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Rasant und Unwiderstehlich

Rasant und Unwiderstehlich

Titel: Rasant und Unwiderstehlich
Autoren: Cecily von Ziegesar
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wusste, dass ihre Zimmergenossin das Outfit mit kühler Berechnung gewählt hatte, denn wenn Tinsley Carmichael etwas nicht war, dann unschuldig.
    »Ich hoff mal, ich bin nicht in was reingeplatzt, Mädels – oder sollte ich besser Turteltäubchen sagen?«, gurrte sie gehässig. Ihr schwarzer Pferdeschwanz wippte, während sie ihre Schreibtischschublade aufzog und wieder schloss und etwas einsteckte, das Brett nicht sehen konnte. Ehe Brett überhaupt an eine boshafte Erwiderung denken konnte, war Tinsley schon wieder abgerauscht, und die Tür fiel mit einem schussartigen Knall ins Schloss.
    »Gehen wir«, sagte Kara und fügte dann mit einem neckischen Grinsen hinzu: »Turteltäubchen.« Tinsleys gehässiger Spott schien sie völlig kaltzulassen. Doch sie musste den unglücklichen Ausdruck auf Bretts Gesicht bemerkt haben, denn sie sah auf einmal besorgt aus. »Nun komm schon, von der wirst du dich doch nicht runterziehen lassen?« Sie betonte das der , als sei Tinsley eine unangenehme Krankheit, die man ausmerzen musste.
    »Nein …« Brett schüttelte langsam den Kopf, dann etwas entschlossener. Tinsley war ihr zickiges, biestiges Selbst wie üblich. Aber das Problem war, dass es nicht nur Tinsley war, was ihr an die Nieren ging. Es war das Geflüster auf der Party am Abend zuvor, die E-Mail von Jeremiah, das nervöse Flattern im Magen.
    »Die will dich nur ärgern. Und keine Sorge«, Kara ging auf die Tür zu, drehte sich zu Brett um und schob die Hände in die Taschen ihrer Jeans, »wir müssen uns nicht als Paar bezeichnen, wenn du das nicht willst.«
    »Ah«, sagte Brett automatisch, ehe ihr eine bessere Antwort einfiel. »Äh, okay.«
    Kara zuckte unbekümmert die Schultern und Brett beneidete sie um ihre Gelassenheit. »Nur nichts aufbauschen. Wir sind siebzehn – wir wissen doch noch gar nicht, was mal aus uns wird«, sagte sie nüchtern. »Also, schaun wir erst mal, was im Fernsehen läuft, oder leihen wir uns gleich einen Film aus?« Sie nickte mit dem Kopf in Richtung Gemeinschaftsraum und das Gespräch über ihre Beziehung war damit offensichtlich beendet. Brett liebte es, wie leicht Kara von schwierigen Themen zu unbeschwerten umschwenken konnte. Bei ihr schien alles so einfach.
    Brett stand auf und zog den Bund ihrer schwarzen Kordelhose herunter, der nach oben gerutscht war. »Vielleicht sollten wir uns einfach in dein Zimmer zurückziehen«, schlug sie vor. »Wir könnten Scrabble spielen. Ich bin ein Scrabble-Ass«, setzte sie mit einem winzigen Lächeln hinzu. Bei dem Gedanken, ohne Publikum zu sein, fühlte sie sich gleich tausendmal entspannter. Kara hatte ein Einzelzimmer auf demselben Gang. Das bedeutete, dass sie ungestört waren, ohne höhnische Zimmergenossinnen oder Dumbarton-Mädchen, die die Neugierde umtrieb.
    Kara zuckte die Schultern. »Klar«, stimmte sie zu und ging voraus.
    Brett folgte ihr lächelnd. Kara war so unkompliziert. Und was für ein Glück, dass sie ein Einzelzimmer hatte. In einem Gebäude mit dreihundert klatschsüchtigen Mädchen zu wohnen, tat der Privatsphäre nicht gerade gut. Aber solange sie sich zurückhielten, konnte ihre Freundschaft zu der besten Beziehung werden, die Brett je gehabt hatte.

3
    Eine Waverly-Eule achtet Respektspersonen – vor allem wenn sie solche manipuliert
    Tinsley Carmichael stand im Wartebereich vor Dekan Marymounts Dienstzimmer und betrachtete Mr Tomkins’ Schreibtisch. Noch nie hatte sie ihn unbesetzt gesehen. Der verfrüht zu Haarausfall neigende Verwaltungsassistent war der reinste Zerberus – immer auf dem Posten und extrem, fast schon absurd loyal. Tinsley zog die oberste Schublade des dunklen Eichenschreibtischs auf. Sie war leer bis auf ein angebrochenes Päckchen Spearmint-Kaugummi, einen Sacagawea-Golddollar und ein silbernes Bettelarmband von Tiffany, an dem nur ein Anhänger hing, eine winzige Teekanne. Abartig. Tinsley packte einen Kaugummistreifen aus und steckte ihn in den Mund. Gleichzeitig überlegte sie, was wohl sonst noch im Raum war, das von Interesse sein könnte. Der Vorraum zu Marymounts Höhle sah aus, als sei er für die Verfilmung viktorianischer Romane ausstaffiert worden: schwere Eichentäfelung an den Wänden und davor hohe Bücherregale, bestückt mit grünen, roten und schwarzen goldbedruckten Bänden. Tinsley konnte sich nur vorstellen, wie sehr sich andere Schüler von dieser Kulisse einschüchtern ließen. Sie selbst dagegen hatte schon viele Male hier gestanden. Doch heute war ihre Aufgabe ernster
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