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RECKLESS HEARTS

RECKLESS HEARTS

Titel: RECKLESS HEARTS
Autoren: Eileen Janket
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Nacken, konnte kaum glauben, wie teuer so eine Packung Zigaretten war, versuchte die nervigen Blicke einfach auszublenden und entschied sich für eine Schachtel Lucky Strike, die Marke, die ihr Baba immer geraucht hatte, oder war es Camel gewesen? Irritiert las sie etwas von einer Geldkarte, die sie einführen sollte, hatte aber definitiv keine und brach das ganze Procedere schnell ab.
    Egal, dachte sie sich, dann eben nicht . War eh eine dumme Idee.
    Sie brauchte dringend eine Verschnaufpause, um sich zu sortieren, falls das überhaupt möglich war. In ihrem Kopf hatten sich alle Gedanken zu einem zähen Brei vermengt, der ihre gesamten Gehirnwindungen verstopfte. Sie drehte sich um, reckte das Kinn, stolzierte geradewegs zum Tresen, platzierte sich auf einen Hocker und bestellte schließlich ein kleines Bier, als hätte sie so etwas schon tausendmal getan … Ha, sie würde es sich ganz bestimmt nicht anmerken lassen, dass es ihr erstes Mal war, ‚Barfly‘ und Mickey Rourke sei Dank. Die unzähligen Videos und DVDs, ihre ganz persönlichen Kultfilme, die sie sich an hunderten einsamer Tage und noch einsamerer Nächte wiederholt angesehen hatte, hatten ihr beigebracht, wie man diese Dinge tat, ohne dabei eine Miene zu verziehen, hatten ihr von Liebe, Freundschaft und Glück erzählt, von den schönen und aufregenden Dingen des Lebens, von Mut und Stärke und Träumen, die wahr werden, vom Kämpfen und Durchhalten und von der Freiheit, der Courage, eigene Entscheidungen zu treffen, auch wenn man als Konsequenz die ganze Welt gegen sich haben würde. Manche Filme erzählten auch von menschlichen Tragödien, von persönlichem Verlust und Schmerz, von innerer Zerrissenheit, ewiger Einsamkeit und vom Tod, den es zu überwinden galt. Sie hatte diese Geschichten in sich aufgesogen und in ihrem Gedächtnis abgespeichert wie eine Computerdatei. Fiktive Charaktere waren zu ihren geheimen, ihren einzigen Freunden geworden, die immer da waren, wenn sie sie brauchte. Der Bildschirm ihres kleinen Fernsehers war zum Eingangstor in eine andere Welt geworden, eine Welt, in der sie sich verstecken und sicher fühlen konnte, ein wenig zumindest …
    Der Barkeeper musterte Selin mit einem süffisanten Lächeln, griff in seine Gesäßtasche, zog eine Packung Zigaretten hervor - eine Marke, von der sie noch nie etwas gehört hatte - und hielt sie ihr kommentarlos entgegen. Selin blinzelte ihn kühl an, fingerte eine Zigarette heraus, klopfte sie vorsichtig auf den Tresen und steckte sie anschließend zwischen ihre Lippen. Der Moment kam ihr auf einmal so absurd und komisch vor, dass sie kurz in sich hineinlächeln musste, ohne den ernsten Ausdruck in ihren Augen zu verlieren. Eine flache Streichholzschachtel kam ihr über den Tresen entgegen geschliddert. Selin klatschte mit einer Hand drauf. Der Barkeeper konnte sich ein schiefes Grinsen nicht verkneifen. Sie nickte anerkennend zu ihm rüber und zündete ein Streichholz an. Für einige Sekunden starrte sie in die orangegelbe Flamme, bevor sie sich damit die Zigarette anzündete, machte einen überheblich tiefen Lungenzug und hustete prompt los. Der Barkeeper grinste wieder, diesmal ohne sie anzusehen.
    Selin zog erneut am Glimmstängel und konnte diesmal den Hustenreiz gerade noch unterdrücken. Ihre Lungen drohten allerdings mit einer Explosion.
    Sie drückte die Zigarette wieder aus.
    Immer noch gafften einige verlebte Typen in ihre Richtung und rätselten vermutlich, in welche Kategorie diese junge Frau wohl gehörte. Aber hätten sie Selin gefragt, sie hätte es ihnen am allerwenigsten sagen können.
    Sie nahm einige Schlucke von ihrem Bier, das fürchterlich bitter schmeckte, und versuchte sich zu erinnern, wie sie als Teenie gewesen war, damals vor einer halben Ewigkeit, vor ihrer Heirat mit Sabri. Einige wenige Erinnerungen hatten sich unauslöschlich in ihr Gedächtnis eingebrannt: Sie hatte die Songs von Take That geliebt, ohne gleich auszuflippen und ständig in Ohnmacht zu fallen, hatte für den toten River Phoenix geschwärmt und war von ‚Nirvana‘ angetan oder eigentlich von Kurt Cobain, der verloren war, wie so viele seiner Generation, und wie Selin nie sein wollte. Sie hatte ihrer Mutter viel von ihm erzählt und ein bisschen von der Musik vorgespielt.
    »Aber Selin, warum muss der denn herumlaufen wie ein Bettlersohn?«, hatte ihre Mutter sie eines Abends augenzwinkernd gefragt, als sie sich zusammen Selins Postersammlung ansahen. »Das nennt man Grunge, Anne«,
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