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Renegade

Renegade

Titel: Renegade
Autoren: J. A. Souders
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flackert es, und
zähneknirschend kämpfe ich gegen den Schmerz und das Schwindelgefühl an.
Erschöpft schließe ich die Augen. Was ich als Nächstes höre, ist ein
Jubelschrei, den Gavin plötzlich ausstößt und mich zu einem der kleinen U-Boote
zieht.
    Â»Nein!«, kreischt
Mutter. »Schafft endlich diese Tür aus dem Weg! Evelyn darf nicht entkommen!«
    Â»Es geht los!« Gavin
hebt mich in den Sitz des Boots.
    Er hat es
tatsächlich geschafft. Irgendwie hat er es geschafft, das Boot zu entriegeln.
Dann drehe ich mich um und beobachte entsetzt, wie sich die ersten Vollstreckerinnen
durch die Doppeltür schieben. Doch bevor sie uns erreichen können, schließen
sich die Luken des Bootes scheppernd. Mutter und auch die restlichen Mädchen
drängen in den Raum. Sie kreischt unverständliche Befehle, ist hochrot
angelaufen, und ihre Augen funkeln wütend. Als ich mich von ihr abwende, beugt
sich Gavin bereits über das Steuerpult. »Halt dich gut fest. Ich habe zwar
keine Ahnung, wie man das macht, aber ich habe schon das ein oder andere
Videospiel gespielt. Es wird auf jeden Fall die aufregendste Fahrt deines
Lebens werden, das steht fest.«
    Ich muss lachen,
aber diese Bewegung des Brustkorbs zieht so sehr in meiner Schulter, dass ich
mit einem schmerzerfüllten Keuchen meine Brust umklammere. Gavin wirft mir
einen besorgten Blick zu, bleibt aber auf seinem Platz. Er drückt ein paar Knöpfe,
und plötzlich werde ich in meinen Sitz gepresst, als wir in rasendem Tempo aus
der Stadt herausschießen, immer Richtung Oberfläche.
    Obwohl der
Bordcomputer uns ermahnt, die Sicherheitsgurte anzulegen, drehe ich mich noch
einmal um und sehe nun zum ersten Mal in meinem Leben Elysium in seiner ganzen
Pracht: Wie ein riesiger, künstlicher Oktopus breitet es sich an den Wänden des
Tiefseegrabens und auf dem Meeresgrund aus. Doch irgendwie hatte ich mir diesen
Anblick prunkvoller vorgestellt. Reiner. Strahlender. Erst aus dieser Perspektive
merkt man der Stadt ihr Alter an … Bald sehe ich nur noch einen verschwommenen
Lichtschein, dann verschwindet Elysium endgültig hinter einem dichten
Blasenvorhang.
    Ich bin unsicher,
was ich empfinden soll – jetzt, wo ich alles zurückgelassen habe. Macie, meinen
Garten, Vater … Zu wissen, dass ich all jene, die mir etwas bedeuten, niemals
wiedersehen werde, ist schmerzhaft. Aber mein Verlust bittersüß – denn nach
allem, was ich inzwischen erfahren habe, ist es auch eine Erleichterung. Ich
sehe zu meinem Beschützer hinüber und muss lächeln. Etwas Gutes ist auf jeden
Fall dabei herausgekommen: Gavin. Mein Ritter in der nicht ganz so strahlenden
Rüstung.
    Er sieht sich immer
wieder wachsam um, auch als meine Unterwasserstadt längst nicht mehr zu sehen
ist. Dann alarmiert mich eine künstliche Stimme: »Achtung! Der momentane
Aufstiegswinkel entspricht nicht den empfohlenen
Kabinendruckausgleichsprotokollen. Es ist dringend notwendig, eine
Kurskorrektur vorzunehmen und den Aufstieg zu verlangsamen.«
    Stirnrunzelnd sieht
Gavin mich an. »Was bedeutet das?«
    Â»Wahrscheinlich,
dass wir so schnell aufsteigen, dass das Boot nicht mehr automatisch den Kabinendruck
anpassen kann. Wenn du weiter so nach oben schießt, bekommst du die Taucherkrankheit.«
    Er wird blass und
reduziert hastig den Schub.
    Der Druck in der
Kabine passt sich an, aber irgendetwas stimmt nicht mit mir. Ein lautes Summen
erklingt in meinen Ohren; ich kann nicht mal mehr die Computerstimme verstehen.
    Dann ist meine Hand ganz
warm. Und feucht.
    Als ich sie mir
ansehe, bemerke ich, dass mein Kleid blutdurchtränkt ist. Erschrocken hebe ich
den Arm; er ist von den Fingerspitzen bis zum Ellbogen rot. Das ist eindeutig
mein Blut, denke ich benommen. Und zwar viel zu viel.
    Das Summen in meinem
Kopf verwandelt sich in ein Rauschen. »Der Druck …«, murmele ich. »Warum
funktionieren meine Druckausgleichsnanos nicht?« Ich schaue hilfesuchend zu
Gavin hinüber, aber der blickt starr nach vorne und ist voll darauf
konzentriert, uns sicher an die Oberfläche zu bringen. Ich kann es ihm nicht
sagen. Wir können in dieser Situation sowieso nichts dagegen tun.
    Was wollte ich ihm
eigentlich sagen?
    Ein scharfer Stich
in meiner Schulter sorgt dafür, dass ich den Blick senke. Überrascht bemerke
ich, dass mein Kleid voller Blut ist. Wie konnte das denn passieren?
    In meinem
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