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- Red Riding Hood - Unter dem Wolfsmond

- Red Riding Hood - Unter dem Wolfsmond

Titel: - Red Riding Hood - Unter dem Wolfsmond
Autoren: Sarah Blakley-Cartwright , David Leslie Johnson
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heraus. »Und wir sind an der Reihe«, setzte sie traurig hinzu und verstummte.
    Valerie wusste nicht, was sie damit meinte, dass sie »an der Reihe« waren. Sie hoffte, dass es sich um eine Überraschung handelte, dass sie etwas bekommen würden. Als sie nach unten spähte, entdeckte sie auf dem Waldboden ein paar Zeichen, die wie Pfeile aussahen.
    Peter.
    Ihre Augen weiteten sich, und sie huschte die steile, staubige Treppe des Baumhauses hinunter, um die Zeichen genauer in Augenschein zu nehmen.
    Nein, die sind nicht von Peter, dachte sie, als sie erkannte, dass es sich nur um irgendwelche Kratzer in der Erde handelte.
    Aber was ist, wenn …?
    Die Zeichen führten in den Wald. Kurz entschlossen und ohne darüber nachzudenken, was sie tun sollte und was Lucie tun würde, ging sie ihnen nach.

    Natürlich führten sie nirgendwohin. Kaum war sie zehn Schritte gegangen, hörten die Zeichen auf. Sie war zornig auf sich selbst, weil sie auf so alberne Ideen kam, aber auch froh, dass niemand gesehen hatte, wie sie ihnen für nichts und wieder nichts gefolgt war.
    Peter, Valeries bester Freund, hinterließ immer Zeichen für sie, indem er mit einem Stock Pfeile in die Erde kratzte. Die Pfeile wiesen ihr den Weg zu ihm, oft zu einem Versteck tief im Wald.
    Aber nun war er schon seit Monaten fort, ihr Freund. Sie waren unzertrennlich gewesen, und Valerie konnte sich noch immer nicht damit abfinden, dass er nicht wiederkam. Als er fortging, war das, wie wenn man einen Strick durchschneidet – von dem nur zwei ausfasernde Hälften zurückbleiben.
    Peter war nicht wie die anderen Jungen, die einen hänselten und sich prügelten. Er verstand sie. Er verstand ihre Abenteuerlust. Er verstand, dass sie sich nicht an die Regeln halten wollte. Und er behandelte sie nie wie ein Mädchen.
    »Valerie!« Jetzt rief Großmutters Stimme. Ihrem Ruf musste man zügiger Folge leisten als dem ihrer Mutter, denn sie konnte ihre Drohungen tatsächlich wahr machen. Valerie schüttelte die rätselhaften Erinnerungen, die sich ja doch zu keinem Bild fügen ließen, ab und lief zurück.
    »Hier unten, Großmutter.« Sie lehnte sich gegen den Baum, dessen Rinde rau war wie Sandpapier. Sie schloss die Augen, um das Gefühl voll auszukosten – und vernahm das Rumpeln von Wagenrädern, das wie ein aufziehendes Gewitter klang.
    Auch Großmutter hörte es, glitt die Treppe herunter auf den Waldboden, schlang die Arme um Valerie und drückte
ihr Gesicht gegen die kühle Seide ihrer Bluse und das klobige Allerlei ihrer Amulette. Das Kinn an Großmutters Schulter geschmiegt, sah Valerie zu, wie Lucy und ihre Mutter bedächtig die steile Treppe herabstiegen.
    »Heute Nacht müsst ihr stark sein, meine Süßen«, flüsterte Großmutter. Valerie verharrte reglos und ließ sich drücken, außerstande, ihre Verwirrung zum Ausdruck zu bringen. Für Valerie hatten jeder Mensch und jeder Ort einen eigenen Geruch – manchmal erschien ihr die ganze Welt wie ein Garten. Sie fand, dass Großmutter nach zerriebenem Laub roch, und nach etwas anderem, Kräftigerem, das sie nicht einordnen konnte.
    Sobald Großmutter Valerie losließ, reichte Lucie ihrer Schwester einen Strauß aus Kräutern und Blumen, den sie im Wald gepflückt hatte.
    Der Wagen, den zwei kräftige Arbeitspferde zogen, holperte über die zerfurchte Straße. Die Holzfäller hockten in Trauben auf den frisch geschlagenen Baumstümpfen, die ein Stück nach vorn rutschten, als der Wagen vor Großmutters Baum mit einem Ruck zum Stehen kam. Zwischen den Männern waren Äste gestapelt, die dicksten unten und die dünnsten oben. Valerie fand, dass die Mitfahrer selbst wie aus Holz geschnitzt aussahen.
    Ihr Vater, Cesaire, früher ein gut aussehender Mann, saß hinten im Wagen. Er stand auf und streckte Lucie die Arme entgegen, hütete sich aber, auch Valerie seine Hilfe anzubieten. Er stank nach Schweiß und Bier und Valerie mied seine Nähe.
    »Ich liebe dich, Großmutter!«, rief Lucie über die Schulter hinweg, während sie und ihre Mutter von Cesaire in den Wagen hinaufgezogen wurden. Valerie kletterte ohne Hilfe
nach oben. Die Zügel schnalzten und der Wagen rollte schwerfällig an.
    Ein Holzfäller rutschte zur Seite, um für Suzette und die Mädchen Platz zu machen, woraufhin Cesaire sich zu dem Mann hinüberbeugte und ihm einen schallenden Schmatz auf die Wange gab.
    »Cesaire!«, zischte Suzette und warf ihm unauffällig einen tadelnden Blick zu, während um sie herum im Wagen Gespräche angeknüpft
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