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Raumkapitän Sun Tarin

Raumkapitän Sun Tarin

Titel: Raumkapitän Sun Tarin
Autoren: Alfred Bekker
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Ordnung zu bringen.
    Es wird sich zeigen, wie die Menschheit da hineinpasst. Ob sie ein Werkzeug der Göttlichen Ordnung oder des Chaos wird. Und es mag sein, dass ich dann jenen im Kampf gegenüberstehen werde, die ich bei den Menschen als Freunde gewann.
    Ich tat es schon einmal. Als Rekrut, als Raumkapitän, für kurze Zeit sogar als Mitglied der Seraif-Elite. Aber Letzteres ist ein anderes Kapitel, über das ich jetzt nicht berichten möchte. Manches bleibt für immer verschlossen. Und das ist gut so.
    Doch für anderes ist jetzt die Zeit da, es zu offenbaren.
    Mein Ungeschick und meine mangelnde Begabung dabei möge man mir verzeihen.
    Es werden andere kommen und es mir gleichtun, davon bin ich überzeugt.
    Und sie werden sicher auch aus meinen Fehlern lernen.
     
     
    Trotz der Zuneigung, mit der ich über die Menschheit schreibe, vergesse ich eines nie: Sie ist ein Teil des Heidentums. Aber das bedeutet nicht, dass es unter den Menschen nicht auch Religionen gäbe, selbst wenn ihre Kraft und ihr theologisches Niveau vielleicht nicht mit der jahrtausendealten Hochkultur unserer eigenen Theologie vergleichbar sind.
    Auch wenn der Materialismus unter den Menschen vorherrscht, so haben sich doch Gruppen erhalten, die ebenfalls an Gott glauben, auch wenn sie ihn nicht auf dem richtigen Weg suchen oder ihn falsch verstehen. Aber für Wesen, die von Gott nicht auserwählt wurden, sind diese spirituellen Bemühungen schon ganz beachtlich.
    Zumindest in einem Punkt könnten wir vielleicht von ihnen lernen. Sie billigen dem Schicksal des Einzelnen ein stärkeres Gewicht zu und beziehen genau daraus die Kraft ihrer zugegebenermaßen primitiven religiösen Vorstellungen.
    Vielleicht hat unser Glaube diese Kraftquelle allzu lange übersehen …
    Ich weiß, dass dieser Satz für manche schon an Häresie grenzt, und erst die Machtübernahme des Predigers Satren-Nor machte es überhaupt möglich, ihn gefahrlos zu formulieren und abzuspeichern – scheint er doch ganz auf dessen Linie zu liegen.
    Aber ich würde auch den Konservativen unter uns anraten, darüber zumindest nachzudenken. Jene Konservativen, zu denen ich mich selbst auch rechne, denn ich habe keineswegs die Beendigung des Krieges begrüßt und wäre durchaus glücklicher, unter der direkten Herrschaft des Raisa zu leben anstatt unter der eines Predigers, der für den Moment vielen kriegsmüden Kriegern aus dem Herzen gesprochen haben mag – der aber meiner Ansicht nach auf Dauer die Bestimmung unseres Volkes verrät.
    Eine Bestimmung, die wir uns nicht selbst ausgesucht haben.
    Eine Bestimmung, die uns vom Höchsten auferlegt wurde.
    Das Schicksal der Gambano sollte uns eine Warnung sein, was mit jenen geschieht, die sich dieser Bestimmung zu entziehen versuchen. Unter den Menschen nennt man sie die »Toten Götter«. Eine passende Bezeichnung, auch wenn sie ursprünglich nicht von Menschen, sondern von den fischähnlichen Intelligenzen des Tardelli-Systems { * } die sich selbst Fash'rar nennen, stammt.
    Die Gambano wollten selbst Götter sein und wurden vom Antlitz des Universums getilgt. Überall sind ihre Hinterlassenschaften noch zu sehen. Wie glitzernder Tand wirken diese Artefakte, die schon auf so mancher Welt entdeckt wurden, welche man dem Imperium eingliederte.
    Die Menschheit jagt dem Rätsel nach, das diese »Toten Götter« für sie darstellen. Sie begreifen ihr Vorhandensein in fernster Vergangenheit nicht als einen Aufruf zur Demut, sondern als eine Anstachelung ihres eigenen Verfalls, was ihre sittliche Minderwertigkeit beweist.
     
     
    »Du solltest den Weg des Kriegers gehen«, sagte mein Onkel in jenem Augenblick zu mir, als wir auf dem Balkon des Wohnturms standen und in Richtung des Heiligen Gebirges blickten.
    Er hatte mir das schon so oft gesagt. An die meisten Gelegenheiten erinnere ich mich gar nicht mehr, so häufig geschah dies. Eigentlich immer dann, wenn er von seinen Einsätzen in den heimatlichen Wohnturm in Matlanor zurückkehrte.
    In meiner Jugendzeit hatte er mich damit gequält. Später, als ich selbst Tanjaj wurde, überschnitten sich unsere Urlaubszeiten Gott sei Dank nicht mehr so oft.
    An diesen Moment auf dem Balkon und im Angesicht des Heiligen Gebirges erinnere ich mich deshalb so genau, weil es das erste Mal war, dass ich es wagte, ihm offen zu widersprechen.
    »Genau das tue ich doch«, sagte ich und konnte dabei nicht verhindern, dass sich meine Schnabelhälften geräuschvoll aneinanderrieben und sich meiner Kehle
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