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Recht und Gerechtigkeit: Ein Märchen aus der Provinz (German Edition)

Recht und Gerechtigkeit: Ein Märchen aus der Provinz (German Edition)

Titel: Recht und Gerechtigkeit: Ein Märchen aus der Provinz (German Edition)
Autoren: Jörg Kachelmann , Miriam Kachelmann
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hatten, mit Jörg und mir umzugehen. Ganz abgesehen von der ewig grinsenden Tochter Dietrich. Man hatte den Eindruck, dass es für viele Anwesende ein Höhepunkt ihrer Karriere sein musste, Jörg zu verhaften. Untereinander herrschte bei den meisten gute Laune, während sie einen diffamierend, fast schon höhnisch wirkenden Umgang mit uns pflegten. Das konnte ich unschwer an Kommentaren der KHK in Lapsit erkennen, die beispielsweise als ich auf die Frage, wer ich denn sei, »die Freundin« antwortete, »Aha …« machte, begleitet von einem vielsagenden Aufreißen der Augen.
    Die Spurensicherung dauerte für mich eine Ewigkeit; in Wirklichkeit waren es wohl nur eine, anderthalb, höchstens zwei Stunden. In dieser Zeit lief ich nervös auf und ab, weinte zwischendurch so unauffällig wie möglich, denn das war mir in unmittelbarer Gegenwart des Polizisten sehr unangenehm (übrigens konnte KHK in Lapsit, engegen ihrer späteren Aussagen, meine Tränen nicht selbst gesehen haben, denn sie war mit KHK Dietrich und Jörg schon längst abgefahren), stellte dem Polizisten immer wieder Fragen und hoffte, dass ich diesen trüben Ort bald verlassen könnte. Ich sah meist aus einigen Metern Entfernung, dass sie Dinge aus dem Auto holten, auf die Folie legten und fotografierten. Sie unterhielten sich miteinander und lachten das ein oder andere Mal über Gegenstände aus dem Auto, unter anderem über ein »Statistik-Skript«, das ich Jörg aus meiner Universität mitgebracht hatte.
    Gegen Ende der Durchsuchung besann ich mich auf meine Zeugenpflicht, stellte mich mit etwas mehr Selbstbewusstsein wenige Meter vom Auto entfernt hin und versuchte darauf zu achten, was die Polizisten taten. Man zeigte mir dann die zu beschlagnahmenden Gegenstände. Darunter waren eine Rechnung vom »Holiday Inn«, ein Taschentuch, ein kleines Fläschchen mit Tabletten (es sah aus wie aus dem Reformhaus). Ich unterschrieb die Erklärung, die Aktion bezeugt zu haben.
    Man kann sich leicht vorstellen, dass das eigene Selbstbewusstsein nicht besonders groß ist, wenn man gerade die Verhaftung eines geliebten Menschen miterlebt hat, vollkommen ahnungslos über dessen Verbleib gehalten wird und allein mit drei Polizisten in einem dunklen abgesperrten Tiefgaragendeck irgendwo am Frankfurter Flughafen zurückbleibt. Ich wollte dort eigentlich nur weg. Ich wollte Jörg hinterherfahren, um ihn abzuholen und wieder mitzunehmen. Das sagte ich dem Frankfurter Beamten auch mehrmals, doch der erwiderte entweder nichts oder nur, er glaube nicht, dass Jörg heute noch freigelassen werde.
    Als die Spurensicherung abgeschlossen war, erklärte ich, dass ich meine Entscheidung, nicht mit Jörgs Auto zu fahren, jetzt doch geändert hätte, und verlangte die Autoschlüssel. Die wollten die Polizisten mir zuerst nicht aushändigen, sie wollten erst eine Genehmigung ihrer Kollegen einholen und zusätzlich noch einmal Jörg fragen, ob er damit einverstanden sei. Was überflüssig war, da Jörg das selbst vorgeschlagen hatte. So mussten sie mir, nachdem sie nachgefragt hatten, dann doch die Schlüssel aushändigen.
    Ich hatte damals das Gefühl, dass ich diesen Polizisten das Auto nicht überlassen sollte. Es war mehr ein Instinkt, der mir sagte, dass sie nicht vertrauenswürdig seien, und ich lag, wie sich später herausstellte, jedenfalls bei den vor Gericht teilweise die Unwahrheit über den Verlauf der Verhaftung und Jörgs Verhalten ausssagenden Polizisten Lapsit und Dietrich vollkommen richtig. Aus diesem Grund bin ich sehr froh, das Auto damals mitgenommen zu haben; so war auszuschließen – man kennt das ja aus schlechten Filmen –, dass etwas im Auto »gefunden« wurde, was dort gar nicht war, und wer weiß, woran sich KHK Dietrich und KHK in Lapsit noch alles »erinnert« hätten, wenn ich nicht zufälligerweise am Abend des 19. März 2010 spontan beschlossen hätte, Jörg am Gate zu überraschen und ihn nicht erst irgendwo zwischen Frankfurt und Leipzig zu treffen. Dass ich Polizeibeamten einmal so misstrauen könnte, hätte ich mir nicht träumen lassen.
    Bei der Schlüsselübergabe überprüften die Polizisten meinen Führerschein (ich hatte ihn erst seit zwei Wochen), und ich ließ mir von den sichtlich beunruhigten Beamten erklären, wie man ein Automatikauto fährt, denn das hatte ich zuvor noch nie getan. Die Polizisten ließen für mich die Schranke öffnen, der Frankfurter Polizist verabschiedete sich hinter der Schranke noch einmal, und unsere Wege
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