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Ramses Mueller

Titel: Ramses Mueller
Autoren: Tex Rubinowitz
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Mark brauche, zumindest den letzten Teil mit dem Geld erzählte er, klingt nach den sogenannten Sonderwünschen, obwohl sich Armin nicht im Geringsten vorstellen konnte, was es für Sonderwünsche geben könnte, damals zumindest nicht, noch nicht, worauf der gute Onkel einen Fuffi aus dem von vielen alten Bons und Belegen gebeulten Portemonnaie zog und ihm verschwörerisch unterm Tresen zuschob, Armin ging nach oben, wo Hulda fluchend und im rosafarbenen Frotteebademantel mit ätzendem 4711-Kölnischwasser auf Knien den Teppich putzte, er gab ihr die noch ausstehenden 50 Mark und verabschiedete sich entschuldigend, und sie siezend, was er vorher nicht getan hatte, wobei ihm auffiel, dass jetzt ihr Name viel besser zu ihr passe, wie sie da auf dem Teppichboden kniete, Hulda als erotische Dienstleisterin passe da weniger, auch sie verabschiedete sich dann noch gespielt wehmütig, mach’s gut, Roland, obwohl er ja eigentlich Roger hieß, zumindest hier. Noch mehr Chaos knüllte sich zusammen, als er sich vorstellte, Hulda, die er ja jetzt siezte, anders als Frau Hulda anzureden, er hätte sie extra noch fragen müssen, wie sie »hinten« hieße, es würde immer intimer werden, obwohl er sich von ihr immer weiter entfernte, umgekehrtes Kennenlernen sozusagen, er konnte es nicht richtig erklären, hatte nur das Gefühl, dass zwei gegeneinander arbeitende Kräfte versuchten, parallel zu laufen. Als der Onkel ihn dann beim Verlassen der Bar unterhakte, meinte er, so, jetzt, wo du kein Kind mehr bist, werde ich es dir sagen, deine Mutter und ich, also ich bin jetzt dein neuer Vater. Armin nahm an, das beziehe sich auf sein väterliches Kümmern, doch nach einem halben Jahr war sein biologischer Vater tot, und der Onkel und die Mutter zogen zusammen, da war es klar, was da offenbar schon viele Jahre im Versteckten gärte, sein gelähmter Vater tat ihm nachträglich leid, und er assoziierte das Mannwerdungsgeschenk seines Onkels mit dessen Freikaufen von Schuld, und Armin gratulierte sich, dass er das Geschenk nicht angenommen hatte, bzw. verweigern konnte, jetzt wurde die vollgekotzte Hulda in seiner Biografie nachträglich zu einer ganz besonderen Landmarke.
    Die Kälte kriecht der Schicksalsgemeinschaft in die Ärmel und Hosenbeine, ja, sogar in die Schuhe, Armin schlägt einen Ortswechsel vor, »wo’s warm ist«, man einigt sich aufs White Trash , auch unter dem unausgesprochenen Gesichtspunkt, dass dort versprengte Premierenbesucher aufkreuzen könnten, das White Trash ist ein angesagter, sehr nervöser Club in der Schönhauser Allee, der seine Zeit, sein Verfallsdatum bereits etwas überschritten hat, ist aber immer noch ein »Spitzenhangout« wie Armin behauptet, Schubal kennt den angeblich gar nicht, in Wirklichkeit hat er sich da noch nie reingetraut. Im Lokal ist es sehr laut, Schubal muss schreien:
    – Supergemütliche Hütte, kommst du oft hierher?
    – Früher war das eindeutig besser hier in dem Laden, bevor die ganzen zugereisten Mittezombies das hier übernommen haben, echte Berliner findst du hier nicht, die hat man weggeekelt, na ja, das ist wohl Evolution, wie heißt du noch mal?
    – Schubal, hab ich doch schon gesagt.
    – Du Schubal du? Oh, da kommt grad Stuckrad-Barre, ich fass es nicht, und gerade jetzt spinnt meine Kamera, kannst du vielleicht?
    – Was?
    – Ihn abfangen?
    – Abfangen?
    – Knipsen halt.
    – Du meinst abschießen? Nein, das mach ich ganz sicher nicht, abknipsen, eine Fahrkarte knipst man ab, aber Menschen sind keine Fahrkarten, sollten wir das nicht respektieren, wenn der hier mal als Privatperson auftaucht und seine Ruhe haben will, inmitten des Lärms?
    – Mann, reg dich ab, der ist nun mal ein Promi, und das ist der Preis, den man in dieser Liga zahlen muss, jeder Job hat seine kleinen unangenehmen Seiten, erst kommt die Verlockung im Licht, dann der Schatten und dann die Fahrkarte zum Schafott.
    – Ich hab jetzt eben gar nichts verstanden, also das Letzte mit dem Schatten, soll ich mal was zu trinken holen?
    Schubal muss wirklich sehr laut schreien, und als Armin nickt, drängelt er sich zur Bar durch, schreit:
    – Zwei Bier, bitte.
    Die stark tätowierte Barfrau schiebt ihm zwei Beck’s Gold hin:
    – 8 Euro.
    – Was? So teuer? Moment.
    Schubal geht noch mal zurück zu Armin, der inzwischen einen niedrigen Tisch ergattert hat, an dem er auf einer Art Kinderstühlchen sitzt.
    – Kannst du mir 4 Euro leihen, äh, geben, hab ganz vergessen, Geld mitzunehmen.
    – Ja,
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