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Reise nach dem Mittelpunkt der Erde

Reise nach dem Mittelpunkt der Erde

Titel: Reise nach dem Mittelpunkt der Erde
Autoren: Jules Verne
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39.)
Sechstes Capitel.
Das Centrum der Erde.
    Bei diesen Worten lief mir ein Schauder über den ganzen Körper. Doch nahm ich mich zusammen. Ich entschloß mich sogar, mich wacker zu halten. Wissenschaftliche Gründe allein konnten den Professor Lidenbrock abhalten. Nun gab’s deren, und zwar gewichtige, gegen eine solche Reise.
    Nach dem Mittelpunkt der Erde zu reisen! welche Thorheit! Ich sparte meine Einwendungen für den günstigen Moment auf und machte mich an’s Essen.
    Wie fluchte mein Oheim, als er den Tisch nicht gedeckt sah. Alles klärte sich auf. Die gute Martha bekam wieder ihre Freiheit, eilte auf den Markt und rührte sich dergestalt, daß nach einer Stunde mein Hunger gestillt war und das Bewußtsein der Lage mir wieder kam.
    Während der Mahlzeit war mein Oheim fast lustig; er ließ Scherze hören, die bei einem Gelehrten nie sehr gefährlich sind. Nach dem Dessert winkte er mir, ihm in sein Cabinet zu folgen.
    Ich gehorchte. Er setzte sich an’s eine Ende des Tisches, ich an’s andere.
    »Axel, sagte er mit ziemlich sanfter Stimme, Du bist ein sehr gescheiter Junge; Du hast mir da einen wackeren Dienst geleistet, als ich des Ringens müde schon den Gedanken aufgeben wollte. Wohin wäre ich gerathen? Niemand kann das wissen! Ich werde Dir’s niemals vergessen, und Du wirst an dem Ruhm, den wir erlangen werden, Deinen Antheil haben.
    – Nun, dacht ich, ist er guter Laune; da ist’s Zeit über den Ruhm zu disputiren.
    – Vor Allem, fuhr mein Oheim fort, empfehle ich Dir völliges Geheimniß, verstehst Du mich? Es fehlt in der Gelehrtenwelt nicht an Neidischen, und es würden Viele die Reise unternehmen wollen, die bis zu unserer Rückkehr nichts merken sollen.
    – Meinen Sie, sagte ich, die Zahl solcher Verwegenen sei so groß?
    – Ganz gewiß! Wer würde sich besinnen, solch einen Ruhm zu gewinnen? Wäre dies Document bekannt, so würde ein ganzes Heer von Geologen hineilen, Arne Saknussemm’s Spur zu verfolgen.
    – Davon bin ich aber gar nicht überzeugt, lieber Oheim, denn die Aechtheit des Documents ist durch nichts erwiesen.
    – Wie? und das Buch, worin wir’s gefunden haben!
    – Gut! Ich gebe zu, daß Saknussemm diese Zeilen geschrieben hat, aber folgt daraus, daß er wirklich die Reise vorgenommen hat, und kann nicht das alte Pergament eine Fopperei enthalten?«
    Es war mir fast leid, dies letztere etwas kecke Wort herausgesagt zu haben. Der Professor runzelte die Stirn, und ich fürchtete Schlimmes für die Fortsetzung dieser Unterhaltung. Zum Glück hatte es nichts zu bedeuten. Mein strenger Genosse erwiderte mit leichtem Lächeln:
    »Das werden wir sehen.
    – Ah! sagte ich etwas verdutzt; aber erlauben Sie mir vorzubringen, was sich alles über das Document sagen läßt.
    – Rede, lieber Junge, genire Dich nicht. Ich lasse Dir alle Freiheit Deine Meinung zu sagen. Du bist nun nicht mehr mein Neffe, sondern mein College. Also vorwärts.
    – Nun, so will ich Sie erst fragen, was sind diese Yokul, Sneffels und Scartaris, wovon ich nie ein Wort habe reden hören?
    – Das ist ganz leicht. Ich habe just vor Kurzem von meinem Freunde August Petermann in Gotha eine Karte bekommen, die mir gerade zu rechter Zeit kam. Nimm den dreißigsten Atlas im zweiten Fach der großen Bibliothek, Reihe
Z
, Brett 4.«
    Ich stand auf und fand in Gemäßheit dieser genauen Angaben rasch den begehrten Atlas. Mein Oheim schlug ihn auf und sagte:
    »Hier ist eine der besten Karten von Island, die Handerson’sche; ich glaube, die wird uns alle Schwierigkeiten lösen.«.
    Ich beugte mich über die Karte.
    »Sieh diese aus Vulkanen bestehende Insel, sagte der Professor, und merke, daß sie alle mit dem Namen Yokul bezeichnet sind. Dies Wort bedeutet im Isländischen ›Gletscher‹, und unter dem hohen Breitegrad Islands geschehen die meisten vulkanischen Ausbrüche durch die Eisdecke.
    – Gut, erwiderte ich, aber was ist dann Sneffels?« Ich hoffte, er wisse diese Frage nicht zu beantworten. Wie irrte ich mich! Mein Oheim fuhr fort:
    »Folge mir auf die westliche Küste Islands. Siehst Du seine Hauptstadt Reykjawik? Ja. Gut. Fahre über die unzähligen Fjorde dieser zerrissenen Seeküsten, und halte etwas unter dem fünfundsechzigsten Breitegrad an. Was siehst Du da?
    – Eine Art Halbinsel, gleich einem abgenagten Knochen.
    – Die Vergleichung ist richtig, lieber Junge; jetzt, siehst Du nichts auf dieser Halbinsel?
    – Ja, einen Berg, der aus dem Meer emporgewachsen scheint.
    – Gut! Dieser
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