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Rau, aber zaertlich

Rau, aber zaertlich

Titel: Rau, aber zaertlich
Autoren: Julie Elizabeth Leto
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Sydney und zog eine unordentliche Sammlung von Papieren aus ihrem Rucksack, die förmlich von violetter Tinte, Sydneys bevorzugter Korrekturfarbe, übersät waren. Da Sydney Termindruck gehabt hatte, war sie nicht dazu gekommen, die Probekapitel zu lesen, bevor Devon sie ihrer Lektorin schickte. Offenbar war Sydney ebenso wenig von ihrem Text angetan wie die Lektorin.
    Vorsichtig hob Devon einige Blätter an. "Wow, so gut hat es dir gefallen?" Sie war versucht, alles in den Müll zu schmeißen, wusste andererseits aber auch, dass ihre Freundin nur helfen wollte. Und Hilfe konnte sie wahrhaftig gebrauchen.
    Sydney und sie arbeiteten schon seit Jahren zusammen, indem sie ihre Werke gegenseitig redigierten und kritisierten. Aber bisher war Devon dabei nie in Sydneys Spezialgebiet geraten. Sydney schrieb historische Romane, die im unzüchtigen elisabethanischen Zeitalter spielten. Devon hatte viele Stunden damit zugebracht, sich von dem lüsternen, wilden Sex in Sydneys Büchern faszinieren zu lassen, und dabei nicht selten vergessen, auf Rechtschreibung und Grammatik zu achten. Oft hatte sie davon geträumt, eines Tages so sein zu können wie Sydneys Heldinnen, die allesamt tolle rothaarige oder schwarzhaarige Frauen waren, die irgendwie die finstersten Ritter oder gefährlichsten Piraten zähmten und mit wahrer Liebe belohnt wurden.
    Devon hatte sich glücklich geschätzt, nicht wochenlang in staubigen Bibliotheken monarchische Handstreiche oder Unterwäschemoden des sechzehnten Jahrhunderts recherchieren zu müssen. Natürlich verbrachte sie auch viel Zeit damit, Informationen über Ermittlungen in Kriminalfällen zusammenzutragen und über die verschiedenen Möglichkeiten, jemanden zu ermorden, ohne sichtbare Beweise zu hinterlassen. Aber das war immer noch interessanter als Korsetts und Mieder, oder?
    Inzwischen war sie sich nicht mehr sicher.
    „Devon, Schätzchen, du steckst wirklich in Schwierigkeiten." Sydney schlug locker die Beine übereinander und nahm einen großen Schluck Kaffee.
    "Momentan würde ich sogar behaupten, die Lage ist aussichtslos. Hast du schon von deiner Lektorin gehört?"
    Devon tauschte das mit violetter Tinte verunstaltete Manuskript gegen das Fax ein.
    Sydney nickte, während sie das Schreiben las. "Ja, ich stimme ihr zu. Auch mir gefallen die Sexszenen ganz und gar nicht."
    "Tja, dann sind wir uns ja alle einig."
    "Heißt das, dass dich der Sex auch nicht erregt hat?"
    "Selbstverständlich nicht!"
    "Siehst du, Devon, genau das ist dein Problem. Was meinst du, wie aufgewühlt ich bin, wenn ich diese stürmischen Szenen schreibe! Erst gestern Morgen habe ich eine besonders erotische Szene beendet und ... sagen wir einfach, dass mein Nachbar über mir jetzt ein sehr glücklicher Mann ist."
    "Du treibst es mit dem Nachbarn über dir? Der ist doch erst was? Zehn?"
    Sydney zog ihre bleistiftdünnen Brauen hoch. "Er ist dreiundzwanzig, aber meinetwegen könnte er auch achtzehn sein. Wenn er sich eine
    Eigentumswohnung über meiner leisten kann, dann kann er mir auch helfen, meine sexuelle Energie abzubauen. Jemand wie er ist genau das, was du brauchst."
    "Ein reiches männliches Spielzeug?"
    Sydney grinste vielsagend. "Reich, arm, jung, alt - das spielt überhaupt keine Rolle. Du brauchst einen Mann. Ich habe immer gesagt, es gibt nur zwei Dinge, die eine Schriftstellerin braucht, um eine gute Liebesszene zu schreiben. Erstens muss sie selbst eine Liebesszene erlebt haben, und zweitens muss sie sie genossen haben. Wir wissen beide, dass das auf dich nicht zutrifft."
    "Du liebe Zeit, Syd, müssen wir schon wieder damit anfangen?"
    Statt einer Antwort wedelte ihre Freundin nur mit dem Fax. "Was glaubst du, wie oft sie dich noch um Änderungen bitten werden, ehe sie das Angebot zurückziehen? Der Vertrag ist noch nicht unter Dach und Fach. Dein Agent wird sich nicht für dich einsetzen, wenn du es nicht schaffst. Deine Lektorin muss deine ersten Kapitel absegnen, bevor sie mit dem Riesenvorschuss rausrücken, oder?"
    Devon nickte. Sie wusste, dass ihre Lektorin bis jetzt äußerst geduldig gewesen war, hauptsächlich weil sie vor Jahren einen der ersten Krimis von Devon herausgebracht hatte, als sie noch für einen anderen Verlag gearbeitet hatte. Und der jüngste. Entwurf war Devons zweiter erfolgloser Versuch. Früher oder später würde es mit der Geduld vorbei sein. Verleger wollten schließlich mehr Geld verdienen als ausgeben. Wenn sie beabsichtigten, eine Million Dollar zu zahlen,
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