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Reiterferien am Meer

Reiterferien am Meer

Titel: Reiterferien am Meer
Autoren: Quinto
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machte mir Mut. „Bei den letzten drei Schritten musst du das Tempo erhöhen.“
    Mit einem leichten Druck der Hacken trieb ich Cloud noch ein wenig mehr an. Es war mein erster Unterricht im Springen, deshalb war ich froh, dass die sechzehnjährige Jenny meine Lehrerin war. Sie hatte bei den Turnieren hier in unserer Gegend schon eine Menge Preise gewonnen, und das Springen lag ihr im Blut. Sam Harrington, ihr Großvater, leitete Stableways, den Reitstall, in dem ich nun jede freie Minute verbrachte. Er war Berufssoldat gewesen und hatte die Reiter der Königlichen Leibgarde ausgebildet. Und all sein Wissen und die Erfahrung langer Jahre hatte er natürlich an seine Enkelin weitergegeben.
    „Eins, zwei, drei … Und jetzt!“ Jenny stand neben dem Hindernis und gab mir den Schrittrhythmus an.
    Trotz Jennys Hilfe verpasste ich den richtigen Moment für den Absprung. Es war mein Fehler. Cloud, meine kleine Stute, hätte bestimmt die richtige Schrittfolge gefunden und das Hindernis ohne Schwierigkeiten übersprungen. Doch ich hatte sie falsch geführt, und sie musste einen zusätzlichen kleinen Schritt einschieben. Sie kam zu dicht vor dem Hindernis ab, streifte die Latte mit der Vorderhand und warf sie polternd hinunter.
    „Pech, Pippa!“, tröstete mich Jenny und legte die Stange wieder an ihren Platz. „Der Anfang war nicht schlecht, aber irgendwie fehlt dir noch der richtige Dreh.“ Sie lief zu dem jungen fuchsroten Araberhengst hinüber, den sie für die Turniere dieses Sommers vorbereitete. „Ich zeig es dir noch einmal.“ Sie kletterte in den Sattel. „Pass gut auf, wie ich Sultan über den Parcours bringe.“
    Fasziniert beobachtete ich den großen Araberhengst, der jedes Hindernis mit spielerischer Leichtigkeit übersprang.
    Jenny überwand mit ihm jedes Hindernis ohne Mühe, und Sultan schlug übermütig mit dem Schweif, als er auf die Mauer zuhielt. Drei Schritte vor dem Absprung wurde er schneller.
    Dann passierte es.
    Als Sultan absprang, sah es aus, als ob Jenny nach links wegknickte. Sie rutschte aus dem Sattel, stürzte und wurde hart gegen die Holzpfosten geschleudert, zwischen denen die Mauer aufgebaut war.
    „Jenny!“ Mit einem Satz war ich von Clouds Rücken und lief zu meiner Lehrerin. Jenny biss sich vor Schmerz auf die Lippen und hielt ihren linken Ellenbogen umklammert. „Bist du verletzt?“
    „Ich glaube, ja.“ Sie holte tief Atem und schloss die Augen. Einen Augenblick dachte ich, sie würde ohnmächtig werden. Aber Jenny hatte einen eisernen Willen. „Nur einen Moment, ich bin gleich wieder okay.“ Ihre Stimme zitterte. „Bitte, kümmere dich um Sultan“, brachte sie mühsam hervor.
    Zum Glück stand der Fuchs nur ein paar Meter entfernt. Dann entdeckte ich Pete, meinen Zwillingsbruder. Er stieg gerade aus dem Bus, der auf der Landstraße hielt.
    „Gott sei Dank, dass du kommst!“, rief ich. „Komm, schnell!“
    Pete flankte in einem Satz über das Gatter und lief sofort zu Jenny hinüber.
    „Was ist passiert?“
    „Ein Steigbügelriemen ist gerissen.“ Jenny stöhnte. „Und es sieht so aus, als ob ich mir das Schlüsselbein gebrochen hätte.“ Trotz ihrer Schmerzen verzog sie die Lippen zu einem hilflosen Lächeln. „Ein Glück, dass du ausgerechnet heute eine Krawatte trägst, Pete. Würdest du sie mir borgen, als Schlinge für meinen Arm?“
    Jenny erklärte meinem Bruder, wie er die Krawatte um ihr Handgelenk schlingen und dann die Enden über ihrer rechten Schulter zusammenknoten musste.
    „Ist es schlimm?“ Ich kam mir schrecklich hilflos vor.
    „Es muss wohl geröntgt werden.“ Sie seufzte. „Um einen Besuch im Krankenhaus werde ich wohl kaum herumkommen.“
    Als wir Jenny auf die Beine halfen, fiel ihr Blick auf den Steigbügelriemen, der ganz in der Nähe im Gras lag.
    „Ich verstehe nicht, wie das Leder reißen konnte.“ Sie runzelte die Stirn. „Es ist ganz neu. Ich habe den Riemen erst letzte Woche gekauft. Pippa, hol mir doch das andere Ende von Sultans Sattel. Ich möchte mir das einmal genauer ansehen. Schaut! Das ist nicht gerissen! Irgendjemand hat es durchgeschnitten!“
    „Aber das ist doch unmöglich!“ Ich schüttelte ungläubig den Kopf.
    „Ich fürchte doch.“ Jenny verzog vor Schmerzen das Gesicht, als wir ihr die wenigen Schritte ins Haus hinüber halfen. „Nehmen denn diese rätselhaften Vorfälle gar kein Ende?“
    Als wir auf den Arzt warteten, musste ich wieder an all die anderen seltsamen Dinge denken, die sich in den
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