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Ramses Mueller

Titel: Ramses Mueller
Autoren: Tex Rubinowitz
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reingeschafft, auch ohne Einladung, Gästeliste plus eins, durch Fürsprache Dritter, Vierter, Fünfter, Schleimerei und Schalmeienspielerei auch, drinnen steht die schlechte Luft senkrecht, draußen genau das gleiche Bild, nur dass hier die Luft statt stickig frostig ist (November) und sie hier im Dunkeln stehen, eine Gesellschaft, die man zwar nicht sieht, wie Brecht das formuliert hat, sondern nicht nicht sieht, denn das einzige Licht, in dem sie stehen, ist das ihrer Zigaretten, an denen sie sich wärmen. Ein Glimmen, das aber bald versiegt, wegen dem frühen Novemberfrost, eine Folge der globalen Vergletscherung, sowohl klimatischer als auch gesellschaftlicher. Naturgemäß löste sich diese Runde rascher auf als jene ausgelassene innen, übrig bleibt ein immer mehr schrumpfendes Grüppchen, das sich eben am Ende auf Schubal und Armin reduziert, die Letzten beißen die Hunde, nach dem Motto hätten sie ja sogar noch etwas von der elenden Warterei gehabt, und sei es nur der Hundebiss. Aber es sollte ja noch besser kommen.
    Schubal pocht an die verschlossene Tür, das sieht so kläglich demütigend aus, vor allem weil er nicht mit der ganzen Faust hämmert, sondern mit dem Zeigefingerknöchel klopft, etwas weiter abseits sitzt Armin, der auf seiner Digitalkamera die Fotos des Abends sichtet und ordnet, mit einem Auge, mit dem anderen beobachtet er die Szene an der Tür.
    Jemand kommt raus und erklärt Schubal die Lage, man hört zuerst den belfernden Schubal, er stehe auf der Gästeliste, er sei ein Freund Haußmanns, der Türwächter könne diesen ruhig holen, der würde das dann bestätigen, der Wächter bleibt stoisch, lächelt mitleidig, denkt sich wohl, dass er immer wieder überrascht sei, wie weit die Skala der grotesken Selbsterniedrigungstaktiken nach unten offen ist.
    Schubal wirft ihm vor, er würde ja gar nicht auf der Liste nachschauen, und selbst Armin merkt, dass jetzt jedes Argument ihn in eine noch aussichtslosere Situation manövriert, nach innen vordringen zu können. Nicht nur dass er auf der Gästeliste stehe, er komme auch im Abspann vor, wo Leander ihm danke, Abspann, so, so, dem Wächter wird das jetzt zu seltsam, und er macht die Tür zu, drinnen Gejohle, Schubal schreit durch die Tür: Haben Sie den Film überhaupt gesehen, Sie Mandolinenfresser?
    Armin, dem kalt geworden ist, nähert sich Schubal, auch weil ihm die Verfluchungsvokabel neu ist, sie klingt merkwürdig und zaubrisch indifferent, so, als könne er sich nicht richtig überwinden, richtig zu schimpfen, im Zweifelsfalle könne man dann ja wohl noch immer sagen, dass das respektvoll gemeint war, der Mann, der die Mandoline aß, Sau sei irreversibel, »du irreversible Sau« fällt ihm ein, lächelnd tippt er dem Zeternden auf die Schulter.
    – Willst Leander sehen?
    – Was? Was soll ich wollen?
    – Hier.
    Er hält ihm seine Digitalkamera hin, der Türsteher macht noch mal die Tür auf, schiebt seinen Kopf heraus, lächelt, so, als sei er froh, dass sich jemand des Irren angenommen hat, macht die kollegiale Daumen-nach-oben-Geste, ruft: Superfilm!
    Schubal, hin- und hergerissen zwischen den Fotos auf dem Display der kleinen Agentenkamera und dieser Zahnlücke zwischen zwei Galaxien, ihm und innen, also der kleinen Chance der wieder geöffneten Tür, wird nervös, vor allem weil wohl selbst der Türsteher den Film mochte, aber Armin legt seine Hand ironisch mütterlich auf Schubals Arm.
    – Es war kein Film, das war nur Theater.
    Schubals Mimik changiert blitzschnell von anfänglicher Verblüffung zu beleidigtem Zorn, ein Wechsel zwischen unschuldigen 11 Uhr auf garstige 23 Uhr.
    – Ich hab den Film nicht gesehen, beziehungsweise ich wusste nicht, dass es kein Film ist.
    – Keinen Film kann man ja auch schlecht sehen, da geb ich dir Recht. Aber wenn du so gut mit Haußmann bist, wie kommt es, dass du nicht weißt, was er gerade so am Start hat?
    – Wie sollte ich, hab ja noch anderes zu tun, is ja auch egal, Fakt ist, dass ich im Abspann steh.
    – Theater hat keine Abspänne, Vorhang vielleicht, hast du den Vorhang genäht?
    – Abspann vom Herrn Lehmann.
    – So?
    – Ich hab ihn ja gebeten, drauf zu verzichten, wer bin ich schon, dass er mir zu Dank verpflichtet sei? Und wenn, hab ich gesagt, dann mach nur ein SCH-Punkt.
    – Ein Sch-Punkt, was soll das sein, ein Scheißpunkt?
    – Schubal, wie der Heizer.
    – Welcher Heizer?
    – Der Heizer in Kafkas Amerika , kennst du wohl nicht.
    – Nein, nicht gesehn, lief der bei
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