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Raus mit der Sprache

Titel: Raus mit der Sprache
Autoren: Ursula Steinbuch
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es schnell zur Gewohnheit; auf Dauer hemmen und unterminieren die daraus folgenden Gefühle und Handlungen das Selbstbewusstsein.
    Ziel des rationalen Denkens ist es, Menschen dazu anzuleiten, Unrichtigkeiten und Ungenauigkeiten in ihrem Denken aufzuspüren, diese zu prüfen und durch vernünftige oder rationale Gedanken zu ersetzen und dann sich selbst und ihre Umwelt realistischer zu sehen.
    Darum geht es auch beim Reden: Denn es ist nicht der Redebeitrag selbst, durch den Sie sich nervös und ängstlich fühlen, sondern es ist Ihre Meinung bzw. Idee über Ihren Redebeitrag. Je extremer Ihr Standpunkt über ein Ereignis ist, etwa »ich darf |44| mich auf gar keinen Fall blamieren«, desto heftiger ist auch Ihr Gefühl, bis zu Panik.
    Wenn Sie dagegen denken, »ich mache es so gut ich kann«, und sich nicht gram sind, sollte Ihnen ein Fehler unterlaufen, dann sind Sie weit entfernt von Panik.
    Der amerikanische Psychologe Ellis hat aufgrund solcher Überlegungen die Rational-Emotive-Therapie (RET) entwickelt, die ich Ihnen jetzt kurz vorstelle.

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Das »ABC-Modell«
    Die RET geht von einem so genannten ABC-Modell menschlichen Verhaltens aus. Vereinfacht dargestellt bedeutet das: Situationen bzw. Ereignisse ( A =
activating events
) aktivieren bestimmte bewusste oder unbewusste Bewertungsmuster ( B =
belief systems
). Diese Bewertungen ( B ) wiederum haben Einfluss auf emotionale, physiologische, verhaltensmäßige Konsequenzen ( C =
consequences
). Werden diese Konsequenzen als belastend oder behindernd erlebt, geht die ABC-Theorie davon aus, dass die Bewertung ( B ) unangemessen, negativ, unrealistisch und nicht zielführend ist.
    Übersetzt man den Satz des Epiktet frei in die RET-Sprache, dann lautet er wie folgt:
    Nicht die Dinge selbst ( A = auslösende Ereignisse) beunruhigen die Menschen ( C = emotionale Konsequenzen), sondern ihre Vorstellungen ( B = Bewertungsmuster) von den Dingen ( A ) führen zu Beunruhigung ( C ).
    Beispiel:
    Sie sind in einem Seminar ( A ) und möchten etwas sagen.
    Sie haben Angst ( C emotional),
    da ist das Herzklopfen, der Kloß im Hals ( C physiologisch),
    |45| und Sie kriegen den Mund nicht auf ( C verhaltensmäßig). Aber A ist nicht der Auslöser für C , sondern für bestimmte Gedanken, Vorstellungen, Erinnerungen, Bewertungen, und erst dieses B produziert oder ist mitverantwortlich für C .
    Wenn Sie also in einem Seminar sind ( A ) und etwas sagen möchten und in Ihrem Kopf Gedanken durcheinander schwirren wie

    ( B )
ich werde rot,
meine Stimme zittert,
die anderen kriegen meine Unsicherheit mit,
ich werde stottern, keinen vollständigen Satz rausbringen,
es ist so banal, was ich zu sagen habe, ich muss etwas Tolles sagen,
die anderen werden mich kritisieren,
ich werde mich bis auf die Knochen blamieren,
    dann könnten Sie sich auch sagen: »Na und?«, und es gäbe kein Herzklopfen, keine Schweißausbrüche.
    Es kommt noch etwas hinzu: Wenn das unter B Aufgeführte passiert, wird es als entsetzlich, schrecklich, schlimm, peinlich bewertet. Es darf nicht sein!
    Die Konsequenz ist Angst und Schweigen ( C ).
    Es ist die Bewertung, die als Konsequenz Angst und Schweigen auf den Plan ruft.
    Nun könnten Sie sich sagen: »Dann schweige ich eben.«
    Aber das Problem ist nicht vom Tisch, denn es gibt ein Danach, und da lösen die Angst und Ihr Schweigen ( A ) ihrerseits negative, belastende Gefühle aus, zum Beispiel Ärger, Wut, Unzufriedenheit ( C ), weil Sie sich vorwerfen,

    B
ich hätte mich nicht drücken sollen,
ich werde es nie schaffen,
so gut wie X hätte ich es auch sagen können.
    |46| In der Seminar-Situation ( 1. ABC ) sagen Sie sich: Weil all das passieren könnte und es entsetzlich peinlich wäre, kann ich nichts sagen, schweige ich.
    Danach, wenn das Seminar vorüber ist ( 2. ABC ), verlangen Sie von sich: »ich hätte etwas sagen sollen« – das ist ein Widerspruch. Nun haben Sie zwei Probleme: die
Angst
und den
Ärger
.
    An dieser Stelle frage ich Sie: Was meinen Sie, welches von den beiden Problemen das gravierendere ist?
    Bevor Sie weiterlesen, notieren Sie hier Ihre Antwort und die Begründung dazu.
    ...............................................................................................................
    Es ist das Problem mit dem Ärger. Es besagt: Sie ärgern sich, dass Sie Angst haben, denn Sie wollen die Angst nicht haben. Das Problem Ärger verhindert, dass Sie sich mit dem eigentlichen Problem Angst auseinander setzen. Statt
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