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Reagans Satellit

Reagans Satellit

Titel: Reagans Satellit
Autoren: Robert Silverberg
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möchten aus diesem Anlaß einen Riesenrummel veranstalten. Eine Art von Muskelprotzerei, um die asiatischen und afrikanischen Länder zu beeindrucken. Hammond möchte, daß ich die Leitung übernehme. Das ist alles.«
    »Warum du? Hast du nicht genug zu tun?«
    »Ursprünglich war ein Ausschuß damit betraut«, sagte Regan. »Er erwies sich als unfähig. Hammond glaubt anscheinend, ich könne Wunder wirken.«
    »Kannst du's nicht?«
    »Nicht immer. Entschuldige mich bitte.«
    Er verließ den Tisch, ohne das Dessert oder den Kognak anzurühren. Der Lift beförderte ihn hinab in seine Räume, einhundert Meter tief in Gestein. Hier lag sein Allerheiligstes, und nichts und niemand, nicht einmal der Bote des Jüngsten Gerichts, vermochte ihn hier zu stören. Er streifte seine Tunika ab und stieg in ein Vibro-Bad.
    Seine Stimmung von Gereiztheit und Niedergeschlagenheit wich im gleichen Maße, wie die sanfte Massage seinen Körper entspannte. Er gehörte zu den Mächtigen, und das zerrte manchmal an den Nerven. Das Parkett, auf dem man sich als Finanzmann bewegen mußte, war schlüpfrig. Er stand im Weltmaßstab an der Spitze, im Zenit des internationalen Finanzwesens, und kein Weg führte weiter aufwärts. In gewisser Hinsicht war der neue Auftrag eine interessante Herausforderung. Premierminister zu stürzen, wurde auf die Dauer reichlich fade.
    In Denver schlug es Mitternacht, als er sein Schlafzimmer aufsuchte. Er hatte heute so viele Zeitzonen durchquert, daß er keine genaue Vorstellung davon besaß, wie lange er wach gewesen war, aber er war müde. Morgen mußte er in der Global Factors die Zügel straffen.
    Und dann mußte er sich anstrengen, um die Weltausstellung anzukurbeln.
    Nola hatte nicht auf ihn gewartet. Er blickte zu der Rosenholztür hinüber, die ihre beiden Schlafzimmer voneinander trennte, und sah, daß sie verschlossen war. Damit hatte er gerechnet. Er zuckte die Achseln und entkleidete sich. Als er aus dem Fenster schaute, erkannte er am Nachthimmel einen Lichtstreifen, der in scharfem Winkel emporstieg – die Mars-Rakete. Sie verschwand schnell. Viele Grüße an die Marsianer, dachte Regan.
    Er löschte das Licht und schlief einige Augenblicke später mit der gleichen Leichtigkeit ein. Sein Schlaf war tief und traumlos bis zum Morgen – dann, urplötzlich, durchzuckten grelle Phantasien von der Weltausstellung 1992 sein Hirn, das soeben zu erwachen begann.
     

 
2.
     
    Die Global Factors Inc. hauste im höchsten Gebäude von Denver, dem zweiundsechzig Stockwerke hohen Carlin Building, einem schlanken Turm aus Kalkstein und getöntem Glas. Faktorist Claude Regan residierte im obersten Stockwerk und benötigte dafür eine ganze Suite, die auf der Rückseite Ausblick auf die Berge bot und auf der Vorderseite auf das Gebäude der First National Bank. Er hielt seinen Schreibtisch sorgsam aufgeräumt, einmal, weil er das echte, grobe Holz sehen lassen wollte, zweitens, um seine alltäglichen Routinetätigkeiten zu vereinfachen.
    Im Verlauf der letzten eineinhalb Jahrzehnte hatten die Finanzkapitalgesellschaften allmählich die amerikanische Wirtschaft zu lenken begonnen. Dieser Prozeß war jedoch alles andere als beendet. Es hatte mit den Anleihen begonnen, die Firmen regelmäßig bei Banken aufzunehmen pflegten, und nahm seinen Fortgang mit der Ausweitung des Kreditsystems; dann, nach den Rezessionen, leiteten Kreditgeber bedrohte Unternehmen selbst, um eigene Verluste zu vermeiden ... Natürlich war der Prozeß in Wirklichkeit wesentlich vielschichtiger gewesen. Heute jedenfalls, im Spätsommer des Jahres 1990, war die Global Factors Inc. das größte und mächtigste der zwölf Kreditinstitute, die die amerikanische Industrie beherrschten.
    Sie hatten sich zu regelrechten Dachgesellschaften entwickelt. Überall waren sie beteiligt. Gewiß, es gab noch unabhängige Firmen; General Motors war nicht untergegangen, ebensowenig waren es Dupont und IBM. Doch selbst diese Konzerngiganten legten Wert auf ein gutes Verhältnis zu den Kreditinstituten.
    In Denver regierte Regan über ein Imperium, das Außenposten auf allen Kontinenten besaß – auch in der Antarktis. Brauchte da ein Land einen Kredit zur industriellen Entwicklung? Man wende sich an den Mann von Global. Das Kreditgeschäft zahlte sich aus. Der jährliche Profit hatte die Grenze von 40 Millionen Dollar überschritten. Claude Regan war nicht der einzige, der durch das Kreditwesen zu Reichtum gelangt war.
    Aber er besaß mehr als Reichtum.
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