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Rächende Geister

Rächende Geister

Titel: Rächende Geister
Autoren: Agatha Christie
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Brauen.
    »Es droht uns also Gefahr? Yahmose, meinem Vater und mir? Ich bin nicht die erste, die in Gefahr ist, meinst du das?«
    »Schlag dir diese Gedanken aus dem Kopf, Renisenb. Ich tue alles, was in meinen Kräften steht, wenn es dir auch scheinen mag, als ob ich nichts tue.«
    »Ich verstehe.« Sie betrachtete ihn nachdenklich. »Yahmose wird also der erste sein. Zweimal hat der Feind es erfolglos mit Gift versucht. Er wird es ein drittes Mal versuchen. Darum willst du in seiner Nähe bleiben – um ihn zu beschützen. Und danach werden mein Vater und ich an die Reihe kommen. Wer ist es, der uns so sehr hasst, dass er…«
    »Sei still. Du tätest gut daran, von diesen Dingen nicht zu reden. Sieh zu, dass du die Furcht bannst.«
    Renisenb warf den Kopf zurück und blickte ihn stolz an.
    »Ich vertraue dir, Hori. Du wirst mich nicht sterben lassen… Ich liebe das Leben sehr und möchte es nicht verlieren.«
    »Du wirst es nicht verlieren, Renisenb.«
    »Du auch nicht, Hori.«
    »Ich auch nicht.«
    Sie lächelten einander zu, und dann ging Hori von dannen, um Yahmose zu suchen. Renisenb kauerte am Boden und sah Kait zu.
    Kait half den Kindern, aus Lehm Spielzeug zu formen, wobei sie das Wasser des Sees benutzte. Ihre Finger waren eifrig tätig, und ihre Stimme ermunterte die beiden kleinen ernsten Knaben bei ihrer Arbeit. Kaits Gesicht zeigte den gleichen nichtssagenden Ausdruck wie immer. Sie schien von der Spannung, die in der Luft lag, nichts zu spüren.
    Hori hatte Renisenb geraten, nicht mehr zu grübeln, aber sie konnte nichts dagegen tun, ihre Gedanken kreisten immer wieder um das Rätsel, wer der Feind sein mochte, den Esa erkannt hatte – ob sie wollte oder nicht.
    »Was ist los mit dir, Renisenb?«, fragte Kait unvermittelt. »Du machst ein so merkwürdiges Gesicht.«
    Renisenb stand rasch auf.
    »Mir ist, als würde mir übel.«
    In gewissem Sinn stimmte das. Die Gedanken, die Renisenb bewegten, bereiteten ihr Übelkeit.
    Doch Kait nahm ihre Antwort wörtlich.
    »Du hast zu viele grüne Datteln gegessen. Oder vielleicht war der Fisch nicht mehr gut.«
    »Nein, nein, das ist es nicht. Es sind die entsetzlichen Ereignisse, die wir erleben.«
    »Ach so.«
    Kaits Stimme klang gleichgültig, dass Renisenb sie anstarrte.
    »Hast du denn gar keine Angst, Kait?«
    »Nein, ich glaube nicht.« Kait überlegte. »Wenn Imhotep etwas zustößt, wird Hori die Kinder beschützen. Hori ist ehrlich. Er wird über meine Erbschaft wachen.«
    »Das wäre Yahmoses Amt.«
    »Yahmose wird auch sterben.«
    »Kait, du sagst das so ruhig! Wäre es dir denn gleichgültig, wenn mein Vater und Yahmose sterben würden?«
    Kait überlegte abermals eine Weile. Dann zuckte sie die Schultern.
    »Lass uns offen sein. Imhotep habe ich von jeher tyrannisch und ungerecht gefunden. Als er wieder ein Weib hatte, benahm er sich empörend. Er ließ sich von Nofret überreden, sein eigen Fleisch und Blut zu enterben. Ich habe Imhotep nie geliebt. Was Yahmose anbelangt, so ist er eine Null. Satipy hat ihn in jeder Weise beherrscht. Seit ihrem Tod gibt er sich neuerdings Würde und erteilt Befehle. Er würde seine Kinder den meinen stets vorziehen – das ist ganz natürlich. Wenn er also sterben muss, so ist das für meine Kinder nur von Vorteil – so sehe ich das. Hori hat keine Kinder, und er ist gerecht. Alle diese Geschehnisse waren sehr betrüblich, aber vor kurzem ist mir aufgegangen, dass sie eigentlich auch was Gutes haben.«
    »Dass du so ruhig und kalt reden kannst, Kait. Wo doch dein eigener Gatte, den du liebtest, als erster getötet wurde!«
    Ein unerklärlicher Ausdruck glitt über Kaits Antlitz. Sie bedachte Renisenb mit einem Blick, der einen gewissen zornigen Spott zu enthalten schien.
    »Manchmal bist du wie ein Kind, Renisenb.«
    »Du trauerst nicht um Sobek«, sagte Renisenb langsam. »Ich habe es bemerkt.«
    »Ich habe allen Pflichten Genüge getan. Ich weiß, was eine Witwe zu tun hat.«
    »Ja, das wohl. Das heißt also, dass du Sobek nicht geliebt hast?«
    Kait zuckte die Schultern.
    »Warum hätte ich ihn lieben sollen?«
    »Kait! Es war dein Gatte. Du hast Kinder von ihm.«
    Kaits Miene wurde weicher. Sie blickte auf die beiden kleinen Knaben nieder, die mit dem Lehm beschäftigt waren, dann auf Ankh, die sich hin und her wiegte und sang.
    »Ja, ich habe Kinder von ihm. Dafür bin ich ihm dankbar. Aber was war er schließlich? Ein schöner Tunichtgut, ein Mann, der immer andere Weiber aufsuchte, der in übel
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