Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Räuberdatschi: Ein Fall für Anne Loop (Piper Taschenbuch) (German Edition)

Räuberdatschi: Ein Fall für Anne Loop (Piper Taschenbuch) (German Edition)

Titel: Räuberdatschi: Ein Fall für Anne Loop (Piper Taschenbuch) (German Edition)
Autoren: Jörg Steinleitner
Vom Netzwerk:
hatte, hielt sie einen stark blutenden Gegenstand in die Kamera. Es war eine menschliche Hand.
    Anne würgte es, während sie die Worte der Geiselnehmerin vernahm, die diese mit eiskalter Stimme aussprach: »Also, wir hatten euch ja gewarnt. Wir hatten gesagt, dass der Hannes als Erster dran ist. Und das hier ist die Hand vom Hannes. Ist scheiße, ist aber so. Damit ihr es endlich glaubt: Wir wollen hier raus. Und wir lassen uns nicht von euch verarschen.« Sie ließ die Hand fallen. Anne hörte ein dumpfes Geräusch, als sie auf dem Boden aufschlug.
    »Die neue und letzte Ültimatum lautet«, übernahm der Franzose wieder das Wort, obwohl es ihn schon wieder würgte: »… Montag, elf Uhr.«
    »Wenn die Kohle bis dahin nicht da ist, fehlt beim Hannes die andere Hand«, sagte Jorina noch, dann war der Film zu Ende.
    Für einen Moment war Anne vor Entsetzen wie gelähmt. Sie machte sich große Sorgen um Hannes Seliger. Wenn er noch lebte, musste er schreckliche Schmerzen ertragen. Wie hielt er das aus? Konnte man einem Lebenden überhaupt die Hand abtrennen? Oder hatten Jules und Jorina ihn bereits umgebracht? Eine Hand abzusägen, das war ein bestialischer Akt, der viel Kraft erforderte und keine Zweifel zuließ. Wie besessen mussten Jules und Jorina sein!
    Dann rief sie in der Operationszentrale vor der Bank an.
    »Das war garantiert dieser Franzacke«, mutmaßte Nonnenmacher, als sie über das blutige Geschehen sprachen. »Die haben seinerzeit auch das Fallbeil erfunden.«
    »Das stimmt so nicht ganz«, widersprach ihm Anne. »In Schottland und in Italien wurden schon im dreizehnten Jahrhundert, also viel früher als in Frankreich, Leute mit Fallbeilen geköpft, Herr Nonnenmacher.«
    »Ja, ja«, nuschelte dieser. Er hatte keine Ahnung, von was Anne da sprach. Dass sie Bescheid wusste, war aber auch reiner Zufall: Sie hatte im letzten Urlaub einen historischen Roman gelesen, der von Konradin, dem letzten Staufer, handelte, und der war mit der »mannaia«, einem italienischen Beil, zwölfhundertachtundsechzig in Neapel hingerichtet worden.
    Um den Dienststellenleiter nicht weiter bloßzustellen, fragte Anne jetzt: »Herr Nonnenmacher, jetzt mal eine ganz andere Frage: Gibt’s eigentlich was Neues bezüglich des seltsamen Codes, den die Geiselnehmer in dieser kryptischen Botschaft übermittelt haben?«
    »Dieser Buchstabensalat?«, fragte Nonnenmacher zurück. »Also ich glaub ja, dass das gar nix zum bedeuten hat. Dass die uns da bloß aufs Glatteis führen wollten. Oder vielleicht sind die auch nur auf der Computertastatur hängen geblieben und haben’s nicht gemerkt.«
    Weil Anne diese Meinung ganz und gar nicht teilte, ging sie nach Beendigung des Telefonats wieder auf die Seite von Anonymous Bankräuber und rief die merkwürdige Botschaft auf:
    UNS STINKTS. DAHER FORDERN WIR: 2 NEUE UND VOLLGETANKTE AUDI-CABRIOS MIT STECKENDEN ZÜNDSCHLÜSSELN. WENN AUTOS MORGEN NICHT DA, STIRBT HANNES SELIGER ALS ERSTER. DANACH DIE ANDEREN. GYE & AMDDL. EMKAG 2 PXYLQLV ILVLYG. YD 2 GMQLD MBP M8.
    Was sollte das nur bedeuten? Nonnenmacher hatte schon recht, wenn er meinte, dass es nach Buchstabensalat aussah. Aber genauso gut konnten diese Buchstaben irgendeine Bedeutung haben. Verbarg sich dahinter eine geheime Nachricht an Verbündete außerhalb der Bank? Man konnte die Buchstaben von vorn oder von hinten lesen, man konnte sie auseinandernehmen und neu zusammenwürfeln, sie ergaben keinen Sinn.
    Später am Abend meldete sich Johann telefonisch bei Anne und sagte ihr, dass er »das letzte Mal« sehr schön gefunden habe.
    »Ich auch«, hauchte Anne in den Hörer. Wir hätten nur miteinander schlafen sollen, dachte sie sich, sprach es aber nicht aus. Ich darf jetzt nur nicht zu interessiert klingen, sonst kommt der nie wieder. Da sind sie doch alle gleich, die Männer.
    Beide schwiegen. Dann fragte er: »Bist du noch da?«
    »Ja.«
    Erneut sagte keiner etwas. Und Anne rang mit sich, überlegte, ob sie jetzt fragen sollte: Kommst du morgen wieder zu mir? Nein, das wäre taktisch das Dümmste, was sie tun konnte.
    »Okay, dann …«, meinte Johann nun, »ich wollte ja nur fragen, wie’s dir geht.« Er zögerte. »Na, dann schlaf gut.«
    »Schlaf gut.« Anne schluckte. Dann war er weg.
    Anne lag noch lange wach und fragte sich, wie es erwachsenen Singles gelang, neue Partner zu finden – bei all den Schwierigkeiten und Eigenheiten, die sich anhäuften, wenn man mal über dreißig war. Als Teenager verliebte man sich und ging
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher