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Ratgeber Parkinson

Ratgeber Parkinson

Titel: Ratgeber Parkinson
Autoren: Bernd Leplow
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gehörten früher nicht zu meinem Repertoire?
    Die Situation des Parkinson-Patienten erzwingt oft eine Veränderung der Lebensziele . Häufig dreht sich das Leben vorwiegend um die Erkrankung und ihre Behandlung. Um angenehme, dauerhaft tragfähige Verhaltensweisen aufzubauen, müssen sich zunächst beide, der Betroffene und der Angehörige, die Frage vorlegen: „Was geht eigentlich gut ?“ beziehungsweise: „Was ist angenehm in unserer Lebenssituation?“ Dann kann an die Lösung der Probleme gegangen werden. Dieses erfolgt am besten in neun Schritten (vgl. Tabelle 2 ).
    Tabelle 2: Aktivitätsplanung in neun Schritten
Empfohlener Schritt
Beispiel bei Angehörigen
1.  Freie Beschreibung des Problemverhaltens.
„Ich fühle mich wie eine Marionette!“
2.  Auswahl eines konkreten Teilproblems.
„Ich würde gern mal wieder bummeln gehen!“
3.  Konkrete Beispielsituationen eruieren.
„Zum Beispiel gestern mit meiner Freundin Erika“
4.  Auslösende und aufrechterhaltende Bedingungen identifizieren.
–  Was war gestern konkret für eine Situation?
    –  Wie ging es meinem Mann? Was hat er getan?
    –  Welche Gedanken gingen mir durch den Kopf (z. B. schlechtes Gewissen etc.)
    –  Welche negativen Konsequenzen habe ich befürchtet?
    –  Was habe ich dann getan und wie ging es mir dabei?
5.  Verhaltensnahe Zielbeschreibung.
Beispiel: Nachmittagsaktivität mit einer Freundin.
6.  Verschiedene Lösungswege entwickeln ohne sie zu bewerten, mögliche Vor- und Nachteile auflisten.
„Was“, „Wann“, „Wo“, „Wie“ etc.?
7.  Alternativen nach Machbarkeit sortieren, eine Lösung auswählen.
Beispiel: Mit der Freundin Kaffee trinken gehen.
8.  Vorgehen in kleinen Schritten.
Genaue Planung: Uhrzeit, Dauer, Absprachen etc.
9.  Bestärken auch kleinster Fortschritte.
Beispiel: „Wohlfühltagebuch“, weitere Planungen etc.
    Derartige Aktivitätsplanungen erscheinen auf den ersten Blick trivial, doch gehen sie in den typischen (Überversorgungs-)Situationen leicht unter. Und die Gestaltung neuer, möglichst gemeinsamer Aktivitäten mit hohem Befriedigungswert findet oft überhaupt nicht mehr statt. Wichtig ist, dass bei derartigen Planungen an den Aktiva der Lebenssituation angeknüpft wird. Deshalb ist es essenziell, dass sich der Blick der „Parkinson-Familie“ nicht nur auf das Negative, auf die Krankheit und die mit ihr verbundenen Behandlungsnotwendigkeiten richtet. Stattdessen erfordert es oft einen besonderen Anstoß, das Nicht-Defizitäre, das Positive und gut Gehende zu beachten. Hilfreich ist hierfür wiederum eine Beachtung möglicherweise kontraproduktiver Kommunikationsstrategien:
    Beispiel
    Partnerin: „Erwin, es ist 12.00 Uhr!“
Parkinson-Patient: „Ich bin doch kein Kleinkind!“
    Nach diesem Muster verlaufen nicht wenige „Gespräche“ in Familien, in denen eine Person einen hohen Betreuungsaufwand erfordert. Die sicherlich freundlich gemeinte, aber nur indirekt vorgetragene Erinnerung an die Tabletteneinnahme induziert beim Betroffenen ein Gefühl der Unselbständigkeit und führt zu mehr oder weniger versteckt geäußerten Aggressionen. Hier hilft eine kurze Besinnung auf die Grundregeln der menschlichen Kommunikation. Dabei helfen vier Fragen:
    –   Was hat jemand konkret gesagt?
    –   Was denke ich, was er damit gemeint hat?
    –   Welcher Appell steckt wohl hinter der Äußerung?
    –   Was sagt er über sich selbst aus?
    Im genannten Beispiel könnte es sein, dass der Betroffene dachte , seine Frau wollte ihn an die Medikamente erinnern (seine Reaktion spricht zumindest dafür), sie würde sich dabei wie eine „Oberschwester“ aufführen und würde seine Kompetenzen insgesamt nur noch auf der Ebene eines „Kleinkindes“ angesiedelt sehen. Hilfreich ist es in solchen Situationen, statt mit Vorwürfen zu reagieren (z. B. „Du führst dich auf wie …!“; Du behandelst mich wie ein …“ etc.), konkret nachzufragen: „Wie hast du das gemeint?“, „Hattest du gedacht, ich hätte die Medikamente vergessen?“, „Meinst du, an alles denken zu müssen?“, „Glaubst du, dass ich diese Dinge regelmäßig vergesse?“
    Derartige Kommunikationen über die Kommunikation („Metakommunikation“) ist im Regelfall hervorragend geeignet, aus versteckten Aggressionen die Schärfe zu nehmen. Wichtig ist auch hier, dass die „Negativlupe“ vermieden wird, dass also nicht nur die ungünstig laufenden Kommunikationsmuster betrachtet werden. Auch sollte immer über
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