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Ratings, Ratings, Ratings (German Edition)

Ratings, Ratings, Ratings (German Edition)

Titel: Ratings, Ratings, Ratings (German Edition)
Autoren: Silke Brocks
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anderem. Meine Erkenntnis ist heute das Drama schlechthin. Gestern war ich noch glücklich gewesen, dass mich mein Chef angehört hatte und ich bei den Kollgen punkten konnte. Heute würde ich meine Arbeit allerdings am liebsten abgeben.
    Auch die Deutschen waren teilweise betroffen. Seit der 2002er Finanzkrise investierten sie noch heute wenig in Aktien, aber dafür umso mehr in sicherere Staatsanleihen. Und um nicht von einem erneutem Einzelmisserfolg (sprich Aktiencrash) abhängig zu sein, gab es viele davon. Staatsanleihen für alle Länder, die es schon getroffen hatte. Staatsanleihen für osteuropäische Länder dazu.
    Sie dachte echt nur noch an ihre Ratings, sie dachte darüber nach, ob es nicht besser wäre, dies zu ändern, oder das zu ändern. Und das nach dem ganzen Gerackere der letzten Wochen.
    Die Ratings hatten sie mehr als gekitzelt. Sie war zum Rating-Junkie geworden.

6
                   Ich saß schon wieder seit 2 Stunden in der U-Bahn. Dieses Mal gab es einen Koffer, der niemandem gehörte und Grund für die Verspätung war. Handy-Empfang hatte ich hier unten nicht, konnte damit auch meinem Chef nicht mitteilen, dass ich später kommen würde. Eine Viertelstunde später quälte sich die U-Bahn ein paar Meter weiter, immerhin aus dem Tunnel heraus. Hier hab ich dann auch wieder Handy-Netz. „Komm heute ein wenig später“, hörte sie sich sagen. Stecke fest in der Tube“.
    Wer in London wohnt, lernt schnell, dass es immer die Tube ist, wenn man zu spät ist. Dieses Mal stimmt es aber wirklich. Sie hatte nicht länger im Bett gelegen und einfach mal ausgeschlafen!
    Canary Wharf Station sah sehr futuristisch aus. Die Haltestelle bestand aus Rolltreppen und noch mehr Rolltreppen, die noch tiefer in der Erde lagen, als man anfangs vermutete. Nichts war unten mehr von oben zu sehen oder zu riechen. Büroangestellte in Anzügen kriechen müde aus der U-Bahn raus und abends wieder rein. Mit aufgelockerten Krawatten dann. So sieht halt Alltag aus. Hier arbeiteten die Sklaven dieser Zeit, verkauften tagein tagaus ihre Seele.
    Am auffälligsten war, dass hier kaum Alte rumliefen, aber auch keine Kinder. Die Altersklasse 20 bis etwa 55 war hier vertreten. Die Universität hat man in England halt früh geschafft und Rente scheint es hier auch noch gut zu geben.
    An diesem Morgen kam ich fast eine Stunde zu spät um zehn ins Büro, war aber seit 7 Uhr 30 auf den Beinen. Ich fühlte mich schon vor der Arbeit total müde und ausgelaugt und als der Computer hochgefahren war, kam mir dieser Tag mit einem Mal wie der Vortag vor.
    Ich war angekommen im Film „Und ewig grüßt das Murmeltier“, und das sogar mit einer Hauptrolle. Selbst mein Kollege John schien denselben schlecht sitzenden blauen Nadelstreifenanzug von gestern zu tragen. Dabei schien er heute sehr frustriert zu sein, denn er kam nicht aus seinen Stall als draußen vor seiner Tür die Kaffeemaschine brodelte und zischte, sondern hockte weiter mit hängenden Schultern an seinem Tisch. Aber auch das machte mich heute nicht glücklich.
    Auch die Erinnerung an das erfolgreiche Meeting von gestern ließ meine Stimmung nicht steigen. Dabei hatte ich mich so auf diesen Erfolg gefreut. „Wir müssen das Alles überarbeiten“, sagte Chris hinter der Wand ins Telefon. Mit „wir“ meinte er natürlich auch mich.
    Zehn Leute sind in diesem Projekt eingesetzt. Und daher blieb an diesem Tag nicht nur ich lange im Büro. Trotzdem fehlte mir heute jegliche Euphorie. Ich dachte an nichts mehr, suchte nur noch automatisch nach dem Wort Staatsanleihe, denn bald werden diese die Ratings nicht mehr automatisch verbessern.
    Immer wieder muss ich an die Herunterstufung der USA denken. Der arme Barack Obama. Aber selbst er musste den Notstand in seinem eigenen Land mittlerweile gesehen haben. Die Kranken dort werden schlimmer als schlimm behandelt. Das hatte ich selbst im Fernsehen gesehen. Der Grund war nicht nur, dass die Mehrheit der Amerikaner keine Krankenversicherung hatte, aber deren zunehmende Verschuldung. Und dafur können sie nicht einmal was. Sie werden einfach so erzogen. Kaufe auf Pump, dann bist du was. So lautet das Motto drüben. Ich hatte selbst mal in Amerika gelebt und keinen Kredit bekommen, da ich noch nie einen gehabt hatte und mich daher auch nicht verschulden konnte, da ich damitnicht kreditwürdig war. Hierzulande würde man für so ein Verhalten an den Pranger gestellt werden, drüben halt nicht.
    Einfacher ging es für die
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