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Reizende Gäste: Roman (German Edition)

Reizende Gäste: Roman (German Edition)

Titel: Reizende Gäste: Roman (German Edition)
Autoren: Sophie Kinsella
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schnalzen, wenn er vor Frustration am liebsten geschrien hätte; sich und seine törichten Gedanken so weit es ging in Schranken zu halten.
    Nun, als er auf den Beginn des Gedenkgottesdienstes wartete, pries er Emily für diese Lektionen in Selbstbeherrschung. Denn ohne sie wären ihm unkontrolliert die Tränen über die Wangen geströmt, und er hätte das Gesicht in den Händen, die jetzt ruhig das Programm hielten, vergraben und wäre von seiner Verzweiflung überwältigt worden.
    Bei Fleurs Ankunft war die Kirche fast voll. Sie blieb einige Augenblicke hinten stehen und nahm die Gesichter, Bekleidungen und Stimmen vor ihr in sich auf; taxierte die Quali-tät der Blumenarrangements; überblickte die Kirchenbänke nach jemandem, der aufsehen und sie erkennen könnte.
    Doch die Leute waren ihr samt und sonders unbekannt. Männer in langweiligen Anzügen; Damen mit einfallslosen Hüten. Leise Zweifel beschlichen Fleur. Hatte Johnny da möglicherweise den falschen Riecher gehabt? War bei dieser farblosen Menschenmenge wirklich Geld im Spiel?
    »Hätten Sie gern ein Programm?« Sie blickte auf und sah, wie ein langbeiniger Mann über den Marmorboden auf sie zukam. »Es geht gleich los«, fügte er mit einem Stirnrunzeln hinzu.
    »Natürlich«, murmelte Fleur. Sie hielt ihm ihre blasse, parfümierte Hand entgegen. »Fleur Daxeny. Freut mich … Tut mir leid, ich habe Ihren Namen vergessen …«
    »Lambert.«
    »Lambert. Ja, natürlich. Jetzt erinnere ich mich.« Sie hielt inne und blickte ihm ins Gesicht, auf dem noch das arrogante Stirnrunzeln zu sehen war. »Sie sind der Gescheite.«
    »So könnte man’s wohl ausdrücken«, erwiderte Lambert achselzuckend.
    Gescheit oder sexy, dachte Fleur. Eins davon wollen die Männer immer sein – oder beides. Wieder musterte sie Lambert. Seine Gesichtszüge wirkten feist und schwammig, so daß er selbst in entspanntem Zustand eine Grimasse zu schneiden schien. Belassen wir es besser bei gescheit, dachte sie bei sich.
    »Tja, dann setze ich mich wohl besser«, meinte sie. »Sicher sehen wir uns später noch.«
    »Hier hinten ist jede Menge Platz«, rief Lambert ihr nach. Doch Fleur schien ihn nicht zu hören. Mit feierlicher Miene und ganz in das Gottesdienstprogramm vertieft, bahnte sie sich rasch den Weg nach vorn.
    »Verzeihen Sie.« Bei der drittvordersten Reihe blieb sie stehen. »Ist hier noch ein Platz frei? Hinten geht’s etwas eng zu.«
    Gelassen stand sie da, während die zehn Leute auf der Kirchenbank zusammenrückten, und nahm mit einer eleganten Bewegung Platz. Einen Augenblick senkte sie den Kopf und blickte dann mit einem strengen, tapferen Ausdruck wieder auf.
    »Arme Emily«, sagte sie. »Arme, liebe Emily.«
    »Wer war das?« flüsterte Philippa Chester ihrem Mann zu, als er sich wieder neben sie setzte.
    »Keine Ahnung«, meinte Lambert. »Eine Freundin deiner Mutter, nehme ich an. Sie schien alles über mich zu wissen.«
    »Ich kann mich gar nicht an sie erinnern. Wie heißt sie?«
    »Fleur. Fleur Irgendwas.«
    »Fleur? Noch nie gehört.«
    »Vielleicht sind sie zusammen auf die Schule gegangen oder so.«
    »O ja«, erwiderte Philippa. »Das könnte sein. Wie diese andere. Joan. Erinnerst du dich? Die, die uns aus heiterem Himmel besuchen kam?«
    »Nein.«
    »Doch, tust du. Joan. Sie hat Mummy diese scheußliche Glasschüssel geschenkt.« Philippa schielte wieder zu Fleur hinüber. »Bloß, daß die da zu jung aussieht. Ihr Hut gefällt mir. Ich wünschte, ich könnte auch solche kleinen Hüte tragen. Aber mein Kopf ist zu groß. Oder mein Haar paßt nicht. Oder sonst irgendwas.«
    Sie verstummte. Lambert starrte auf ein Blatt Papier und murmelte etwas. Philippa schaute sich wieder in der Kirche um. So viele Menschen. Alle wegen ihrer Mummy. Um ein Haar wäre sie in Tränen ausgebrochen.
    »Sieht mein Hut gut aus?« fragte sie unvermittelt.
    »Ja, großartig«, erwiderte Lambert, ohne aufzusehen.
    »Er hat ein Heidengeld gekostet. Ich konnte den Preis gar nicht fassen. Aber dann, als ich den Hut heute morgen aufsetzte, da dachte ich …«
    »Philippa!« zischte Lambert. »Kannst du bitte still sein? Ich muß an meine Rede denken!«
    »O ja, ja natürlich mußt du das.«
    Gedemütigt senkte Philippa die Lider. Wieder einmal ging ihr ein Stich durchs Herz. Sie hatte niemand gebeten, eine Rede zu halten. Lambert hielt eine und ihr kleine Bruder Antony auch, aber sie mußte mit ihrem Hut nur ruhig dasitzen. Und selbst das konnte sie nicht sonderlich gut.
    »Wenn
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