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Rebecca

Rebecca

Titel: Rebecca
Autoren: Daphne Du Maurier
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Botenjunge bog um die Ecke. Ein Spatz hüpfte vor dem Auto herum und pickte im Straßenschmutz.
    «Dieser Baker ist offenbar kein Gärtner», sagte Oberst Julyan. «Sehen Sie doch nur, wie er die Büsche über den Zaun wachsen läßt. Die hätten längst gekappt werden müssen.» Er faltete den Plan zusammen und steckte ihn in die Tasche. «Merkwürdig, sich ausgerechnet hier zur Ruhe zu setzen», fuhr er fort. «Unmittelbar an der Hauptstraße und noch dazu von den Nachbarhäusern eingezwängt.
    Mich könnte das nicht begeistern. Aber die Villa hat gewiß einmal eine schöne Lage gehabt, bevor die Neubauten sich dazwischendrängten. Zweifellos gibt’s aber in der Nähe einen guten Golfplatz.»
    Er schwieg eine Weile, dann öffnete er die Tür und stieg aus. «So, de Winter, was meinen Sie, wollen wir jetzt hineingehen?»
    «Von mir aus gern», sagte Maxim.
    Wir stiegen alle aus. Favell schlenderte auf uns zu. «Worauf habt ihr denn gewartet? Daß das Herzklopfen sich beruhigt?»
    Niemand antwortete ihm. Wir gingen durch den Garten zur Haustür, eine bunte Gesellschaft.
    Hinter dem Haus entdeckte ich einen Tennisplatz und hörte den dumpfen Aufprall der Bälle.
    Eine Jungenstimme rief: «Vierzig fünfzehn, nicht dreißig beide. Erinnerst du alter Esel dich nicht mehr an den Ball, den du ausgeschlagen hast?»
    «Sie sind offenbar fertig mit Teetrinken», sagte Oberst Julyan. Er zögerte einen Augenblick, dann läutete er. Die Glocke schlug irgendwo in den hinteren Räumen an. Nach längerem Warten öffnete ein sehr junges Hausmädchen die Tür. Der Anblick so vieler Fremder schien sie etwas zu erschrecken.
    «Doktor Baker zu Hause?» fragte der Oberst.
    «Ja, Sir, kommen Sie bitte herein.»
    Sie führte uns durch die Diele in den Salon, der im Sommer anscheinend nicht oft benutzt wurde. Das Porträt einer sehr einfach aussehenden brünetten Frau hing an der Wand. Ich dachte, ob das wohl Mrs. Baker sei. Die Chintzbezüge auf den Sesseln und dem Sofa waren neu und glänzten. Auf dem Kaminsims standen die Photographien von zwei Schuljungen mit runden, lächelnden Gesichtern. In der Ecke am Fenster stand ein großer Radio-apparat.
    Antennendraht und Verbindungsschnüre hingen an ihm herunter. Favell betrachtete das Porträt; Oberst Julyan stellte sich vor den leeren Kamin. Maxim und ich sahen aus dem Fenster. Unter einem Baum entdeckte ich einen Liegestuhl, aus dem ein Frauenkopf emporschaute.
    Der Tennisplatz mußte auf der anderen Seite liegen. Ich hörte die Jungen einander zurufen.
    Ein alter Scotchterrier kratzte sich mühsam mitten auf dem Gartenweg. Wir warteten etwa fünf Minuten. Ich hatte mich noch nie so gefühlt, so stumpf und leer.
    Dann öffnete sich die Tür, und ein Mann trat ins Zimmer. Er war von mittlerer Größe, hatte ein ziemlich langes Gesicht und ein etwas hervorstehendes Kinn. Sein asch-blondes Haar fing schon an, grau zu werden. Er trug weiße Tennishosen und eine blaue Sportjacke.
    «Entschuldigen Sie bitte, daß ich Sie habe warten lassen», sagte er, ebenso erstaunt wie das Hausmädchen beim Anblick der vielen Besucher. «Ich mußte mir nur schnell die Hände waschen, weil ich gerade Tennis spielte, als es klingelte. Bitte nehmen Sie doch Platz», sagte er zu mir.
    Ich setzte mich auf den nächsten Stuhl und wartete.
    «Sie werden sich vermutlich fragen, was dieser sonderbare Überfall soll, Doktor Baker», sagte Oberst Julyan.
    «Und ich bitte Sie herzlich für uns alle um Entschuldigung. Mein Name ist Julyan. Das ist Mr. de Winter, Mrs. de Winter und Mr. Favell. Sie haben vielleicht jüngst in der Zeitung den Namen de Winter gelesen?»
    «Oh!» sagte Doktor Baker. «Ja ja, ich erinnere mich. Irgendeine Gerichtsverhandlung, nicht wahr? Meine Frau hat den ganzen Fall verfolgt.»
    «Die Geschworenen nahmen Selbstmord an», sagte Favell, vortretend, «und ich halte das für völlig ausgeschlossen. Die verstorbene Mrs. de Winter war meine Cousine, und ich kannte sie von Kind an. Sie wäre nie auf diesen Gedanken verfallen, und außerdem hatte sie auch gar keinen Beweggrund. Und von Ihnen möchten wir gern wissen, was sie ein paar Stunden bevor sie starb, bei Ihnen gesucht hat.»
    «Überlaß das bitte Oberst Julyan und mir», sagte Maxim ruhig. «Doktor Baker hat keine Ahnung, wovon du sprichst.»
    Er wandte sich an den Arzt, der mit gerunzelter Stirn dastand und dessen höfliches Lächeln, mit dem er uns begrüßt hatte, erstarrt war. «Der Vetter meiner verstorbenen Frau ist mit dem
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