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Raylan (German Edition)

Raylan (German Edition)

Titel: Raylan (German Edition)
Autoren: Elmore Leonard
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fragen. Der wird euch bestätigen, dass ich nicht mit einer Schrotflinte auf eine Frau schießen würde. Würde ich nicht, oder?«
    »Im Normalfall nicht«, sagte Raylan. »Du hast sie doch nicht erschossen, Boyd, oder?«
    »Obwohl du weißt oder bald feststellen wirst, dass ich das Gewehr nicht mal berührt habe«, sagte Boyd, »fragst du mich das? Ich habe nur der armen Marion direkt im Anschluss ihre Medizin gegeben.«
    Raylan sah, wie Jackies Blick hinunter zu Carols Leiche neben dem Bett wanderte und wie sie sich schnell wieder abwandte. Er sah sie zu Ms. Culpepper gehen und deren Hand nehmen, sich hinhocken und mit ihr sprechen – Jackie, die mehr vom Leben wusste als jedes andere dreiundzwanzigjährige College-Mädchen, die als Tochter von Reno schon viel von der Welt gesehen hatte. Was ihr offensichtlich alles andere als geschadet hatte.
    Boyd sagte: »Ich wollte gerade am Tisch die Unterlagen rausholen, die Marion unterschreiben sollte, und plötzlich steht, bamm, die Decke in Flammen, und ich sehe, wie Ms. Conlan gegen das Nachttischchen fällt und dabei alles mit sich reißt. Ich glaube, ihre Seele hat ihren Körper verlassen, bevor sie am Boden aufgeschlagen ist.«
    Raylan sagte zu Boyd: »Ich wette, wenn ich die Wege nachprüfen würde, die du gestern Abend gegangen bist, würde ich mich in einem Waffengeschäft wiederfinden, wo du Munition kaufst.«
    »Und ich wette hundert Dollar, dass dem nicht so wäre«, sagte Boyd.
    »Hast du einen Penner zum Einkaufen geschickt?«
    Boyd sagte: »Jetzt mach mal halblang, Raylan, ja?«
    Raylan gab Jackie ein Zeichen, zu ihm zu kommen. »Was hat sie dir erzählt?«
    »Sie hat gesagt, dass, falls es irgendwen interessiert«, sagte Jackie, »Gott ihr befohlen hat, dieser Frau die Lichter auszublasen, genau wie diese Frau es bei Otis gemacht hatte. Sie hat gesagt, sie habe mit Gott darüber diskutiert und Gott habe ihr gesagt, sie solle sich bloß keine Sorgen machen, sie habe richtig gehandelt.«
    Jackie sah Raylan an und hob die Schultern. Raylan ging zu Carols Leiche neben dem Bett, die vom Hals bis zur Brust blutig war; er beugte sich hinab, drückte der Frau mit zwei Fingern die Lider zu, hockte sich schließlich neben sie und betrachtete sie eingehend.
    Als er wieder stand, winkte er Jackie zu, und gemeinsam verließen sie das Pflegeheim. Er redete noch kurz mit dem Kripobeamten, aber als sie im Auto saßen, schwieg er. Jackie wartete.
    Schließlich fragte sie: »Stimmt was nicht?«
    »Ich habe sie ganz gut gekannt«, sagte Raylan. »So gut, dass sie mir ziemlich unsympathisch war. Sie war mit ihrer Firma verheiratet und hat immer eisern ihren Willen durchgesetzt.«
    »Aber sie tot daliegen zu sehen«, sagte Jackie, »war doch etwas anderes.«
    »Erschossen mit einer Schrotflinte.«
    »Von einer alten Dame. Glauben Sie, sie kommt ins Gefängnis?«
    »Ich bezweifle es. Aber ich weiß gar nicht, welche von beiden mir mehr leid tun soll.«
    »In Indiana sprechen ja alle Hoosier«, sagte Jackie. »Hier hat man das Gefühl, in einem ganz anderen Land zu sein.«
    »Im Land der Kohle«, sagte Raylan. »Carol stammte aus West Virginia, sie hätte es eigentlich wissen müssen.«
    Jackie sagte: »Ms. Culpepper hat gesagt, die Frau vom Konzern sei reingekommen und habe gesagt, wie schön es sei, sie wiederzusehen. Da habe Ms. Culpepper sie erschossen.«
    »Sie hat sich also nicht zuerst gefragt«, sagte Raylan, »was zum Teufel das Ding unter der Decke war, sondern war ganz höflich. Wer hier lebt, lernt was über die Umgangsformen von Menschen. Haben Sie Boyd gehört? Wie er gesagt hat, ›ich würde nie mit einer Flinte auf eine Frau schießen‹? Carol wusste alles, nur nicht, wer wir sind. Wenn sie wollte, war sie gut darin, nach West Virginia zu klingen, aber – und ich kann mich nur wiederholen – sie hatte keine Ahnung, wie wir hier ticken.« Er sah Jackie an und sagte: »Wollen Sie ein Bier trinken gehen? Tut Ihnen vielleicht ganz gut.«

Einunddreißigstes Kapitel
    A ls er erfuhr, dass Raylan und Boyd nicht genügend Geld hatten und Carol Conlan nicht länger zur Verfügung stand, beschloss Harry, die Pokershow als Männer-gegen-Frauen-Spiel zu inszenieren und zu Hause in seiner Pokersuite professionell auf HD-Video filmen zu lassen, als eine Burgoyne Farms Production inklusive Erfrischungen.
    Jackie sagte: »Wir sollen dabei trinken?«
    »Trinken Pokerspieler nicht immer, wenn sie nicht gerade im Fernsehen sind? Ich möchte eine authentische Atmosphäre. Meine
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