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Ratings, Ratings, Ratings (German Edition)

Ratings, Ratings, Ratings (German Edition)

Titel: Ratings, Ratings, Ratings (German Edition)
Autoren: Silke Brocks
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dank wagamama-Getröste, sondern weil eine interessante Arbeit auf mich wartete.
    Zur Feier des Tages beschloss ich einen Umweg zu gehen und mir draußen ein wenig die Beine zu vertreten. Trotz Regen und einem Thermometer, das heute nur 25 Fahrenheit anzeigte. Ich weiß auch heute, nach all den Jahren hier, noch nicht, wie viel das in Grad Celsius eigentlich ist.
    In knapp 20 Metern Entfernung stand das nächste Büromonster und ich hielt drauf zu. Ziele muss man halt haben. In diesem Fall ist der Weg dahin aber das Ziel. Im Schutz der Türme war der Regen auch ganz gut zu ertragen. Einige wenige huschten hier draußen herum, und als ich aus meinem Mantelkragen ein wenig raus lugte, entdeckte ich Felix.
    Ja, Felix. Genau, der Felix. Mein Herz hörte vor Freude auf zu hoppeln.
    Ich nickte ihm zu. „Du?“, erkannte er mich immerhin nach so langer Zeit ungläubig.
    „Ja, ich“ , sagte ich cool und streckte dabei den Busen raus und fuhr den Bauch noch weiter ein.
    Wieder blickte er mich an, und wieder grinste ich sexy und cool. Ich bin mir sicher, dass das Schicksal ist. Dass ich Felix in dieser großen Stadt treffe. Einfach so. Das bringt mir Mut.
    „Was machst du denn hier?“ , fand er schließlich seine Sprache wieder.
    „Ich arbeite hier und das auch schon lange“, sagte ich voller Stolz.
    Nach fünf Minuten weiteren Geplänkels eiste ich mich los. Ich bin ja schließlich wichtig und musste zu einem ebenso wichtigen Meeting. Und sowieso: Wir hatten uns für Freitag verabredet. Ein Traum wird wahr. So wie sonst immer im Film, aber dieses Mal in meinem echten Leben.
    Ich hatte gerade mit neuem Elan zwei weitere Ratings geprüft, da kam John auch schon wieder angetrabt. „Los“, sagte er, „das Komitee beginnt doch schon heute“. Innerhalb von einer Minute war ich in Rom angekommen. So schimpft sich unser Meeting-Raum hier. Paris und New York gab es auch noch. Solche Namen (oder Kühe, die wie Schafe in Meetings zur Bespassung mähen) kann man nur als gelangweilter Sesselpfurzer erfinden und sie trotzdem nicht lustig finden.
    Wir, insgesamt 1 0 Kollegen, 8 mit Stimmrecht für das Komitee, saßen um den riesigen Tisch und machten uns ans Werk. Schlau gucken, schlau sprechen, noch wichtiger gucken, Finger hoch – schon war das erste Rating abgestimmt. Dieses Mal hatte Mac die Sache im Griff und John zieht überraschenderweise auch brav mit.
    „Wir haben hier als nächstes eine italienische Firma. Italien s Rating ist gerade runtergestuft worden, damit wird sicherlich auch dieses italienische Unternehmen von einer Runterstufung betroffen sein.“
    Klar ! So einer ist das also.
    Aber da lag er falsch, wie erst k ürzlich ein italienisches Versicherungsunternehmen gezeigt hatte.
    John lie ß es sich trotzdem nicht nehmen, rumzuschleimen, und als er dann auch noch sein portugiesisches Unternehmen mit Bravour in die Bredouille brachte, wurde mir bewusst, was für ein kleines unbedeutendes Tier ich doch war. Trotz meines Wissens.
    Ich streckte mich und reckte den Nacken samt Kopf Richtung Fenster und beobachtete, wie gegenüber in dem Turm, auch ein Meeting stattfand.
    Die Hände in meinem Raum hatten gerade einstimmig eine Herunterstufung beschlossen.
    Ich habe kein Stimmrecht. Aber arbeiten muss ich trotzdem. John lobte mich gerade. Oder? Nein, tat er wirklich. Ein wahres Wunder! Auf einmal gab er zu, dass ich diese Bedenken mit den Staatsanleihen auch schon hatte und wir das ganze gestern schon diskutiert hatten. Auf einmal kann er doch imponieren. Mit meinem Wissen.
    „Ja, das stimmt“, rief ich ganz aufgeregt in den Raum. Und zu John „Soll ich meine Bedenken erläutern?“. Als hätte ich diese Rede geübt und nur darauf gewartet, sie endlich halten zu dürfen. Ich bewies allen, dass ich aktiv mitdenke und meinen Job liebe. Ich stand schon fast auf dem Tisch, als John schon wieder was anderes zu sagen hatte. Mittlerweile halb k.o. hob ich bei der nächsten Abstimmung einfach die Hand.
    „Du hast keine Stimme, aber du bist echt eine Schlaue“, holte Mac mich mit einem Stich in die wunde Stelle in die Realität zurück. Ich, das kleine Tier, platzte fast vor Stolz, als das Komitee meinen Rating-Vorschlag annahm. Zusammen mit John stellte ich die nächsten Ratings vor. Ich! Ohne Stimmrecht, und wie gesagt, auf der Karriereleiter so weit unten, dass ich noch nicht mal eine jährliche Bonus-Zahlung bekam, auch wenn ich wöchentlich 70 Stunden und mehr knechtete.
    Die kalte Klimaanlagenluft änderte sich
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