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Rendezvous Mit Dem Universum

Titel: Rendezvous Mit Dem Universum
Autoren: Jan Moewes
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sind. Und täglich sind weitere Theorien nötig, um neue Entdeckungen in ein Gedankengebäude einzuordnen, das sie zuerst einmal in Frage stellen. Das Resultat all unserer Forschung ist ein ständig wachsender Katalog unbeantworteter Fragen. Je mehr wir zu wissen meinen, desto größer wird das Wunder, das wir All nennen. Auch wir gehören zu den vielen kleinen Wundern, die das große Wunder geschaffen hat.
    Der Versuch, dieses Wunder als Ablauf physikalischer Gesetzmäßigkeiten zu beschreiben, ist eine Torheit und vermessen. Ähnlich sinnvoll wäre es, Leben und Tod seines Vaters in physikalischen Formeln auszudrücken. Das Wesentliche bleibt auf der Strecke. In unserem Raum steckt mehr als Mechanik, selbst wenn es Quantenmechanik sein sollte. Damit unsere Weltraumforschung einmal sinnvolle Ergebnisse hervorbringen kann, müssen so unwissenschaftliche Haltungen wie Bescheidenheit, Respekt und Liebe Einzug in die Forschung halten - und in die Hirne der Forschenden.
    Fassen wir es noch einmal zusammen: Wir leben auf einem von neun oder vielleicht zehn Planeten, ohne die »Kleinplaneten« zu zählen, die um unsere Sonne kreisen. (Im Jahre 2006 wurde Pluto
der Status als Planet aberkannt. Er zählt seitdem zu den Zwergplaneten.) Unsere Sonne ist eine nicht einmal besonders bemerkenswerte von 100 Millionen Sonnen in unserer Galaxis, die eine von 100 Millionen bisher bekannter Galaxien ist. Der Raum zwischen diesen Galaxien ist 100 Millionen Mal größer als die Galaxien. Nichts steht still und nichts ist da, wo wir es sehen. Und nichts trennt uns von alldem. Ganz im Gegenteil - wir sind mittendrin, eines von vielen Phänomenen, die der wilde Wirbel, der sich Kosmos nennt, hervorgebracht hat.Wir sind ein Produkt, ein Kind dieses Raums, der uns umgibt, der uns enthält, der uns erfunden hat und der uns am Leben hält.
    Wenn wir unseren Vorgarten als Teil des Weltraums begreifen, kommen wir dem Raum näher, als wenn wir die Entfernung zum Andromedanebel auf den Millimeter bestimmen können. Obwohl der Raum hauptsächlich Zwischenraum ist, ist er eins. Obwohl uns vor allem die Entfernungen mitgeteilt werden, gehören wir dazu. Nie werden wir den Raum begreifen können, wenn wir ihn nicht in uns begreifen.

5
    Der Mensch
    Hauptsächlich besteht der Mensch aus Zwischenraum. Wenn Sie schon einmal einen Faustschlag ins Gesicht bekommen haben, werden Sie das kaum glauben, weil Sie die Faust doch als etwas sehr Kompaktes empfunden haben. Aber die Wissenschaft sagt, dass alle Materie, auch Fleisch und sogar Blut, aus Molekülen besteht, und diese wiederum aus Atomen. Ein Atom ist ein winzig kleines, aber recht genaues Modell eines Sonnensystems.
    Das bedeutet, dass in der Molekularforschung das Gleiche gilt, wie in der Astronomie: Je mehr wir wissen, desto größer wird das Wunder. Oder möchte jemand abstreiten, dass es ein Wunder ist, wenn eine astronomische Anzahl von Protonen, Neutronen und Elektronen sich 78 Jahre lang so verhalten, dass es aussieht wie Karl-Heinz? Und es sieht nicht nur so aus, weil sogar Karl-Heinz glaubt, dass er’s ist. Erschwerend kommt hinzu, dass weder die Atome immer die gleichen sind, noch Karl-Heinz immer der gleiche bleibt.Trotzdem können wir einen Greis bisweilen auf einem Foto von seinem ersten Schultag wiedererkennen.

    Es ist vermutlich richtig, dass der Mensch wie alle Materie ringsum aus umeinander kreisenden Partikeln besteht. Aber noch richtiger ist, dass das nicht viel über sein eigentliches Wesen aussagt.Trotzdem wollen wir es noch einmal Schritt für Schritt wiederholen, weil es fast zu schön ist, um wahr zu sein. Ein Atom besteht aus einem Kern, um den je nach Beschaffenheit mehr oder weniger Elektronen kreisen. Zahlreiche Atome können ein komplexeres Gebilde formen, das man dann Molekül nennt. Zahlreiche Moleküle können alles Mögliche formen, was sie tatsächlich auch tun. ALLES Mögliche formt sich aus Molekülen. Das bedeutet natürlich auch, dass diese Moleküle genauso gut alles Mögliche andere formen könnten - wenn sie wollten oder sollten. Ein Wasserstoffatom ist ein Wasserstoffatom, aber es kann in einem Menschen auftauchen oder in einem Stuhl, in der Luft wie im Stuhlgang und in der Sonne wie in einem Sonnenöl. Und das Wasserstoffatom als solches tut das Gleiche, ob es nun im Menschen steckt oder im Stuhl, auf den er sich setzt, oder im Sonnenöl, mit dem er sich einschmiert. Es gehorcht den Gesetzen der Physik. Und dabei funktioniert es - als Mensch, als Stuhl und
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