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Rebecka Martinsson 01 - Sonnensturm

Rebecka Martinsson 01 - Sonnensturm

Titel: Rebecka Martinsson 01 - Sonnensturm
Autoren: Åsa Larsson
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dabei, als ich ihn gefunden habe. Ja, Lova auch, aber die schlief vor der Kirche im Pulkschlitten. Und Sara steht total unter Schock. Sie sagt kein Wort. Ich versuche, sie zu erreichen, aber sie starrt nur aus dem Fenster und schiebt sich immer wieder die Haare hinter die Ohren.«
    Rebecka merkte, wie ihr Magen sich verkrampfte.
    »Aber um Gottes willen, Sanna. Du brauchst Hilfe. Ruf den psychiatrischen Notdienst an und fahr sofort hin. Du und die Mädchen, ihr braucht jetzt Unterstützung. Ich weiß, dass sich das dramatisch anhört, aber …«
    »Ich kann nicht, das weißt du doch«, jammerte Sanna.
    »Mama und Papa werden behaupten, ich sei nicht mehr zurechnungsfähig, und dann werden sie versuchen, mir die Kinder wegzunehmen. Du kennst sie doch. Und die Gemeinde lehnt Psychologen und Krankenhäuser ja sowieso ab. Von denen könnte ich keinerlei Verständnis erwarten. Ich traue mich nicht, mit der Polizei zu sprechen, die machen doch alles nur noch schlimmer. Und ich traue mich nicht, ans Telefon zu gehen, das könnte doch irgendein Pressemensch sein, die Anfangszeit der Erweckung war schon schlimm genug, als alle angerufen und behauptet haben, er habe Halluzinationen und sei verrückt geworden.«
    »Aber du musst doch einsehen, dass du dich aus der Sache nicht raushalten kannst«, sagte Rebecka beschwörend.
    »Ich schaff das nicht, ich schaff das nicht«, sagte Sanna, wie an sich selbst gerichtet. »Verzeih die Störung, Rebecka. Jetzt kannst du in Ruhe weiterarbeiten.«
    Rebecka fluchte in Gedanken. Was für ein verdammter Mist!
    »Ich komme«, seufzte sie. »Du musst mit der Polizei sprechen. Ich komme hoch und leiste dir Gesellschaft, okay?«
    »Okay«, flüsterte Sanna.
    »Kannst du Auto fahren? Kannst du irgendwie zur Hütte in Kurravaara gelangen?«
    »Ich kann mich von einem Bekannten fahren lassen.«
    »Schön. Im Winter ist da nie ein Mensch. Nimm Sara und Lova mit. Du weißt doch noch, wo der Schlüssel liegt? Mach im Kamin Feuer. Ich komme irgendwann am Nachmittag. Kannst du so lange durchhalten?«
     
    Rebecka legte auf und starrte dann das Telefon an. Sie fühlte sich leer und verwirrt.
    »Das ist doch unglaublich, meine Güte«, sagte sie resigniert zu Maria Taube. »Sie brauchte mich nicht einmal zu bitten.«
    Rebecka schaute auf ihre Armbanduhr. Dann schloss sie die Augen, atmete durch die Nase ein, hob den Kopf, atmete durch den Mund aus und ließ die Schultern sinken. Maria sah das nicht zum ersten Mal bei ihr. Vor Verhandlungen und wichtigen Besprechungen führte Rebecka dieses Ritual durch. Oder wenn sie mitten in der Nacht bei der Arbeit saß, während ein Termin wie ein Damoklesschwert über ihr hing.
    »Wie fühlst du dich?«, fragte Maria.
    »Ich glaube, das will ich gar nicht wissen.«
    Rebecka schüttelte den Kopf und schaute aus dem Fenster, um Marias besorgtem Blick auszuweichen. Sie biss sich wütend auf die Lippen. Es regnete jetzt nicht mehr.
    »Wuschel, du darfst nicht immer so unendlich tüchtig sein«, sagte Maria mit sanfter Stimme. »Manchmal kann es gut tun, sich gehen zu lassen und einfach zu schreien.«
    Rebecka faltete die Hände auf ihren Knien.
    Sich gehen lassen, dachte sie. Was passiert, wenn man dann feststellt, dass man nicht geht, sondern stürzt? Und was passiert, wenn man mit dem Schreien nicht mehr aufhören kann? Plötzlich ist man fünfzig. Vollgedröhnt mit Drogen. Eingesperrt in irgendeinem Irrenhaus. Mit einem Schrei im Kopf, der einfach nie mehr verstummt.
    »Das war die Schwester von Viktor Strandgård«, sagte sie und staunte über ihre ruhige Stimme. »Sie hat ihn offenbar in der Kirche gefunden. Und sie und ihre beiden Töchter können jetzt wohl nicht allein sein, deshalb nehme ich mir ein paar Tage frei und fahre zu ihnen. Ich nehme den Laptop mit und arbeite unterwegs weiter.«
    »Dieser Viktor Strandgård, der war da oben wohl sehr bekannt?«, fragte Maria.
    Rebecka nickte.
    »Er hatte so ein Nah-Tod-Erlebnis, und danach brach dann in Kiruna eine religiöse Explosion los.«
    »Das weiß ich noch«, sagte Maria. »Die Zeitungen waren auch hier voll davon. Er war im Himmel gewesen und konnte erzählen, dass man sich dort nicht verletzt, wenn man hinfällt, zum Beispiel, weil der Boden uns dann aufnimmt wie eine Umarmung. Ich fand, das hörte sich richtig wunderbar an.«
    »Mmm«, sagte Rebecka. »Und er sagte, Gott habe ihn auf die Erde zurückgeschickt, um zu berichten, dass Gott mit den Christen in Kiruna große Pläne habe. Eine große Erweckung
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