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Rebecca

Rebecca

Titel: Rebecca
Autoren: Felix Thijssen
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Königin in ihrer Kutsche. Robs Hand rutschte über das Glas, als sich der Zug in Bewegung setzte. Er lief ein paar Schritte mit und blieb dann auf dem Bahnsteig stehen.
    Er sah traurig aus.
    Suzan stand von ihrer Bank auf und sie gingen schweigend zur Treppe. In der Unterführung zum Parkplatz hakte sie ihn unter. Er ließ es zu, obwohl er im Gegensatz zu Rebecca meist zurückhaltend war, was Körperkontakt anging. Dabei war sich Suzan durchaus bewusst, dass er sie anschaute, wenn sie aus dem Badezimmer kam oder sich mit Becky draußen auf der Wiese bei den Pflaumenbäumen sonnte. Oder wenn sie an der Anrichte stand, wenn Roelof nach Hause kam, und er seine Hände unter ihren Achseln hindurchschob und sie auf ihre Brüste legte. Da würde ja jeder junge Mann hingucken.
    »Nettes Mädchen«, sagte sie.
    Rob nickte. Er zog seinen Arm weg und sie rannten zum Auto. Sie überlegte, ob sie ihm den Schlüssel geben sollte, aber sie spürte, dass er in seiner niedergeschlagenen Stimmung womöglich in den Fluss fahren würde.
    Sie wartete, bevor sie den Motor anließ. »Möchtest du darüber reden?«, fragte sie.
    Rob schaute sie nicht an. »Worüber?«
    Vor ein paar Wochen hatte er sie nach längerem Herumdrucksen auf den Anbau angesprochen. Ihr war sofort klar gewesen, dass das eine völlig absurde Idee war, obwohl sie Elena da noch nicht kannte, aber sie hatte trotzdem versprochen, sich bei Roelof dafür einzusetzen. Hauptsächlich deswegen, weil sie froh war, dass Rob sich mit einem Problem endlich einmal an sie gewandt hatte.
    Sie ließ den Motor an und fuhr los. »Vielleicht tut sie sich ein bisschen schwer«, sagte sie.
    Rob starrte auf die Scheibenwischer. Der rechte quietschte bei jedem Schwenk.
    »Das ist ein ganz anderes Leben da in der Stadt«, gab Suzan zu bedenken.
    »Sie würde sich schon an das Leben hier gewöhnen.«
    »Aber wenn sie Journalistin werden will …«
    »Ach, das ist doch nur eine fixe Idee.« Suzan sah, wie er die Zähne zusammenbiss. »Ich könnte ja auch nach Utrecht ziehen und in diesem Gartencenter in Overvecht arbeiten.«
    Und nach einem Monat zwischen Hobbyharken, Trockenblumen und Balkontomaten krank werden vor Heimweh nach der offenen Weite, nach dem Pflanzen von Bäumen in Stadtparks und am Straßenrand, zusammen mit seinem Vater, bei Sonnenschein, bei Regen. Sie sagte: »Du bist jung, du kannst noch alles Mögliche aus deinem Leben machen.«
    Rob runzelte die Stirn. Er wurde nicht gern an seine Jugend erinnert. »Ich kenne jemanden, der da arbeitet«, sagte er.
    »Hast du dich denn dort schon mal umgeschaut?«, fragte sie verwundert.
    »Nein, aber ich könnte eine Stelle kriegen.«
    »Wir würden dich vermissen.« Sie rang sich ein fröhliches kleines Lachen ab. »Vielleicht solltest du aber erst mal die Schule beenden. Wenn du wirklich mit Roelof zusammen einen eigenen Betrieb aufmachen willst, brauchst du dein Abschlusszeugnis.«
    »Das mit dem Betrieb ist doch nur ein frommer Wunsch.«
    Schweigend fuhren sie bis nach Acquoy, den Deich hinauf und wieder hinunter. Es war kein Mensch auf der Straße, auch nicht auf dem Achterweg. Das Tor stand offen und Suzan stellte ihr Auto in den Carport neben Roelofs alten Volvo. Rob hielt ihr den Regenschirm über den Kopf, als sie an den Weigelien und den Goldjohannisbeeren entlang zum Haus gingen. Diese selbstverständliche Höflichkeit war Suzan bei Roelof sofort aufgefallen und Rob war genau wie sein Vater. Es lag im Charakter der beiden, auf andere zu achten, sich um sie zu kümmern. Unter dem Vordach gab er ihr den Regenschirm und verschwand durch die Stalltür im Anbau. Lukas lag auf seiner Decke, den Kopf auf die Vorderpfoten gelegt. Der alte Schäferhund bellte nie, auch nicht wenn Fremde kamen, und diesmal machte er sich nicht mal die Mühe, die Augen zu öffnen.
    Es war still in der Tenne, das hohe Rieddach dämpfte das Geräusch des Regens. Susan öffnete den Regenschirm, stellte ihn auf den Betonboden und trocknete sich das Gesicht an dem Waschbecken ab, das in der Tenne angebracht war, damit man sich gleich beim Hereinkommen die Hände waschen konnte und keiner mit dreckigen Stiefeln ihren schönen Wirtschaftsraum betreten musste. Sie kämmte sich. Sie hatte blonde Haare mit einem hübschen Glanz, der nicht aus der Tube kam. Sie war erst vierunddreißig. Sie hatte eine gute Figur und ein attraktives, rundes Gesicht mit vollen Lippen. Sie benutzte wenig Make-up, nicht mehr so viel wie früher, bevor sie Roelof kennen gelernt hatte,
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