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RAMSES 1 - Der Sohn des Lichts

RAMSES 1 - Der Sohn des Lichts

Titel: RAMSES 1 - Der Sohn des Lichts
Autoren: Christian Jacq
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die wirst du noch
lange erfüllen.«
    »Ich habe den Tod gesehen, er kommt näher. Sein
Gesicht ist das der Göttin des Westens, jung und lächelnd. Das ist keine
Niederlage, Ramses, das ist eine Reise. Eine Reise in die unendliche Weite des
Alls, auf die ich mich vorbereitet habe und auf die du dich vorbereiten
solltest vom ersten Tag deiner Herrschaft an.«
    »Bleib noch, ich flehe dich an!«
    »Du bist zum Befehlen geboren, nicht zum Flehen. Für
mich ist es an der Zeit, den Tod zu erleben und die Prüfung zur Verwandlung ins
Unsichtbare zu bestehen. Wenn mein Leben gerecht war, wird der Himmel mich
aufnehmen.«
    »Ägypten braucht dich.«
    »Seit Götterzeiten ist Ägypten die einzige Tochter des
Lichts, und der Sohn Ägyptens sitzt auf einem Lichterthron. Nun wirst du,
Ramses, meine Nachfolge antreten, mein Werk fortsetzen und es noch übertreffen,
denn du trägst den Namen ‹Sohn des Lichts ›.«
    »Ich habe noch so viele Fragen an dich, noch so viel
zu lernen.«
    »Seit deiner ersten Begegnung mit dem wilden Stier
habe ich dich vorbereitet, denn niemand kennt den Augenblick, da das Schicksal
zuschlägt. Du allerdings wirst seine Geheimnisse ergründen müssen, denn du
wirst ein ganzes Volk zu führen haben.«
    »Ich bin noch nicht bereit.«
    »Niemand ist es je. Als dein Ahn, Ramses der Erste,
diese Erde verließ, um der Sonne entgegenzufliegen, war ich genauso verängstigt
und verloren wie du heute. Wer zu regieren wünscht, ist ein Narr oder ein
Versager. Nur die Hand Gottes greift nach einem Mann, damit er sich opfere. Als
Pharao wirst du der erste Diener deines Volkes sein, ein Diener, der kein
Anrecht mehr hat auf Ruhe und friedliche Freuden. Du wirst allein sein, nicht
verzweifelt allein wie ein Verirrter, aber ähnlich dem Kapitän eines Schiffes,
der die wahre Natur der ihn umgebenden geheimen Kräfte ergründen muß, um den
richtigen Weg zu weisen. Liebe Ägypten mehr als dich selbst, dann wird der Weg
sich dir eröffnen.«
    Das Gold der untergehenden Sonne verklärte das
friedvolle Antlitz Sethos’. Vom Leib des Pharaos strahlte eine Helligkeit aus,
als sei er selbst eine Lichtquelle.
    »Dein Weg wird voller Fallstricke sein«, verhieß er,
»und du wirst gefährliche Feinde zu bezwingen haben, denn der Menschheit ist
das Böse lieber als die Eintracht. Aber die Kraft zu siegen trägst du im
Herzen, wenn du es zu weiten verstehst. Nefertaris magische Kraft wird dich
schützen, denn ihr Herz ist das einer großen königlichen Gemahlin. Sei der
Falke, der hoch in den Himmel aufsteigt, mein Sohn, und blicke auf die Welt und
die Menschen mit seinem scharfen Auge.«
    Sethos’ Stimme erlosch, seine Augen blickten über die
Sonne hinweg in eine andere Welt, die nur er zu sehen vermochte.
    Chenar zögerte noch, seine Verbündeten zum Angriff
aufzufordern. Daß Sethos verloren war, daran zweifelte niemand mehr, doch sein
Tod mußte erst bestätigt und verkündet werden. Jedes übereilte Vorgehen würde
seinen Plänen zuwiderlaufen. Zu Lebzeiten des Pharaos wäre kein Aufruhr
entschuldbar. Und anschließend, wenn der Thron siebzig Tage lang verwaist
bliebe, die Zeitspanne der Mumifizierung, würde Chenar auch nicht den König,
sondern Ramses angreifen. Und niemand würde Ramses beistehen, die Krone zu
erlangen.
    Menelaos und die Griechen kochten vor Ungeduld.
Dolente und Sary, die Iset für sich gewinnen konnten, hatten die wohlwollende
Duldung des großen Amun-Priesters und auch die tätige Mitwirkung etlicher
Würdenträger Thebens erreicht. Und bei Hof hatte Meba, der die auswärtigen
Angelegenheiten regelte, sich für Chenar als Nachfolger eingesetzt.
    Ein Abgrund würde sich auftun vor Ramses. Der junge
Regent mit seinen dreiundzwanzig Jahren hatte sich geirrt, wenn er glaubte,
allein schon das Wort seines Vaters genüge, um ihm den Thron zu sichern.
    Chenar überlegte, womit er seinen Bruder abspeisen
könnte. Wenn er vernünftig wäre, könnte er ein Ehrenamt in den Oasen oder in
Nubien bekommen. Aber würde er nicht auch dort nach Verbündeten suchen, um sich
gegen den neuen Machthaber aufzulehnen, wobei ihm wohl jeder willkommen wäre?
Sein Ungestüm würde sich mit einer endgültigen Verbannung wohl kaum abfinden.
Nein, Ramses mußte man anders bändigen, für immer. Ihn zu töten wäre die beste
Lösung, aber den eigenen Bruder umzubringen ging Chenar gegen den Strich.
    Das klügste wäre, ihn Menelaos zu übergeben. Er könnte
ihn nach Griechenland mitnehmen und behaupten, der ehemalige Regent,
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