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Reinheit: Chronik der Freiheit - Band I (German Edition)

Reinheit: Chronik der Freiheit - Band I (German Edition)

Titel: Reinheit: Chronik der Freiheit - Band I (German Edition)
Autoren: Florian Hottenrott
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mir ganz sicher, die wir erreichen werden.“
    Die Präsidentin stand mit erhobenem Haupt vor dem Rednerpult, während im Hintergrund die blaue Flagge der Union wehte. Die Mitglieder des Parlaments applaudierten ihr.
    „Ich hoffe, dass auch sie bereit sein werden, alles zu tun, alles zu geben und alles zu nehmen, um mit mir und dieser Regierung zusammen unser Ziel zu erreichen. Wir wollen Europa von einer Geißel befreien, die es schon seit Jahrhunderten gibt. Wir wollen die Armut vernichten!“
    Nun standen einzelne Mitglieder des Parlaments auf und sie applaudierten noch fanatischer. Sie schienen die Präsidentin anzuhimmeln, sie zu ve rgöttern und ihr überallhin zu folgen.
     
     
     
     
    Der nächste Morgen war irgendwie merkwürdig. Es war so ruhig und fremd. Draußen hörte man einige Kinder spielen, es unterhielten sich einige Erwachsene, ein Auto fuhr am Haus vorbei.
    Ich lag noch immer neben dem leblosen Körper meiner Mutter, starrte an die Decke und meine Gedanken waren leer.
    Womöglich würde ich schon heute diesen schrecklichen Ort verlassen können. Doch natü rlich schwang auch eine gewisse Angst mit, denn was würde passieren, wenn auffliegen würde, wer ich wirklich bin? Es hätte sicher schwere Folgen.
    Ich wollte gerade aufstehen, als ich ein zögerl iches Klopfen an der Haustür vernahm. Die Tür war lediglich angelehnt, aber durch ihre Beschädigung war es nicht möglich, sie richtig zu schließen.
    „Wer ist da?“, fragte ich, ohne auch nur darüber nachzudenken. Genauso gut hätten da einige Ba nditen klopfen können, die schlicht und einfach wissen wollten, ob hier noch jemand lebte, der Widerstand leisten könnte.
    Ich hörte das Quietschen der Tür, gefolgt von ein paar schweren Schritten. Und dann trat ein recht jung aussehender Mann ein, der eine schwarze Uniform trug. Offenbar war er ein Soldat.
    Er hob seine Hand so, als wolle er mir winken. „Ich bin hier, um dich abzuholen, Kleines.“
    Ich nickte dem Mann zu, noch saß ich am Boden, doch ich sprang fast schon auf. Merkwürdigerwe ise störte er sich nicht an meiner Mutter.
    „Es wird besser sein, wenn du nichts mitnimmst. Alles, was zu deinen Habseligkeiten gehören kön nte, kann auch Verdacht erwecken.“
    Ich nickte ihm wieder zu. Irgendwie fehlte mir die Kraft , wörtlich zu antworten. Allerdings stimmte es mich auch traurig, dass ich nichts mitnehmen sollte. Hoffentlich vergesse ich mein Leben nicht.
    „Ich werde dich zu einem Zug bringen, der dich dann aus dem Getto rausfahren wird. Mit dem Zug wirst du bis zur Endhaltestelle fahren und dort wird ein anderer Mann auf dich warten. Während der Fahrt solltest du es vermeiden, mit den anderen Leuten zu sprechen, okay?“
    Ich verstand diese ganzen Anweisungen nicht wirklich, aber ich nickte einfach.
    „In Ordnung.“ Der Mann kramte plötzlich in einer großen Tasche, die um seine Schulter hing. Er holte etwas hervor, ein kleines Bündel Kleidung. Mit seinen beiden Händen breitete er das Bündel aus und es offenbarte sich so etwas wie ein Anzug. „Das solltest du tragen. Es weckt weniger Verdacht als die Lumpen, die du jetzt trägst.“
    Dieser Anzug war wirklich schön anzusehen. Er war so blau wie der Himmel mit einigen schwarzen Verzierungen, die sehr an Pflanzen erinnerten und die sich über den gesamten Anzug ausbreiteten.
    Ich ging in ein Nebenzimmer, um mich umzuziehen. Der Stoff fühlte sich im Gegensatz zu meinem Lumpen sehr angenehm an.
    Noch einige Sekunden sah ich mich in einem halb zerbrochenen Spiegel an. Ich konnte es noch nicht glauben. Bald würde ich ein anderer Mensch sein.
    Etwas schüchtern, aber dennoch irgendwie auch selbstbewusster als zuvor, trat ich vor dem Fremden auf, der anerkennend nickte. „Du wirst gut in deren Gesellschaftsbild passen. Wir werden deine Haare noch etwas verändern müssen und vor allem müssen wir dich waschen. Komm mit!“
    Der Mann bot mir seine Hand an. Ich nahm sie.
     
     
     
     
    Als ich mich im Spiegel betrachtet, war ich verwundert, was eine neue Haarfarbe und farbige Kontaktlinsen verändern konnten.
    Die kurzen Haare, die jetzt in pechschwarzer Fa rbe waren und die grünen Augen, ließen mich vollkommen anders aussehen.
    Der Mann mit der Uniform musterte mich eing ehend. „Ich denke, es geht in Ordnung.“
    „Wo werden sie mich hinbringen?“
    „Es gibt viele Leute, die die Zustände hier nicht gutheißen können. Ich gehöre zu ihnen und auch der Arzt, der dich untersuchte, gehörte zu ihnen.“
    Es gab
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