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Ramses Mueller

Titel: Ramses Mueller
Autoren: Tex Rubinowitz
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der Berlinale?
    – Auf der Berlinale, nicht BEI, man sagt ja auch ich fahre IN Urlaub.
    – Und nicht BEI Urlaub, verstehe, ich heiße übrigens Armin, ist Schubal dein Vorname?
    – Nein, Nachname, aber egal, ist innen ja jetzt sowieso stickig mit der Luft, die Klamotten müssen sie morgen lange auslüften, hab mich ja schon bisschen wieder beruhigt, innen klopfen sich alle auf die Schultern und gleichzeitig die Schuppen ab, und man schleimt sich gegenseitig voll, kennst du den Römischen Gruß , weißt du, wie der geht?
    – Nein, wie geht der?
    – Sich gegenseitig ankotzen, aber nicht, weil’s einem schlecht geht oder man sich verachtet, sondern aus Liebe und Leidenschaft, ist so eine Art Vorspiel, auch eine Supermetapher. So läuft das da drinnen ab, ich kann ja dem betriebsblinden Türmann auch nicht wirklich böse sein, von ihm erwarten, dass er hier die Situ checkt, die Situation, dass er all die Typen kennt, die im engeren Zirkel von Leander sind, das hat ja auch so Handschlagqualitäten, das kennt der nicht, sein Handschlag geht eher in die destruktive Richtung, Handkantenschlag sollte man wohl eher sagen, hier ist halt »harte Tür« die Devise, ich werf ihm das ja nicht vor, ist halt sein Job, steht auf der untersten Stufe der Hierarchie, ist auch okay so, aber er ist halt ein Idiot und wird es bleiben, fühlt sich wohl, badet in dem schnell verblassenden Glanz der Typen, die er durchwinken darf, die ihn passieren, und IHM passieren, gnaden halber, kriegt da ein bisschen Sternenstaub, wie ich das nenne, ab, kann er seiner Freundin von erzählen, wenn er um 5 Uhr morgens hier aus seinem Gorillajob rauskommt, armer Irrer, seine Freundin, wenn er überhaupt eine hat, diese Typen können ja nicht treu sein, wer will denn mit denen zusammen sein? Die angebliche Freundin wird sich schön dafür bedanken, wenn er sie aufweckt, weil er besoffen aus seiner Hose kippt, und sie muss früh raus, weil, sie ist ja Konditorin.
    Schubal redet sich in Rage, man merkt, dass das ein Ventil für die eben an der Tür erlittene Schmach ist, er scheint zumindest jemand zu sein, der das, was er in sich hineinzufressen hat, qua Dampf abzulassen imstande ist, und dann auch noch phantasiebegabt (auch wenn Konditoren ja gar nicht früh rausmüssen, Torten werden doch erst am Nachmittag gegessen), Armin scheint das spöttisch zu bewundern, diese Chuzpe hätte er nicht, er, der von Prominenten zwar nicht direkt lebt, aber sie schwimmend umtändelt wie der Putzerfisch, so glaubt er, oder redet es sich ein, dass er ihnen in symbiotischer Art dient, wenn er sie mit seiner Kamera abfängt, er jage sie nicht, er fange sie ab, würde »ihr Leben protokollieren«, sie würden sich das ja auch anschauen, sagt er, Boris Becker hätte »mit Sicherheit« ein Gala -Abo, und würde die Zeitung von hinten nach vorne lesen, also dort anfangen, wo die Promiwimmelbilder sind, so redet er, auch wenn er weit davon entfernt ist, dass seine Bilder irgendwo veröffentlicht werden, außer in verschwitzten Internetforen, wie www. promisichtung.de. Armin hinterfragt das gar nicht groß, er denkt, wer ins Rampenlicht drängt, oder durch eine okkulte Gnade dort hineingeraten ist, der darf sich nicht beschweren, Promis dürfen ja auch nicht klagen, der einfache Mann auf der Straße schon, den dürfe man nicht so einfach fotografieren, der genieße Persönlichkeitsschutz, Promis gehörten allen, das sei eben der Preis, dafür würden sie ja auch ordentlich profitieren, und Armin sei so einer, der ihren Marktwert doch nur steigere, das seien ja Konten, jedes Foto eine Anlage, eine Einzahlung, aufs Unsterblichkeitskonto, also jetzt nicht direkt die von ihm, Armin, sondern die der Branche, natürlich gebe es da schwarze Schafe, das seien die Jäger, die im Gebüsch säßen, wie Gebüschkatzen, aber das sei er nicht, er ist, wie er immer wieder sagt, der »Abfänger«, das stecke ja schon im Wort, fangen ist ja durchaus positiv konnotiert, wer fällt, den fängt man auf, den jagt man nicht auch noch, auf den Einwand, dass man Fallende sowieso so wenig jagen kann, wie man etwas werfen kann, das fliegt (Vögel), und Promis ja nicht prinzipiell fallen, sagt er, dass jeder von ihnen früher oder später fallen wird, Fehltritte über die eigenen Schuhe beispielsweise, oder über etwas stolpern, und sei es nur über eine dieser Gebüschkatzen.
    Armin, auch er kein Berliner, lebt in der Stadt seit den frühen 90ern, kam kurz nach der Wende aus Worms, nur war ihm im
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