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Raus aus dem Har(t)z IV!

Raus aus dem Har(t)z IV!

Titel: Raus aus dem Har(t)z IV!
Autoren: Diana Meier
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Gewerbeschein entgegen. Leicht Kopfschüttelnd angesichts dieser Bürokratie verließ ich das Gewerbeamt. Warum durfte ein Beruf oder eine Tätigkeit keinen Spaß machen? Wurde einem der Spaß an der Arbeit nicht gegönnt? Der Geist Bismarcks schien immer noch durch die Ämter zu streifen und darauf aufzupassen, dass die Heerschar von Beamten den Soll erfüllt und sich abhebt von der Masse. Warum konnte man nicht beglückwünscht werden, dass man sein Leben in die Hand nehmen wollte? Warum nicht motiviert und unterstützt? Eine seltsame Kultur ist das. Der nächste Weg führte mich zum Finanzamt. Irgendwo hatte ich gelesen, dass ich eine Steuernummer brauchen würde, wollte ich nicht die Schergen der Geldeintreiber mit dem Abzeichen des Finanzamtes eines Tages in der Tür sehen. Vater Staat verstand da ja keinen Spaß. Mutter Erde gibt einem das Leben, Vater Staat sorgt dafür, dass es keine Freude bereitet. Gerechte Lastenteilung, fast wie in einer richtigen Beziehung. Schon bei der Frage nach dem Formular, um die Steuernummer beantragen zu können konnte ich wieder diese Maschinerie des Staates erleben, die alles daran setzt, die Dinge unter Kontrolle zu halten. Ich fragte mich dabei ernsthaft, warum Menschen überhaupt noch die eigene Existenz in die Hand nehmen sollten, wenn ihnen so viele Hürden auf den Weg geschmissen werden. Kann man die Leute nicht einfach machen lassen. Selbstständig heißt doch „selbst“ und „ständig“, warum also nicht die Menschen tun lassen, wie sie meinen es sei richtig? Wenn ich mir überlege wie demotivierend diese Gänge hier waren, hätte ich ernsthaft ins Zweifeln kommen können, ob das überhaupt der richtige Weg war und warum ich nicht lieber einfach aufhören und mich wieder zurück in die Hände der staatlichen Fürsorge in Form meiner persönlichen Betreuerin Frau Schimmelpfennig begeben sollte. Dieser Behördenmarathon glich schon fast einem Spießrutenlauf und als die Schnalle im Finanzamt mir dann ernsthaft die Frage stellte, wie viel Umsatz ich denn im ersten Jahr machen würde, platzte mir schon wieder der Kragen: „Woher soll ich das denn wissen? Ich möchte mich im An- und Verkauf von Antiquitäten selbstständig machen und nicht als Hellseherin auf dem Jahrmarkt belustigen.“ fuhr ich sie an. „Aber wir müssen das wissen.“ antwortete sie in einer Routine, die mich wissen ließ, dass ich nicht die Erste war, die angesichts dieser Frage die Kontrolle verlor. Ob sie selbst die Unsinnigkeit dieser Frage erkannte? „Aber junge Frau,“ versuchte ich die Fassung wieder zu erlangen und zu bewahren, „wie kann ich denn wissen, wie viel Umsatz ich im ersten Jahr machen werde, wenn ich doch gerade anfange.“ „Aber wir müssen das fragen. Können sie nicht schätzen?“ fragte sie mich, den Stift über dem entsprechenden Feld im Formular schon kreisend, auf das er endlich eine Zahl eintragen könnte. „Ich brauch doch nur eine Steuernummer, um nicht später Ärger zu bekommen. Ich fange gerade erst an, also woher soll ich wissen, wie viel Umsatz ich im kommenden Jahr machen werde?“ meine Logik biss auf Granit. Scheinbar war mein Horizont nicht groß genug für diese Welt innerhalb der grauen Mauern des Finanzamtes. Musste heute jeder, der eine Steuernummer braucht, die Kristallkugel bedienen können? „Wenn wir nicht wissen, wie viel Umsatz sie machen werden, können wir sie nicht schätzen.“ Wie schätzen? Fragte ich mich selbst. Wieso soll ich den  geschätzt werden? Ist das der Schalter für Menschenhandel? Soll ich an irgendeinen Scheich verscheuert werden? Als Reparationszahlung für die Sünden der Generation vor mir irgendwohin ausgeliefert werden? „Was wollen Sie denn schätzen?“ fragte ich erneut, dieses Mal laut. „Um dann den Steuerbescheid zusenden zu können.“ wieder eine Antwort, die auf viel Routine schließen ließ. „Aber warum können Sie mir denn nicht den Bescheid zusenden, wenn ich weiß, was ich verdient habe?“ ich versuchte es noch einmal mit Logik, fast schon ahnend, dass diese hier fehl am Platze war. „Bei Neugründungen schätzen wir immer.“ „Gut,“ resignierte ich, „tragen Sie zehntausend Euro ein.“ Ich dachte, bei einer niedrigen Zahl fällt der Steuerbescheid, der scheinbar schon im Druck war und nur noch darauf wartete, den Überweisungsträger anzuheften, etwas geringer aus. „Bei dieser Summe gehen wir von Liebhaberei aus. Damit bekommen Sie keine Steuernummer.“ Ihr Grinsen spaltete fast das
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