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Rebecca

Rebecca

Titel: Rebecca
Autoren: Felix Thijssen
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einen Hauch Lippenstift vielleicht, und wenn sie sich für ihn hübsch machen wollte, noch ein wenig Wimperntusche und einen Tropfen von dem Jasmin-Parfüm, das er ihr zu Weihnachten geschenkt hatte.
    Am liebsten hätte sie sich immer für Roelof hübsch gemacht, aber sie hatte nun mal genauso hart an dem Umbau mitgearbeitet wie alle anderen und so raue Hände bekommen, dass sie sie regelmäßig eincremen musste. Und die Arbeit ging immer weiter, im Haus, im Garten. Roelof hatte ihr alles beigebracht: Schafe versorgen, Lämmer auf die Welt bringen, Hühner schlachten, Holz hacken, Kartoffeln setzen und Unkraut jäten; sie war eine richtige Bäuerin geworden. Anfangs hatte man im Dorf über Roelof und seine viel jüngere Frau geredet. Inzwischen hatte man sich daran gewöhnt, aber auf dem Markt in Leerdam pfiffen ihr die Männer noch immer hinterher. Suzan schaute in den alten Spiegel über dem Waschbecken und grinste sich zu.
    Rebecca stand mit einem Geschirrtuch über der Schulter in der Küche und räumte die Spülmaschine aus. Als Suzan hereinkam, schaute sie sie fragend an.
    »Tja«, sagte Suzan. »Wo ist denn Roelof?«
    »Oben, er hat sich nicht wohl gefühlt.« Rebecca öffnete die Bleiglastür des Geschirrschranks und stellte Tassen hinein. »Er meint, es käme vielleicht von dem Schinken heute Mittag.«
    Suzan öffnete den Kühlschrank und nahm das angebrochene Paket Schinken heraus. »Hat er Durchfall?« Sie dachte an Elena und wie die jetzt womöglich auf der Zugtoilette saß. Schinken konnte so einen grünlichen Perlmuttschimmer annehmen, den hatte der hier auch ein bisschen. Sie roch daran. »Wirf ihn lieber weg«, sagte sie. »Ich gehe mal nach ihm gucken.«
    Rebecca öffnete das Schränkchen unter der Anrichte und ließ den Schinken aus der Verpackung in den Treteimer mit dem Hühnerfutter rutschen. »Ich glaube, er schläft jetzt«, erwiderte sie. »Vielleicht solltest du ihm noch ein Stündchen gönnen. Er war müde.«
    »Okay. Zu müde, was?« Suzan lächelte und Rebecca reagierte mit einem Grinsen. Ihre Vertrautheit erlaubte solche scherzhaften Anspielungen. Viele Leute, besonders ihre Schwester, hatten Suzan eindringlich vor den Schwierigkeiten gewarnt, die ihr bevorstünden, wenn sie in einer Familie die Rolle der Mutter übernähme. Vor allem mit der Tochter könne es Probleme geben. Doch Rebecca hatte Suzan von Anfang an akzeptiert, eine bessere Tochter hätte sie sich gar nicht wünschen können. Und sogar Rob war jetzt so weit aufgetaut, dass er sich an ihrem Geburtstag zu einem Küsschen auf die Stirn durchrang. Vielleicht hatte es deshalb so gut geklappt, weil sie hier gemeinsam neu angefangen hatten, zu viert, in einem anderen Haus, ohne Erinnerungen und ohne Tod. Emma gehörte zu dem alten Haus in Rumpt. Das hier war ein anderes Leben.
    »Ich bereite den Kamin vor«, schlug Suzan vor. »Wir haben uns einen gemütlichen Abend verdient.«
    »Dann kannst du Rob auch gleich mit Sekt abfüllen.«
    Wieder kicherten sie. »Armer Junge«, sagte Suzan. »Wir sollten uns nicht über seine Probleme lustig machen. Und vielleicht irren wir uns diesmal ja auch.«
    Sie ging ins Wohnzimmer. Die Mauer, die früher Wohnzimmer und Küche voneinander getrennt hatte, hatten sie als Erstes herausgerissen. Übrig geblieben war nur eine niedrige Trennwand, auf der Grünpflanzen und das Telefon standen. Auf der Wohnzimmerseite stand ein Sofa und neben dem Durchgang hatte ein dicker, lackierter Baumstamm die Trägerfunktion der Wand übernommen. Der Kamin war zugemauert gewesen und ein Ölofen hatte davor gestanden, aber Roelof hatte im Haus eine Zentralheizung eingebaut und gebrauchte Heizkörper von einer Bank in Geldermalsen erstanden. Den Kamin hatten sie aufgeschlagen, restauriert und mit einem Funkenfänger am Schornstein ausgestattet, weil die Versicherung von offenen Kaminen in Rieddachhäusern nicht gerade begeistert war. Das Haus hatte um sie herum Gestalt angenommen, so lange, bis alles stimmte.
    »Er müsste eine Art Cecile finden, aber mit einem hübscheren Gesicht und mehr Hirn«, sagte Rebecca.
    »Mir hat das Mädchen leidgetan«, sagte Suzan.
    »Wenigstens kam sie von hier und hat die Berufsfachschule für Landschafts- und Gartenbau besucht, die hätte ihm in einer eigenen Gärtnerei mehr genützt.«
    »Das ist aber nicht das Ausschlaggebende.«
    »Ich weiß.«
    »Wie steht’s eigentlich mit dir und der Liebe?«
    »Nichts in Sicht. Niente. Im Moment jedenfalls«, antwortete Rebecca. »Du erlaubst
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