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Regina schafft es doch

Regina schafft es doch

Titel: Regina schafft es doch
Autoren: Berte Bratt
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ein kleines Kind. Ihre Wangen glühten vor Aufregung, und die Augen waren blank.
    „Und du, Regina, weißt du was? An einem der nächsten Tage gehen wir zu Leo und seiner Mutter – ja, zuerst gehe ich allein hin. Aber dann feiern wir Verlobung – mit dir und Tausing und – und… ja, ich weiß nicht, wen Leo sonst noch einlädt. Doch du verstehst wohl, du vertrittst meine ganze Familie und meine Verwandtschaft und alle meine Freunde.“
    „Welche Ehre!“ lächelte Regina.

Ein unvermutetes Wiedersehen
     
     
    „Wo gehst du hin, Katrin?“
    „Ich muß nur eben telefonieren!“
    Regina lächelte.
    Katrin hatte eine Vorliebe für Telefonzellen bekommen. Allmorgendlich mußte Regina vor einer warten, während Katrin einen kleinen Morgenschwatz machte – mit wem, ja, das war nicht sehr schwer zu erraten.
    Sie lächelte vor sich hin, während sie dastand und wartete, und dann wurde sie wieder ernst.
    Jetzt war es eine Woche her, seit sie den langen Brief an Gert geschrieben hatte. Jetzt müßte sie bald Antwort erwarten können – falls er überhaupt antworten würde.
    Aber dieses Wort hatte sie gebrochen. Stand sie denn nicht hier, mitten in einer verkehrsreichen Hauptstraße von Wien – und nie, nicht ein einziges Mal bis zu dieser Sekunde hatte sie Gewissensbisse gehabt, weil sie das Versprechen ganz und gar vergessen hatte.
    Aber sie entsann sich auch noch anderer Worte – ganz deutlich. Es war, als sei Gert in der Nähe, als höre sie ihn sprechen. „Vielleicht treffen wir uns in Wien, du mit Ton und ich mit Mehl an den Händen…“
    Katrin stand in ihrer Telefonzelle und lauschte gespannt.
    „Ja, Kätchen, heute morgen! Ich habe ihn unterschlagen, ich habe ihn in der Brusttasche, du elende kleine Intrigantin!“
    Katrin unterbrach ihn, sprach atemlos, gab Anweisungen.
    „Wird gemacht, gnädiges Fräulein, alles, wie du befiehlst. Es ist ganz unheimlich, wie du alles anordnen kannst!“
    „Ja, Leo, aber hör her. Wir beide sind doch so glücklich, sollten wir es Regina nicht gönnen, daß sie es auch wird?“
    „Doch, Katrin, das gönnen wir ihr.“
    „Und ich hab’ dir doch gesagt, die müssen überrumpelt werden! Also, ist alles klar?“
    „Sonnenklar, du Ränke-Spinnerin!“
    „Na?“
    Regina lächelte, als Katrin aus der Telefonzelle trat. „Brauchst du wirklich neun und eine halbe Minute, um ihn davon zu überzeugen, daß du ihn noch immer liebst?“
    „Nein, dazu genügte die halbe Minute. Die neun brauchten wir für andere Dinge.“
    „Soso.“
    „Ja. Um eine kleine Einladung für heute abend zu regeln.“
    „Willst du heute abend wieder bummeln gehen?“
    „ Wir gehen heute abend bummeln. Wir sollen zu Leo und seiner Mutter kommen. Meine nette Schwiegermama will unbedingt meine Freundin kennenlernen – dies Unikum, das es tatsächlich jahraus, jahrein mit mir aushält.“
    „Katrin, wann sollen wir denn aber…?“
    Katrin warf Regina einen schnellen Blick zu. Sie verstand.
    „Nicht eher, als bis die Nachmittagspost dagewesen ist, Regina. Kommt heute ein Brief mit der Post, dann kriegst du ihn, bevor wir gehen, ist das so recht?“
    „Wie gut du mich immer verstehst, Katrin! Du, dann können wir doch unsere Bronzekinder mitnehmen, ich werde heute vormittag einen letzten kritischen Blick auf sie werfen. Ist es nicht komisch, Katrin, daß es jetzt umgekehrt ist: Ich gieße für dich und nicht du für mich?“
    Du solltest nur wissen, was ich für dich zusammengegossen habe! dachte Katrin, aber sie sagte es nicht laut.
    Den ganzen Vormittag saß Regina in der Werkstatt, blaß und schmal und mit großen, dunklen, angestrengten Augen, rieb und retuschierte sie an den Bronzefiguren. Eine Woche war vergangen und noch keine Antwort. Aber er war vielleicht verreist. In Kopenhagen konnte er auf keinen Fall mehr sein, er sollte dort nur bis Weihnachten bleiben – und jetzt war März – , ja, fast schon April. Vielleicht steckte Gert mitten in seiner Meisterprüfung. Vielleicht – Reginas Gesicht verzog sich – , vielleicht machte er gerade jetzt eine Sterntorte mit einem kleinen goldenen Widder drauf. Jetzt waren sie ja im Zeichen des Widders. In einer Woche hatte Gert Geburtstag – und sie hatte damals im Scherz einen Widder für ihn geformt, an jenem glücklichen, heiteren, strahlenden Tag in der Backstube.
    Ach, wie ewig lange war das schon her!
    Regina ließ die Hand sinken. Sie vergaß weiterzuarbeiten.
    Ganz still saß sie und starrte vor sich hin. Es war eine große, leere
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