftspolitik betrieben hat. Es wird seine Wirtschaft durch den Euro stärker in den Binnenmarkt integrieren wollen.
    Weitere Kandidaten sind die Tschechische Republik (wo es aber noch politische Vorbehalte gibt), vielleicht auch Ungarn. Bulgarien hatte schon einmal den Antrag auf Beitritt gestellt, wurde damals aber wegen Nichterfüllung der Maastricht-Kriterien abgelehnt. Es hat seine Währung bereits jetzt fest an den Euro gekoppelt (Currency Board). Wenn all diese Staaten dem Euro angehören sollten, dann kann am Ende Rumänien kaum im Abseits stehen bleiben.
    Von den Ländern im Westen der Europäischen Union ist zu vermuten, dass zumindest Dänemark bis 2025 dem Euro beitreten wird. Es bindet seine Krone schon jetzt de facto an den Euro. Schweden wird sich vermutlich an Großbritannien orientieren.
    Dass Großbritannien in absehbarer Zeit in den Euro kommen wird, halte ich dagegen für unwahrscheinlich. Das ist zwar schade, denn ein Beitritt des Pfundes würde beiden Seiten gut tun. Großbritannien könnte sich durch einen Beitritt aus der Zwickmühle befreien, dass es einerseits die Staatsverschuldung reduzieren muss, andererseits aber wegen der Deindustrialisierung der letzten Jahrzehnte nicht genug gesamtwirtschaftliches Wachstum hat. Die Situation ähnelt ein wenig der Lage in den 1960er Jahren, als Großbritannien über den Beitritt zur damaligen Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft verhandelte. Der Beitritt (1973) tat den Briten am Ende wirtschaftlich gut. Für den Euro wäre Großbritannien ebenfalls eine Bereicherung. Es würde seine Erfahrung mit einer großen Währung einbringen können. Es würde den Euro-Kapitalmarkt wesentlich wettbewerbsfähiger machen.
    Aber objektiv ist es vernünftig, wenn die Briten außen vor bleiben. Großbritannien tut sich mit seinem ausgeprägten Hang zur Unabhängigkeit noch schwerer als andere, etwas von seiner Souveränität preiszugeben.
    Der starke Zustrom an neuen Mitgliedern ist einerseits ein Vertrauensvotum für den Euro. Es sollte den Skeptikern zu denken geben, dass der Euro so attraktiv ist, dass viele in ihn aufgenommen werden wollen. Andererseits wird das Leben in der Währungsunion schwerer.
    Zwei Probleme stellen sich: Zum einen steigt die Inflationsrate, wenn Länder mit niedrigerem Pro-Kopf-Einkommen in die Union kommen. Das ist der berühmte Balassa-Samuelson-Effekt. Er besagt, dass die Geldentwertung in sich entwickelnden Märkten stets höher ist als in den bereits entwickelten Industrieländern. Der Grund: In den Schwellenländern steigt die Produktivität im verarbeitenden Gewerbe erfahrungsgemäß schneller als in den reifen Industriestaaten. Sie können ganz einfach noch mehr Reserven und economies of scale (Größenvorteile) mobilisieren. Wenn aber die Produktivität stärker zunimmt, dann erhöhen sich auch die Löhne schneller, und das führt in den Dienstleistungsbereichen (wo die Produktivität nicht so stark wachsen kann) zu stärkeren Preissteigerungen. Das Ergebnis ist, dass die Geldentwertung in emerging markets größer ist.
    Diese Zusammenhänge sind ein Grund, weshalb es eigentlich sinnvoll wäre, dass sich die Staaten Osteuropas (bei denen es sich in der Mehrzahl noch um emerging markets handelt) mehr Zeit lassen sollten mit dem Beitritt zur Währungsunion. Leider hat man aber die Tür für die neuen Mitglieder weit aufgemacht. Alle können und müssen nach dem Lissabon-Vertrag dem Euro beitreten, wenn sie die Maastricht-Kriterien erfüllen.
    Zum anderen wird das Arbeiten in den gemeinsamen Gremien bei zunehmender Zahl der Mitglieder schwieriger. Derzeit sitzen 23 Männer und Frauen im Governing Council der Europäischen Zentralbank am Tisch, sechs davon kommen aus dem EZB-Direktorium, 17 aus den nationalen Zentralbanken. Wenn jeder von ihnen nur zehn Minuten insgesamt (zu allen Tagesordnungspunkten) redet, dann sind schon fast vier Stunden vergangen. Geordnetes Beraten ist da kaum möglich. Im Open Market Committee der amerikanischen Federal Reserve gibt es demgegenüber nur zwölf stimmberechtigte Mitglieder. Natürlich haben die Staats- und Regierungschefs und die EZB für den Fall steigender Mitgliederzahlen vorgesorgt. Nicht jedes Land soll in Zukunft zu jeder Zeit stimmberechtigt sein. Aber auch nach
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher