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Reise um den Mond

Reise um den Mond

Titel: Reise um den Mond
Autoren: Jules Verne
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Stunden dreizehn Minuten und zwanzig Secunden vollenden. Folglich konnte ihre Ankunft auf der Oberfläche der Mondscheibe erst am 5. December um zwölf Uhr Nachts erfolgen, gerade in dem Moment, da Vollmond eintrat, und nicht am vierten, wie einige irrig berichtete Journale mittheilten.
    Doch es begab sich ein unerwartetes Ereigniß: die von der Columbiade hervorgerufene Erschütterung bewirkte unverzüglich eine Trübung der Atmosphäre durch Anhäufung einer enormen Menge von Dünsten. Diese Erscheinung rief eine allgemeine Entrüstung hervor, denn der Mond war einige Nächte hindurch den Augen seiner Beobachter verhüllt. J.T. Maston, der würdige und tapfere Freund der drei Reisenden, eilte zum Felsengebirg, um dem ehrenwerthen Director des Observatoriums zu Cambridge, J. Belfast, Gesellschaft zu leisten, der zu Longs Peak, wo das Riesenteleskop, das den Mond bis auf zwei Meilen nahe rückte, errichtet war, die Fahrt seiner kühnen Freunde beobachten wollte.
    Das in der Atmosphäre gehäufte Gewölk hinderte während des 5., 6., 7., 8., 9. und 10. December jede Beobachtung. Man glaubte schon, dieselbe bis zum 3. Januar des folgenden Jahres vertagen zu müssen, weil der am 11. December in sein letztes Viertel tretende Mond dann nur einen stets abnehmenden Theil seiner Scheibe zeigte, welche nicht hinreichte, um die Spur des Projectils zu verfolgen.
    Doch endlich vertrieb zur allgemeinen Befriedigung ein starker Sturm in der Nacht vom 11. zum 12. December alles Gewölk aus der Atmosphäre, und der zur Hälfte erleuchtete Mond trat auf dem dunkeln Hintergrund des Himmels klar hervor.
    In derselben Nacht traf ein Telegramm ein, welches die Herren Belfast und Maston von der Station Longs Peak an das Bureau des Observatoriums zu Cambridge gesendet hatten.
    Und was enthielt dies Telegramm?
    Es berichtete, am 11. December um acht Uhr siebenundvierzig Minuten Abends sei das von der Columbiade zu Stone’s-Hill entsendete Projectil von den Herren Belfast und. Maston wahrgenommen worden. – Dasselbe sei, aus unbekanntem Grund von seiner Bahn abweichend, nicht an sein Ziel gelangt, aber doch nahe genug gekommen, um von der Anziehungskraft des Mondes festgehalten zu werden; – seine gerade Richtung sei in eine Kreisbewegung übergegangen, und so sei es zu einem Trabanten geworden, der in elliptischer Bahn den Mond umkreise.
    Das Telegramm fügte bei, die Elemente dieses neuen Gestirns hätten noch nicht berechnet werden können, – und in der That sind auch drei Beobachtungen des Gestirns in drei verschiedenen Stellungen desselben nöthig, um seine Elemente zu bestimmen. Sodann fügte es weiter bei, die Entfernung des Projectils von der Mondoberfläche »könne« auf etwa zweitausendachthundertdreiunddreißig Meilen angeschlagen werden, d.h. viertausendfünfhundert Lieues.
    Dasselbe schloß mit der doppelten Annahme: Entweder werde die Anziehungskraft des Mondes zuletzt überwiegen und die Reisenden würden an ihrem Ziel anlangen; oder das Projectil werde, unveränderlich in seiner Bahn festgehalten, seinen Kreislauf um den Mond herum bis an’s Ende der Jahrhunderte fortzusetzen haben.
    Wie würde es dann den Reisenden ergehen? Zwar Lebensmittel hatten sie für einige Zeit. Aber gesetzt auch, ihr verwegenes Unternehmen gelänge, wie kämen sie dann zurück? Wäre dies je möglich? Könnte man Nachricht von ihnen haben? Diese Fragen, welche die gelehrtesten Federn der Zeit in Bewegung setzten, beschäftigten das Publicum mit Leidenschaft.
    Ich muß hier eine Bemerkung machen, welche allzueilige Beobachter beherzigen sollten. Wenn ein Gelehrter dem Publicum eine rein speculative Entdeckung ankündigt, kann er nicht vorsichtig genug sein. Einen Kometen, Planeten oder Trabanten zu entdecken, ist keines Menschen Schuldigkeit, und wenn man in so einem Falle sich irrt, verdient man die Spöttereien der Menge, welchen man sich aussetzt. Deshalb ist’s besser, abzuwarten, und dies hätte auch der ungeduldige J.T. Maston thun sollen, bevor er das Telegramm in die Welt schleuderte, welches, ihm zufolge, über diese Unternehmung sich so entschieden aussprach.
    In der That enthielt jenes Telegramm einen doppelten Irrthum, wie sich’s später herausstellte: 1. Irrige Beobachtung in Beziehung auf die Entfernung des Projectils von der Oberfläche des Mondes, denn am 11. December konnte man es unmöglich wahrnehmen, und was J.T. Maston sah oder zu sehen glaubte, konnte nicht die Kugel der Columbiade sein. 2. Irrige theoretische Ansicht
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