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Rebellen der Ewigkeit

Rebellen der Ewigkeit

Titel: Rebellen der Ewigkeit
Autoren: Gerd Ruebenstrunk
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breiteten sich zwischen den Leichen aus und verbanden sich zu einem dunklen Film auf dem Boden.
    Neben ihnen stöhnte jemand. Es war Maggiore.
    Vorsichtig näherten sich Valerie und Willis dem Hünen. Ein dünner Blutfaden floss aus seinem Mundwinkel. Valerie beugte sich über ihn und hob seinen Kopf leicht an. »Halten Sie durch. Wir rufen einen Arzt«, sagte sie.
    Lago versuchte zu lächeln. Das Ergebnis war lediglich eine verzerrte Grimasse. »Bis der hier ist, bin ich weg.« Sein Körper zuckte. Er hustete, und ein warmer Blutschwall ergoss sich über Valeries Handgelenk.
    »Familie tötet man nicht«, stieß er mit letzter Kraft hervor. Seine Augen nahmen einen glasigen Ausdruck an und er hörte auf zu atmen.
    Valerie ließ Lagos Kopf auf den Boden sinken und stand langsam auf. Sie starrte in die Ferne, auf einen Punkt, den nur sie sehen konnte.
    »Er war ein Killer und er hätte deine Mutter ohne zu zögern umgebracht«, sagte sie schließlich zu Willis. »Und damit auch dich. Und er hatte auch kein Problem damit, dich zu blenden. Aber trotzdem hat er dir das Leben gerettet.«
    »Wir werden Lagos verquere Moralvorstellungen wohl nie verstehen.« Willis studierte besorgt Valeries Gesicht. »Wie geht es dir?«
    »Die Wirkung der Schmerzmittel lässt langsam nach. Meine Hände kribbeln schon. Und du?«
    »Ähnlich. Wir sollten zusehen, dass wir so schnell wie möglich von hier verschwinden.«
    Er blickte sich um. Ein paar Meter weiter bückte sich Amanda über Ricardos Körper. Langsam ging er zu ihr hinüber.
    »Was ist mit ihm?«, fragte Willis. Es war eine dumme Frage, denn Ricardos weißes Hemd war blutdurchtränkt. Er hatte die Augen geschlossen, doch seine Lippen bewegten sich leicht.
    »Ich weiß nicht, ob er durchkommen wird«, erwiderte Amanda, ohne aufzusehen. Sie hatte sein Hemd hochgeschoben und drückte etwas gegen seine Seite. »Er verliert ziemlich viel Blut und ich kann es nicht stoppen.«
    Willis versuchte, etwas zu empfinden, aber er war innerlich ganz taub. Das waren sein Vater und seine Mutter vor ihm! Irgendein Gefühl musste er doch haben! Aber vielleicht war er ja ebenso abgestumpft wie die beiden. Schließlich war er Ricardos Klon. War es da nicht wahrscheinlich, dass er solche wesentlichen Charakterzüge mit ihm teilte?
    Seine Wunde machte sich mit einem leichten Pochen hinter seiner Stirn bemerkbar. Nicht mehr lange, und er würde erneut den Schneidbrenner spüren. Er warf einen Blick zu Valerie hinüber, die sich vor einen der Container gesetzt und die Augen geschlossen hatte.
    »Hey, Valerie«, rief er leise.
    Sie schlug die Augen auf.
    »Alles in Ordnung?«
    Sie versuchte zu lächeln, was ihr allerdings nicht wirklich gelang. »Es geht.«
    »Hast du Schmerzen?«
    Sie nickte. »Immer noch erträglich.«
    »Wir brauchen Schmerzmittel, sonst ist sowieso alles vorbei.«
    »Wir könnten Karelia und Paul anrufen«, schlug Valerie vor.
    »Kommt nicht infrage!« Amanda richtete sich auf, ohne die Hand von Ricardos Bauchwunde zu nehmen. »Wenn der Geheimdienst erst einmal hier ist, dann haben wir keine Chance mehr, den Extrapolator zu zerstören.«
    »Du willst es also immer noch tun?«, fragte Willis.
    »Mehr denn je. Oder willst du, dass das alles hier umsonst war?« Sie senkte ihre Stimme. »Ich kann Ricardo hier nur nicht so verbluten lassen.«
    »Vielleicht stirbt er ja gleich, und dann brauchst du dir keine Gedanken mehr darüber zu machen«, sagte Willis sarkastisch. Aber er musste Amanda recht geben: Jetzt aufzugeben wäre das Schlimmste, was sie tun konnten. »Ich bin dafür, wir machen es, wie Valerie gesagt hat. Ich vertraue Karelia und Paul.«
    Amanda schwieg. Sie schien ein wenig in sich zusammenzusacken und wandte sich dann wieder Ricardo zu. Willis war erstaunt, wie schnell sie nachgegeben hatte. Aber das war auch für sie eine außergewöhnliche Situation, überlegte er. Hier lag der Mann, der ihr in gewissem Sinn das Leben genommen hatte: ihre wissenschaftliche Karriere, den finanziellen Erfolg, ja, sogar indirekt den Sohn. Der Mann, den sie mehr hasste als alles andere auf der Welt. Und dennoch konnte sie ihn nicht einfach verbluten lassen. Das sprach für sie, dachte Willis. Vielleicht war sie doch nicht so hartherzig, wie er bislang angenommen hatte.
    »Wie kriegen wir Ricardo hier raus?«, fragte er. »Gibt es noch einen anderen Zugang?«
    Amanda deutete in das Dunkel der Halle. »Da hinten befindet sich ein Rolltor, das von außen nicht sichtbar ist. Dadurch hat das
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