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Reise um den Mond

Reise um den Mond

Titel: Reise um den Mond
Autoren: Jules Verne
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über das Loos des Projectils; denn indem man dasselbe zu einem Trabanten des Mondes macht, setzt man sich mit den Gesetzen vernunftmäßiger Mechanik in Widerspruch.
    Nur die Annahme der Beobachter zu Longs Peak konnte sich verwirklichen, daß die Reisenden – falls sie noch bei Leben – sich bemühten, mit Benützung der Anziehungskraft des Mondes auf die Oberfläche desselben zu gelangen.
    Diese so einsichtsvollen, wie kühnen Männer hatten nun aber den erschrecklichen Gegenstoß bei der Abfahrt bestanden, und ihre Reise in dem Projectil-Waggon soll hier mit all’ ihren merkwürdigen und dramatischen Erlebnissen erzählt werden. Diese Erzählung wird manche Täuschungen und Vermuthungen zu nichte machen; dagegen wird sie von der möglichen Lösung einer solchen Aufgabe einen richtigen Begriff geben, und den wissenschaftlichen Instinct Barbicane’s, die industriellen Hilfsmittel und Kenntnisse Nicholl’s und die humoristische Kühnheit Michel Ardan’s anschaulich machen.
    Ferner wird sie darlegen, daß ihr würdiger Freund, J.T. Maston, seine Zeit verlor, als er auf dem Riesenteleskop den Mond auf seiner Bahn durch die Sternenräume fortwährend beobachtete.
Erstes Capitel.
Von zehn Uhr zwanzig bis zehn Uhr vierzig Minuten Abends.
    Mit dem Schlag zehn Uhr verabschiedeten sich Michel Ardan, Barbicane und Nicholl von ihren zahlreichen Freunden auf der Erde. Die beiden Hunde, welche das Hundegeschlecht in die Mondlande einführen und verbreiten sollten, befanden sich bereits im Projectil. Die drei Reisenden näherten sich der Mündung des enormen Laufs, und ein schwebender Krahnen brachte sie bis zur conischen Spitze der Kugel.
    Hier traten sie durch eine zu diesem Behuf angebrachte Oeffnung in den Alumin-Waggon ein. Als die Taue des Krahnens aus der Röhre herausgezogen waren, wurde augenblicklich das letzte Gerüste von der Mündung der Columbiade entfernt.
    Sowie Nicholl sich mit seinen Gefährten im Projectil befand, schloß er sorgfältig die Oeffnung mit einer starken Platte, welche von Innen durch Stellschrauben befestigt wurde. Andere, fest angepaßte Platten bedeckten die Linsengläser der Ausgucklöcher. Die Reisenden befanden sich im tiefsten Dunkel in ihrem metallenen Gefängniß hermetisch eingeschlossen.
    »Und nun, meine lieben Kameraden«, sagte Michel Ardan, »thun wir, als wären wir hier zu Hause. Ich führe die Verwaltung des Inneren, ein Fach, worin ich sehr stark bin. Wir müssen’s uns in unserer neuen Wohnung so bequem wie möglich machen. Vor Allem, suchen wir ein wenig Luft zu bekommen! Was Teufel! Für Maulwürfe ist das Gas nicht erfunden worden!«
    Bei diesen Worten ergriff der sorglose Geselle ein Zündhölzchen, rieb’s an der Sohle seines Stiefels und zündete damit die Flamme an dem Hahnen des Behälters, welcher das höchst zusammengepreßte Gas enthielt, das zur Erleuchtung und Erwärmung der Kugel auf sechs Tage und sechs Nächte, hundertvierundvierzig Stunden, ausreichen konnte.
    Das also erleuchtete Projectil zeigte sich als wie ein comfortabel eingerichtetes Zimmer mit ausgefütterten Wänden, runden Divans daran, und wie in einem Dom gewölbter Decke.
    Die darin enthaltenen Gegenstände, Waffen, Instrumente, Geräthe, waren an der Polsterfütterung wohl befestigt, so daß sie den Stoß bei der Abfahrt wohl aushalten konnten. Es waren alle nur ersinnbaren Vorkehrungen getroffen, um ein so tollkühnes Unternehmen glücklich auszuführen.
    Michel Ardan untersuchte Alles und erklärte seine volle Zufriedenheit mit der Einrichtung.
    »Es ist ein Gefängniß«, sagte er, »aber ein Reisegefängniß mit der Erlaubniß durch’s Fenster zu sehen; ich wäre im Stande, mich auf hundert Jahre einzumiethen! Du lächelst, Barbicane? Hast Du dabei einen Hintergedanken? Meinst Du, dies Gefängniß könne unser Grab sein? Grab, meinetwegen, aber ich möchte es nicht mit dem Mahomed’s tauschen, welches ohne Reisezweck in dem Weltraum fährt.«
    Während Michel Ardan also sprach, trafen Barbicane und Nicholl ihre letzten Vorbereitungen.
    Nicholl’s Chronometer zeigte zehn Uhr zwanzig Minuten Abends, als die drei Reisenden definitiv in ihr Geschoß eingeschlossen wurden. Der Chronometer war fast auf ein Zehntel einer Secunde nach dem des Ingenieurs Murchison gerichtet. Barbicane befragte ihn.
    »Meine Freunde«, sagte er, »es ist zehn Uhr zwanzig Minuten. In siebenundzwanzig Minuten wird Murchison mit dem elektrischen Funken den Draht berühren, welcher mit der Ladung der Columbiade
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