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Reiterferien am Meer

Reiterferien am Meer

Titel: Reiterferien am Meer
Autoren: Quinto
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bedeutete keine Schwierigkeit für den Hengst. Doch auf der anderen Seite verlief ein Bewässerungsgraben, in dem das Wasser nach dem schlechten Wetter der letzten Tage höher stand als sonst. Auch der Boden war nass und schlüpfrig, und als Sultan hinter dem Zaun aufkam, landete er mit einem Fuß in einer schlammigen Pfütze.
    Er strauchelte, verlor den Halt und stürzte auf die Böschung des Bewässerungskanals.
    Sultan versuchte, wieder auf die Beine zu kommen. Doch seine Hufe fanden auf dem nassen Hang keinen Halt. Der morastige Untergrund brach unter ihm weg. Es dauerte nur wenige Augenblicke, bis der Hengst von panischer Angst ergriffen wurde. Verzweifelt schlug er mit den Hufen um sich.
    „Ruhig, Sultan, ganz ruhig!“ Mir klopfte das Herz bis zum Hals, als ich mit Pete über den Zaun kletterte. Wir mussten den Hengst vor allen Dingen erst einmal beruhigen. Doch das war gar nicht so einfach.
    Schwere Erdbrocken lösten sich unter Sultans stampfenden Hufen, rutschten die Böschung hinab und verwandelten das Wasser im Kanal in eine schlammige Brühe. Jeder vergebliche Versuch, sich zu befreien, machte sein Entsetzen nur noch größer. Er war so aufgebracht, dass es eigentlich viel zu gefährlich war, jetzt in seine Nähe zu kommen.
    Aber irgendwie mussten wir ihm doch helfen!
    „Ruhig, Sultan!“ Pete redete beschwörend auf den Hengst ein. Er versuchte, nach seinem Halfter zu greifen, aber Sultan warf verschreckt den Kopf hoch. Mit einer letzten verzweifelten Anstrengung versuchte er, sich aufzurichten. Schräg an den Hang gelehnt hob er sich auf der Hinterhand hoch und setzte einen Schritt zurück. Da verlor er das Gleichgewicht! Er taumelte, stürzte und rollte seitwärts in den Graben.
    Mir stockte der Atem. Nun war er in Gefahr, zu ertrinken.
    „Wir müssen seinen Kopf hoch halten!“ Pete sprang mit einem Satz neben den Hengst ins Wasser. „Schnell, Pippa! Du musst Hilfe holen!“
    In diesem Augenblick klang ein Ruf zu uns herüber. Hinten, am Ende der Koppel, zwängte sich ein Junge durch die Dornenhecke und rannte mit langen Schritten durch das Gras. Er sah wie ein Zigeuner aus.
    „Vorsicht!“, rief er meinem Bruder zu. „Geh zur Seite! Das Pferd kann auf dich rollen! Lass mich das machen!“
    Das Wasser spritzte hoch auf, als der Junge zwischen Sultan und Pete in den Graben sprang.
    „So, mein Freund, hab keine Angst! Wir helfen dir.“ In einem seltsam singenden Tonfall sprach der Junge auf den Hengst ein. Mit leiser Stimme raunte er ihm beruhigende Worte ins Ohr und blies immer wieder besänftigend in die bebenden Nüstern.
    Ich kannte den Jungen vom Sehen. Er hieß Benny, und er lebte mit seiner Mutter und seinem Stiefvater in einem Wohnwagen am Stadtrand. Manchmal sahen wir ihn, wie er mit sehnsüchtigen Blicken bei den Ställen herumlungerte. Doch Sergeant Sam hatte ihn jedes Mal fortgejagt. Benny hatte einmal Schwierigkeiten mit der Polizei gehabt, weil er für seine Hündin in einem Supermarkt Futter gestohlen hatte.
    Bennys richtiger Vater war beim Lachsfischen ertrunken. Er war Roma, und alle, die mit Pferden zu tun hatten, erinnerten sich noch an ihn – an Rutland Reuben, den berühmten Pferdetrainer, der so vertraut mit seinen Tieren war, dass man glaubte, er spräche ihre Sprache.
    Man erzählte sich, dass er die besondere Gabe besessen hätte, mit Raunen und Flüstern bei einem Pferd alles zu erreichen, was er wollte. Und es schien, als habe Benny diese geheimnisvolle Gabe von seinem Vater geerbt.
    Sultan wurde ohne Zweifel ruhiger. Er hörte auf, mit den Hufen zu schlagen, und lauschte offenbar dem eigentümlichen Singsang dieser Jungenstimme.
    „Gut so!“ raunte Benny. „Und nun komm hoch! Schön langsam, mein Freund. Bring deine Hufe unter deinen Leib!“
    Pete und ich sahen verblüfft zu, wie Sultan gehorchte.
    Er fand mit allen vier Hufen Halt auf dem Grund des Grabens und richtete sich langsam aus dem Wasser auf. Er zitterte, und seine Flanken bebten, aber er schien keine Angst zu haben.
    „Hilf mir auf seinen Rücken!“, bat Benny meinen Bruder. „Ich reite ihn bis zum Abfluss. Dort ist fester Boden an der Uferböschung. Wenn er mit der Vorderhand Halt findet, müsste er eigentlich allein aus dem Graben klettern können.“
    Beim Abfluss des Kanals sprang Benny auf die Böschung. Er fasste den Hengst beim Backenstück seines Halfters, während ich mich an den Nackenriemen klammerte.
    „Komm, Sultan, klettere die Böschung hoch!“ Wir zogen mit aller Kraft an den
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