Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Reiterferien am Meer

Reiterferien am Meer

Titel: Reiterferien am Meer
Autoren: Quinto
Vom Netzwerk:
ausgehalten, Steve?“, fragte sie besorgt, aber liebevoll lächelnd.
    „Alles in allem bin ich zufrieden“, meinte Vater Rowlands, während er vorsichtig aus dem Sattel stieg und die Zügel dabei festhielt. „Wir sind brav auf dem Weg geblieben, haben nur ganz kurz einen kleinen Trab eingelegt – gerade das Richtige für zwei arme Alterchen wie uns beide.“ Er schwang das Bein über den Sattel und kam ganz langsam zu Boden. „Das Auf- und Absteigen macht halt Schwierigkeiten.“ Er stöhnte ein bisschen, als er den Boden erreicht hatte. „Aber ich wette, dass es von Mal zu Mal besser gehen wird.“
    Der ehemals so berühmte Jockey wendete Golden Boy und lief dann hinkend mit ihm über den Hof zum Stall. Betreten und voll Mitleid starrten wir ihm wortlos nach.
    Ein Kloß steckte mir im Hals, ich konnte kaum schlucken. So vergänglich war der Ruhm dieser Welt! Der große Steve Rowlands, einst in aller Munde, zweifacher Sieger des Großen Preises der Nation, musste sich nun kümmerlich, einen Prellstein benutzend, in den Sattel quälen. Es war wirklich kaum auszuhalten!
    Unwillkürlich schweifte mein Blick zu Tante Di. Sie schien ähnliche Gedanken zu hegen wie ich, vermutlich noch traurigere. Oder bildete ich mir das nur ein?
    Ich hätte wetten mögen, dass Tränen in ihren Augen glitzerten …
    „Ich kann es schon verstehen, dass Tante Di sich in Steve Rowlands verliebt hat“, versicherte ich Babs, während wir unser Sattelzeug in der Kammer verstauten. „Er ist so tapfer und furchtlos.“
    Meine Kusine nickte, als habe sie gerade in diesem Augenblick das Gleiche gedacht.
    „Ich stelle es mir ganz schrecklich vor für einen erfahrenen Jockey, wenn er nur mit Mühe eine halbstündige Runde über ein paar Feldwege schafft.“
    Ich stieß einen Seufzer aus. Dass ausgerechnet Steve Rowlands so schwer geschlagen sein musste! Onkel Steve! – Ich begann allmählich, an ihn mit diesem vertraulichen Namen zu denken. Sein ganzes Leben hatte den Pferden gehört, dem Jagdspringen vor allem, dem Turnierreiten. Wie mochte er es genossen haben, in aller Morgenfrühe im Galopp über die Felder zu sprengen, ein edles Pferd unter sich zu spüren, einen Zaun anzugehen, leicht wie ein Vogel hinüberzufliegen und dann in der Zielgeraden, den Endpunkt schon im Auge, das Letzte aus sich und dem Pferd herauszuholen!
    Und nun? Es war wirklich tragisch.
    „Es ist sicherlich ein Problem für ihn“, meinte Babs mitfühlend, „sich mit dem Gedanken abzufinden, dass er nie wieder ein Rennen mitreiten kann!“
    „Vielleicht gelingt es ihm, alle seine Hoffnungen auf Tearaway zu übertragen“, sagte ich. „Zweifellos wird Tante Di ihm dabei helfen.“
    „Irgendwem muss Tante Di ja wirklich immer helfen“, lächelte Babs gerührt. „Fällt es dir nicht auch auf, dass die meisten Leute, an denen sie hängt, irgendwelche Schwierigkeiten haben?“
    „Lenny, zum Beispiel“, nickte ich im Gedanken an den honigblonden heimatlosen Jungen, den die Tante bei sich aufgenommen hatte.
    Ja, dieser Lenny hatte ganz bestimmt innere Schwierigkeiten – mit seinem stehlenden, brutalen Vater und dem verkommenen älteren Bruder. „Wie mag es Lenny auf dem Hof, wo er arbeitet, gefallen?“
    „Ganz gut“, berichtete Babs. „Tante Di hat mir erzählt, dass er gestern Abend angerufen hat und guter Dinge war.“
    Ja, ich hatte es auch gehört. Wie schön, dass Lenny sich gut einlebte! Ich hatte allerdings niemals daran gezweifelt, dass ein guter Kern in ihm steckte, trotz der verkommenen Umwelt, in der er hatte aufwachsen müssen. Noch heute schauderte ich, wenn ich daran dachte, welch grausame Prügel der arme Junge immer wieder bekommen hatte, ehe Tante Di aufmerksam wurde und den Jungen zu sich nahm.
    „Ich wünschte, er wäre bei uns“, sagte ich aufrichtig.
    Den Rest des Tages verbrachten Babs und ich fast ausschließlich in der Küche. Tante Di arbeitete nur zu gern auch auf dem Folly-Hof im Haushalt, um nicht völlig zur Pferdenärrin zu werden.
    Uns allen war inzwischen klar geworden, dass in einer Reitschule keineswegs nur mit Pferden umgegangen wurde. Man musste auch einkaufen gehen und Essen zubereiten, den Tisch decken und nach der Mahlzeit das Geschirr spülen. Obwohl die Schüler selbst ihre Betten machten und beim Staubwischen und Spülen halfen, gab es doch ständig alle Hände voll zu tun.
    Nach dem Essen kam der Tante eine grandiose Idee.
    „Heute seid ihr alle zum Abendessen nach Cherry Trees eingeladen!“, rief sie
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher