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Rashminder Nächte (German Edition)

Rashminder Nächte (German Edition)

Titel: Rashminder Nächte (German Edition)
Autoren: Sandra Gernt
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für nichts und wieder nichts mein Leben weggeworfen. Ich wollte nicht unehrenhaft entlassen werden, darum bin ich nicht mehr zurückgekehrt.“
    „Ich verstehe nicht“, murmelte Kaiden. „Du hättest es wenigstens versuchen können.“
    „Na, man hätte mich nicht gehenkt, aber da niemand meine Geschichte bestätigen kann, wäre ich unehrenhaft rausgeworfen worden. Dazu gehört ein hässliches Ritual.“ Eryk betrachtete ihn spöttisch, mit einem Blick, der klar machte, dass er ihn für einen verweichlichten Feigling hielt. „Jeder ehemalige Kamerad darf einen Unehrenhaften mit dem Stock über den Hof prügeln, bis der es durch das Tor hinausgeschafft hat. Je nach Entlassungsgrund ist es kein Versehen, wenn derjenige nicht überlebt. Man bleibt zumeist fürs Leben gezeichnet, viele enden als Krüppel auf der Straße. Ich komme aus der Gosse, ich wollte lieber mit heilen Knochen zurückkehren, wenn es schon sein musste. War dumm von mir. Oder auch nicht. Der Strick macht all dem ein rasches Ende.“
    Nun schüttelte Kaiden energisch den Kopf. „Ich verstehe dich immer noch nicht. Es braucht nur einen schlichten Wahrheitszauber, um deine Geschichte zu bestätigen, weißt du das denn nicht?“ Da Eryk ihn nur verblüfft anstarrte, fuhr Kaiden erhitzt fort: „Die Gardeoffiziere rufen alle naslang Magier, um Such, Wahrheits- und sonstige Zauber zu fordern. Sag mir nicht, dass du davon noch nichts gehört hast! Nein? Ich weiß nicht, ob es in den letzten Jahren Fälle wie deine gegeben hat, aber es ist üblich. – Du hast doch die Wahrheit gesagt, oder? Du hast wirklich nichts weiter getan, als einen Ertrinkenden retten zu wollen?“
    „Hmja“, murmelte Eryk, der von Kaidens Rede überfordert zu sein schien. Kaiden plapperte weiter auf ihn ein, es war ein überraschend wirksames Mittel, um den jungen Mann willenlos zum Hauptquartier zu schleppen.
    Zuerst musste Eryk sich allein seinen Offizieren stellen, während Kaiden draußen wartete und sich wunderte, warum ihn jeder so seltsam anstarrte. Als er allerdings in den Versammlungsraum gerufen wurde, wurde er sofort mit einem scharfen „Wie seht Ihr denn aus, Magister?“ empfangen. Man hielt ihm einen Silberspiegel vor, was Kaiden erschreckt zurückfahren ließ. Getrocknetes Blut und Schlamm tränkte sein ehemals weißes Leinenhemd und beim Anblick seines angeschwollenen, dunkel verfärbten Kiefers wurden ihm schlagartig die Schmerzen bewusst, die Eryks Faust verursacht hatte. Der Schnitt an seinem Kinn war eigentlich zu tief, um ihn nicht zu spüren, anscheinend war Kaiden tatsächlich zu abgelenkt gewesen. Gerne hätte er sich noch eine Weile länger abgelenkt, das Brennen war scheußlich. Alles in allem sah er aus wie das Opfer eines gefährlichen Irren, der ihn um ein Haar umgebracht hatte.
    Nun ja. Er war das Opfer eines gefährlichen Irren, der ihn um ein Haar umgebracht hätte, aber das war wirklich kein Grund, den armen Kerl deswegen zu bestrafen.
    Eryk wagte nicht ihn anzusehen, er hockte wie ein Häuflein Elend auf den Knien, umgeben von einem halben Dutzend grimmig aussehender Offiziere.
    Kaidens Verstand raste. Er wollte Eryk helfen, aber was hatte der Mann ausgesagt? Wenn er ihm widersprach, war sein Schicksal besiegelt.
    Er entschloss sich zu einem möglichst direkten Kurs.
    „Das hier“, er wies auf sein zerschundenes Selbst, „ist gänzlich meine eigene Schuld, Herr Hauptmann. Ich bin zu überraschend hinter Gardemann Eryk aufgetaucht. Er hat als Soldat auf das reagiert, was für ihn ein Angriff zu sein schien und erst hinterher nach meinem Woher und Wohin gefragt. Das ich noch lebe, ist sein Verdienst, nicht der meine – er hat sich rechtzeitig gefangen.“ Kaiden nickte dem Hauptmann mit einem Selbstbewusstsein zu, dass er nicht fühlte und forderte ihn mit Blicken auf, ihn anzuzweifeln. Der musterte ihn mit einer Mischung aus Verblüffung und kaum verhohlener Erheiterung, bevor er sich abwandte.
    Einen Wahrheitszauber später war Eryk entlastet. Man entließ ihn ehrenhaft, da aufgrund seiner Flucht ausgeschlossen war, die Sache fallen zu lassen. Eryk erhielt den Lohn von mehreren Jahren, den er nie eingefordert hatte, von dem er sich mit Kaidens Ersparnissen als Zugabe dieses Häuschen kaufen konnte. Außerdem behielt er das Recht, innerhalb der Stadtmauern weiterhin Waffen zu führen. Diese Begegnung war der Beginn ihrer Freundschaft, und da Kaiden nur zu gern seinem Meister entfliehen wollte, nahm er Eryks Angebot, bei ihm einzuziehen
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