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Raylan (German Edition)

Raylan (German Edition)

Titel: Raylan (German Edition)
Autoren: Elmore Leonard
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»Tatsächlich?«
    Jackie dachte sich, dass sie kaum etwas zu verlieren hatte, und sagte: »Harry ist mein Bankier, er finanziert meinen Einsatz bei Pokerspielen, ist ansonsten aber nicht allzu interessiert.« Sie lächelte, um anzudeuten, dass sie nur Spaß machte. »Er hat keine Ahnung, wie wir dastehen.«
    Niemand lachte. Liz sagte: »Wenn du die ganze letzte Woche No Limit gespielt hast, musst du gewonnen haben, sonst hätte dich Harry einfach irgendwo abgesetzt.«
    Harry sagte: »Du lässt mich ganz schön herzlos dastehen.«
    »Ich wette«, sagte Liz, »sie hat schon mindestens hunderttausend auf der hohen Kante.«
    Raylan fragte: »Sie spielen beruflich Poker?«
    Sie sagte: »Weiß ich nicht so genau. Ich probier’s mal aus.«
    »Sie saßen doch kürzlich mit am Tisch«, sagte Raylan, »als es in Indiana eine Razzia gab, oder?«
    Jackie sagte: »Wissen Sie, wie viel ich da verloren habe?«
    Harry sagte: »Mitten im Spiel stecken, wenn plötzlich die Bullen reinplatzen, das will wirklich niemand. Die nehmen das ganze Geld und alle Chips als Beweismittel mit. Was passiert eigentlich hinterher mit der Kohle?«, fragte Harry Raylan. »Vielleicht können Sie mir das ja mal sagen.«
    »Gehört nicht zu meinem Job«, sagte Raylan.
    »Ich wähle die Spiele für Jackie«, sagte Harry, »immer mit großem Bedacht aus. Vorher rufe ich den Polizeichef an, sage ihm, wer ich bin und dass ich ein bisschen pokern möchte, ohne dabei einer Razzia in die Quere zu kommen. Und ich frage immer, ob die Polizei nicht gerade eine Spendenaktion laufen hat, die ich unterstützen kann.«
    Liz fragte Raylan, ob er Zeit habe, etwas mit ihnen zu trinken. Mit Blick auf die Uhr sagte er, er sollte wohl besser zurückfahren. »Wir versuchen gerade, einen Mann ausfindig zu machen, der mich unbedingt erschießen will.«
    Liz sagte: »Ich könnte mir vorstellen, dass diese Männer bei Ihnen Schlange stehen.«
    »Nun ja, manche von ihnen sind auch schon tot«, sagte Raylan und sah Jackie an. »Ich würde gern noch mehr darüber erfahren, was Sie so treiben. Ich habe nie viel Poker gespielt, aber wenn, hat’s mir immer Spaß gemacht. Sie wohnen nicht zufällig gerade hier mit im Haus?«
    »Solange, bis wir uns wieder auf den Pokerweg begeben«, sagte Harry. »Morgen Abend nimmt Jackie es hier in einem großen Spiel um Geld mit ein paar Leuten auf.«
    Raylan fasste sich an die Jackentasche, sagte, »Entschuldigung«, holte sein Handy heraus und wandte sich ab.
    Jackie sah ihm zu und versuchte, sich zu beruhigen – sicher wurde er in diesem Moment auf einen neuen Fall angesetzt, musste sofort los und würde vergessen, dass sie sich aus dem Gefängnis davongemacht hatte. Sie hörte ihn sagen: »Ach komm, das kann nicht sein.« Er entfernte sich ein paar Schritte weit, um besser hören zu können. Sie konnte nicht mehr verstehen, was er nun sagte, aber seine Stimme war eben ein ganz kleines bisschen lauter geworden. Schließlich klappte er sein Handy zu und stellte sich wieder zu ihr, während er zu Liz und Harry sagte: »Tut mir leid, aber die Arbeit ruft.«
    »Der Typ, der Sie erschießen will?«, fragte Liz.
    »Etwas anderes«, sagte Raylan und hielt inne, als müsse er sich erst überlegen, was er eigentlich sagen wollte. »Ich würde gern kurz mit Ms. Nevada allein sprechen, wenn ich darf.«
    Liz sagte: »Sie werden unserem Gast ja wohl keine Handschellen anlegen. Oder?«
    »Ich verhafte sie schon nicht«, sagte Raylan. »Aber es gibt etwas, worüber ich mich gern mit ihr unterhalten würde.«
    Jackie zuckte mit den Schultern, warf Liz einen ratlosen Blick zu und folgte Raylan hinaus in den Flur.
    »Warum gehen wir raus, wenn Sie mich nicht verhaften wollen?«
    »Ich möchte mich mit Ihnen unterhalten«, sagte Raylan. »Als ich zum ersten Mal hier war, meinte ich noch: ›Oh, das bezeichnen Sie also als Wintergarten. Wäre interessant, was für Sie ein Wohnzimmer ist.‹ Daraufhin hat Liz mir erzählt, dassdas Zimmer seit fünfundachtzig Jahren der Wintergarten ist.«
    Jackie blieb stehen. »Wenn Sie mich nicht verhaften, wohin gehen wir dann?«
    »Vergessen Sie Indianapolis«, sagte Raylan. »Ich werde zu Ihrer Anhörung gehen und dem Gericht erzählen, dass Sie bei einem Kredithai in der Kreide stehen, den Sie eigentlich mit den zwanzigtausend verlorenen Dollars auszahlen wollten.« Raylan, der sich weit genug umgedreht hatte, um sehen zu können, dass die Burgoynes sie beobachteten, sagte: »Kommen Sie.« Sie gingen weiter den Korridor
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