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Reinen Herzens

Reinen Herzens

Titel: Reinen Herzens
Autoren: Helena Reich
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das ja nicht gewiss. Vielleicht würde er aus dieser ganzen Sache mit einem blauen Auge davonkommen. Er hoffte es von ganzem Herzen. Wenn dieser Abend nur schon vorbei wäre … Wenn Eva einfach wieder aus seinem Leben verschwände … Er hoffte, es würde sich herausstellen, dass er nicht der Vater war.
    »Dann fahren wir doch lieber zu mir, alles andere kann nicht so tragisch sein«, erwiderte sie und legte ihre Hand wieder auf seinen Nacken.
    Wenn du wüsstest, dachte er resigniert. »Zu spät, wir sind da – und vor dem Haus ist ein Parkplatz.« Verdammter Mist. Sonst musste er oft mehrmals um den Block fahren, bis er einen Parkplatz fand, aber ausgerechnet heute war einer frei.
    Sie zuckte die Achseln. »Na gut, dann auf ins Chaos. Ich werde es überleben.« Sie lächelte ihn liebevoll an. Egal was er ihr erzählen würde, sie war glücklich, zurück zu sein. In diesem Moment schien das Leben perfekt zu sein – sie hatte sich von ihrem Zusammenbruch erholt, hatte ihr Leben wieder im Griff und ihre Vergangenheit sortiert, ihre Kinder hatten nichts gegen ihre neue Beziehung, ihr Exmann machte wider Erwarten keinen Ärger, nächste Woche würde sie endlich an ihren Arbeitsplatz zurückkehren, und David liebte sie … Was wollte sie mehr? Das Leben war schön.
    Er parkte den Wagen und reichte ihr den Hausschlüssel. »Du kannst schon mal aufsperren und nach oben gehen. Ich bringe dein Gepäck rauf. Es wäre zu gefährlich, es im Auto zu lassen. Letzte Woche wurde der Wagen meines Nachbarn aufgebrochen – direkt unter der Laterne mit der Kamera da vorn.«
    »Sicher, dass ich dir nicht helfen soll?«
    Er schüttelte den Kopf und küsste sie. »Geh rauf und mach schon mal den Champagner auf.« Er langte nach hinten und holte eine bauchige Flasche Dom Perignon unter einer alten Decke hervor.
    Magda pfiff anerkennend und lächelte. »Beeil dich«, sagte sie und zwinkerte.
    Sie stiegen aus, Magda ging zum Haus, er holte ihre Koffer aus dem zu einem Kombi umgebauten Mini.
    »David!«, hörte er eine ihm bekannte Stimme.
    Er drehte sich um. Das durfte doch nicht wahr sein, dachte er so überrascht wie wütend. Was machte sie hier, verdammt noch mal? Er stellte den Koffer, den er schon in der Hand gehabt hatte, zurück in den Wagen. »Ich habe dir doch gesagt …«, setzte er an. Dann blitzte etwas im Licht der Laterne auf. Etwas schlug mit gewaltiger Wucht gegen seine Brust. Er fiel rückwärts gegen den Wagen, kippte nach vorn, knallte mit dem Gesicht gegen die Hecktür, fiel zu Boden, schien durch den Boden hindurch in ein schwarzes Loch zu fallen, fühlte nichts mehr, hörte nichts mehr. Stille. Totenstille.
    Magda hatte im Hausflur die Tür eingehängt und war Richtung Treppe gegangen. Seufzend hatte sie am Geländer entlang nach oben geblickt – David wohnte im vierten Stock unter dem Dach. Einen Aufzug gab es nicht. Keine Faulheit vorschützen, dachte sie, und nahm zwei Stufen auf einmal. Auf dem Weg in den zweiten Stock fiel ihr ein, dass sie ihr neues Handy im Auto vergessen hatte. David würde sicher nicht daran denken, es mitzunehmen. Sie stellte die Champagnerflasche auf einem Fensterbrett ab, machte kehrt und lief wieder hinunter. Als sie die Haustür erreichte, blieb sie erschrocken stehen. David lag hinter seinem Wagen auf dem Boden im Schnee und rührte sich nicht. Was macht er da, fragte sie sich verwundert und wartete einen Moment darauf, dass er aufstehen würde. Als er sich jedoch nicht rührte, wurde sie von Panik ergriffen. Die Welt, schien ihr, stand plötzlich fast still, alles floss nur noch zäh dahin. » David«, rief sie. Doch er bewegte sich noch immer nicht. Ein Herzinfarkt, schoss es ihr durch den Kopf, Schlaganfall … Sie rannte los, hinaus auf den Bürgersteig, rutschte auf dem Eis aus, fiel zu Boden. Sie nahm nichts wahr, außer David, der am Boden im Schnee zwischen den Autos lag und sich nicht rührte. Sie rappelte sich auf, noch ein paar Schritte, ihre Handtasche rutschte ihr von der Schulter, sie kümmerte sich nicht darum, fiel endlich, nach einer scheinbaren Ewigkeit, neben ihm auf die Knie, schlug die Hecktür zu. Sie drehte ihn um, Blut auf seiner Wange. Er musste sich im Fallen an der Hecktür gestoßen haben. Ihr Blick fiel auf ein Loch in seinem Mantel. Sie klappte entsetzt seinen Mantel auf, sein Jackett, sah Blut auf dem weißen Hemd an der Schulter. Sie riss es auf. Eine Schusswunde, dachte sie verwirrt – aber sie hatte doch nichts gehört … Sie verdrängte die Fragen,
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