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Raketenmänner (German Edition)

Raketenmänner (German Edition)

Titel: Raketenmänner (German Edition)
Autoren: Frank Goosen
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Männer, die mit Mitte vierzig noch immer in dieselben Kneipen rannten wie mit siebzehn, die hatten doch ein Problem! Kobusch ärgerte sich, dass Sabolewski ihn schon lange nicht mehr ernst nahm. Ja, Kobusch legte Wert darauf, dass der Rasen im Garten regelmäßig gemäht und der Tisch nach dem Essen vollständig abgeräumt wurde. Machte ihn das zu einem schlechten Menschen?
    Vor vierzig Jahren hatten sie viel Zeit bei Sabolewskis Anarcho-Oma verbracht, vor dreißig Jahren hatten sie zusammen Gitarre gespielt. Mit sechzehn waren sie das erste Mal an ihrer Schule aufgetreten. Sie waren wie Simon & Garfunkel, nur witziger. Traten tatsächlich unter dem Namen Kobusch   &   Sabolewski auf. Ohne Humor wäre das peinlich gewesen. Sabolewski war der sehr viel bessere Musiker, hatte auch die ausgefalleneren Songs geschrieben. Über Cockerspaniel und Eidechsen und gnadenlose Lehrer, aber auch herzzerreißende Liebeslieder, die völlig ohne das Wort Liebe auskamen. Bei Sabolewski hatte es funktioniert, er konnte sich die Mädchen aussuchen. Für Kobusch interessierten sich nur die Schüchternen, die nicht mutig genug waren, sich an Sabolewski heranzumachen. Oder die, die von Sabolewski enttäuscht worden waren und von Kobusch verlangten, dass er ihnen das erkläre. Nach dem Abitur folgte das Studium, und irgendwann sagte Kobusch, sie müssten sich entscheiden, und er für sein Teil sehe in der Musik keine Zukunft, vor allem nicht finanziell. Sabolewski meinte, das sei Blödsinn. Sie konnten sich nicht einigen, und dann lebten sie eine Zeit lang in unterschiedlichen Städten. Kobuschs Gitarre hatte seitdem einige Umzüge mitgemacht, gammelte aber im Keller vor sich hin. Einmal hatte er sie hervorgeholt, ohne sie zu spielen. Die Stahlseiten waren dunkel angelaufen gewesen.
    Im TNT stand noch immer der Typ hinterm Tresen, der seit dreißig Jahren behauptete, er sei der Sohn von Bon Scott. Jeans, Lederweste, Karohemd – es war zum Weinen.
    Sie setzten sich an den Tresen.
    »Ein Pils«, sagte Sabolewski. »Möglichst groß.«
    »Ein alkoholfreies Weizen«, sagte Kobusch. Sabolewski und der Wirt tauschten einen Blick.
    Während sie warteten, betrachtete Kobusch die Wand mit den alten Plattencovern. Vor allem Hardrock und klassischer Heavy Metal. In dieser Kneipe hatten sie schon Abitur gefeiert.
    Schlimm, dachte Kobusch.
    Die Biere kamen, sie stießen an und tranken.
    »Moment mal!«, sagte Kobusch. »Das ist nicht alkoholfrei!«
    Der Wirt gab sich überrascht. »Ich dachte, das war ein Scherz gewesen.«
    »Ich muss noch fahren!« Mal abgesehen davon, dachte Kobusch, dass das Plusquamperfekt hier völlig fehl am Platze war.
    »Du musst gar nichts«, behauptete Sabolewski.
    »Das ist doch alles Blödsinn!«
    »Jetzt hast du angetrunken. Eins geht immer!«
    Widerwillig fügte Kobusch sich. Ließ er ernsthaft das Bier zurückgehen, machte er sich in den Augen der anderen zum Idioten. Also gab er dem Gruppendruck nach.
    »Weißt du«, sagte Sabolewski, »ich wollte ohnehin was mit dir besprechen.«
    »Ich mit dir auch«, antwortete Kobusch. Jetzt wurde es ernst.
    »Ist mit dir und deiner Frau alles in Ordnung?«
    Kobusch war verwirrt. »Was soll die Frage?«
    Sabolewski zögerte. »Ach, nichts.«
    »Entschuldige mal, du kannst nicht so eine Frage stellen und dann …«
    »Ich weiß, ich weiß. Ich meine nur, ihr seid beide in letzter Zeit so gereizt!«
    »Gereizt? Wir?« An der Reaktion der anderen Gäste erkannte Kobusch, dass er etwas zu laut geworden war. Leiser fügte er hinzu: »Meine Kinder nennen dich Sabbo!«
    Offensichtlich verstand Sabolewski die Bemerkung nicht.
    »Du gehst auf die Fünfzig zu, und die Kinder deiner Freunde nennen dich bei deinem Spitznamen!«
    »Ja und?« In Sabolewskis Gesicht zeigte sich ehrliche Verwirrung.
    »Du fährst Auto, ohne dich anzuschnallen!«
    »Ich habe mich angeschnallt!«
    »Weil ich dich dazu gezwungen habe!«
    »Meine Güte, was ist denn los mit dir?«
    Kobusch wollte einen Schluck trinken, um Zeit für eine Antwort zu gewinnen, stellte aber fest, dass sein Glas leer war.
    »Wo ist mein Bier?«, fragte er.
    »Du hast es getrunken.«
    »Blödsinn!«
    »Du hast gesoffen wie ein Verdurstender! Hast du das nicht gemerkt? Ich glaube, du kriegst Assauer!«
    »Darüber macht man keine Witze!«
    Der Wirt brachte frisches Bier.
    »Kobusch«, sagte Sabolewski, »du bist völlig von der Rolle! Sag mir doch, was los ist!«
    »Herrgott, was soll los sein! Ich habe doch nur eine verdammte
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