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Recht und Gerechtigkeit: Ein Märchen aus der Provinz (German Edition)

Recht und Gerechtigkeit: Ein Märchen aus der Provinz (German Edition)

Titel: Recht und Gerechtigkeit: Ein Märchen aus der Provinz (German Edition)
Autoren: Jörg Kachelmann , Miriam Kachelmann
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also nichts passieren!« Das habe ich damals tatsächlich gedacht in meinem aus heutiger Sicht schon sträflich naiven Glauben an Rechtsstaat und Gerechtigkeit.
    Jörg war blass und stand teilnahmslos vor mir, aber er schaute mir in die Augen. Ich kann mich erinnern, dass ich im Versuch, ihn zu beruhigen, seine Hand festhielt und immer wieder drückte; er erwiderte den Druck jedoch nicht oder kaum und guckte mich nur weiter an. Er schien wie gelähmt, schaute ungläubig und hatte Tränen in den Augen. Ich sagte ihm: »Nicht weinen, Schatz!« Er nickte.
    Er sagte dann noch, dass ich ja einfach das Auto nehmen und damit wegfahren könne. Ich antwortete, dass ich das nicht wolle, denn ich wollte ihn nicht allein mit den Polizisten zurücklassen – zudem war ich Fahranfängerin, und das Auto ist recht groß. Wir sagten dann nichts mehr und umarmten uns mehrmals, und ich versuchte weiter, ihn irgendwie zu stabilisieren.
    Später konnte man in der Zeitung lesen, dass sowohl Kriminalhauptkommissar Dietrich als auch die (mittlerweile beförderte) Kriminalhauptkommissarin Lapsit zu Beginn des Prozesses vor Gericht ausgesagt hätten, dass ich völlig aufgelöst gewesen sei und geweint hätte, wohingegen Jörg emotionslos und kühl reagiert und mich zur Beruhigung umarmt habe. Nun, das komplette Gegenteil war der Fall gewesen, und wenn ich bis dahin gedacht hatte, Polizisten würden immer die Wahrheit sagen, und wenn sie vielleicht auch nicht unbe dingt »dein Freund und Helfer« sind, wären sie doch zumindest büro kratisch korrekt, so hatte ich mich gründlich geirrt. Es würde nicht die einzige Unaufrichtigkeit der Polizisten bleiben und schon gar nicht die einzige Unwahrheit der Ermittlungsbehörden und Beamten im Zuge dieses Verfahrens.
    Dann kam KHK Dietrich auf Jörg zu und wollte irgendetwas von ihm oder mit ihm besprechen. Ich trat ein Stück zurück und stand jetzt in einiger Entfernung zu Jörgs Auto, etwa auf der Höhe der gegenüberliegenden Parklücken. Ich sah, dass sich mehrere Polizisten um Jörg versammelten und auf ihn einredeten. Irgendwann begriff ich, dass es um die Durchsuchung des Autos ging, ob man das jetzt in seinem Beisein tun solle und ob er ihr zustimme oder nicht. Ich ging wieder näher heran und hörte KHK Dietrich zu Jörg sinngemäß sagen, dass sie das jetzt auf die einfache oder die schwere Art machen könnten, entweder er stimme der Durchsuchung freiwillig zu, oder sie würden das Auto aufbrechen. Unter diesem Druck war Jörg damit einverstanden, das Auto »freiwillig herauszugeben«. Daraufhin erklärte Dietrich, dass sie nicht mit ihm hierbleiben wollten und dass nicht er, sondern jemand anderes die Durchsuchung bezeugen solle. Jörg zögerte, und ich merkte, dass er das nicht wollte, weil er schon ahnte, wer »jemand anderes« wohl sein sollte. Der Polizist sagte weiter, dass Jörg das selber wissen müsse und dass es dann natürlich sehr leicht möglich sei, dass alle Welt von seiner Verhaftung erführe, wenn er jetzt nicht sofort mit ihm wegfahren würde, zumal ich ja die Durchsuchung bezeugen könne. Ich nahm Jörg die Entscheidung ab, indem ich zustimmte, weil ich nicht wollte, dass seine Verhaftung in die Öffentlichkeit getragen wurde. Daraufhin gab auch Jörg widerwillig sein Einverständnis.
    Ich hätte mich anders entschieden, wenn ich gewusst hätte, dass die Bundespolizei vom Flughafen Frankfurt beziehungsweise die Polizeidienststelle Schwetzingen keinerlei Anstrengungen unternahmen, die sen Vorgang geheim zu halten, in Kauf nehmend, dass dann die einer Verurteilung vor Gericht förderliche, in unserer Gesellschaft immer und gut funktionierende Vorverurteilung beginnen konnte, nicht auszu schließen aber auch, dass mit der zuvor wochenlang geübten erfolgreichen Festnahmeaktion geprahlt werden konnte. Sicher ist nur, dass die Presse Jörgs Verhaftung weder von mir noch von Jörg noch von seinen Anwälten erfahren hat. Auch das lächerliche Argument, das die Staatsanwaltschaft später zu ihrer Verteidigung vorbrachte, nämlich dass die Festnahme sowieso herausgekommen wäre, weil Jörg ja nicht mehr bei der Arbeit erschienen wäre, geht fehl. Die Öffentlichkeit hatte schließlich auch nicht gemerkt, dass Jörg drei Wochen nach Ende der Olympischen Spiele noch nicht wieder in Deutschland war, da er seine Kinder besuchte; zudem hatte es auch in der Vergangenheit öfter längere Pausen in seinen Wettermoderationen gegeben, und seine Moderatorentätigkeit bei Riverboat war
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