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Rachedurst

Rachedurst

Titel: Rachedurst
Autoren: authors_sort
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schätze ja.«
    Joe warf Julie einen Blick zu. Sie hatte das Gespräch verfolgt und saß mit starrer Miene und großen Augen da.
    Â»Das ist gleich hinter dem Hügel«, sagte sie.
    Joe musste eine Entscheidung treffen. Er konnte die restlichen acht Kilometer zum Hauptgebäude der Ranch fahren, wo Julie wohnte, oder eine Abzweigung nehmen und so mit den Mädchen an den mutmaßlichen Schauplatz einer gewalttätigen Auseinandersetzung geraten.
    Â»Ich bring dich nach Hause«, sagte Joe und trat aufs Gaspedal.
    Â»Nein!«, rief Julie. »Es könnte jemand sein, den ich kenne! Wir müssen sie aufhalten.«
    Joe ging vom Gas, und seine Gedanken rasten. Er spürte die Notwendigkeit, auf den Funkruf zu reagieren, wollte die Mädchen aber nicht in Gefahr bringen. »Bist du dir sicher?«
    Â»Ja! Vielleicht ist es Dad? Oder einer meiner Onkel?«
    Joe nickte, wendete in drei Zügen und nahm die Abzweigung. Dann riss er das Mikro aus der Halterung. »Hier Jagd und Fisch dreiundvierzig. Ich bin fünf bis zehn Minuten vom Ort des Geschehens entfernt.«
    Â»Dann befinden Sie sich bereits auf der Ranch?«, fragte Wendy.
    Â»Richtig.«
    Es war einen Moment lang still. »Ich weiß nicht, ob das dem Sheriff gefallen wird.«
    Joe und McLanahan vertrugen sich nicht gut.
    Â»Fragen Sie ihn, ob ich mich zurückhalten soll.«
    Â»Das müssen Sie ihn selbst fragen«, sagte Wendy gegen alle Regeln.
    ***
    Als sie den Feldweg hochjagten, bemerkte Joe, dass Sheridan und Julie sich aneinandergekauert hatten.
    Â»Kannst du ein Geheimnis bewahren?«, flüsterte Julie so laut, dass Joe es hörte.
    Â»Natürlich«, antwortete Sheridan. »Weißt du doch. Wir sind schließlich beste Freundinnen.«
    Julie nickte ernst, als fasste sie einen Entschluss.
    Â»Du darfst es deinen Eltern nicht verraten«, fuhr sie fort und wies mit dem Kopf auf Joe.
    Sheridan zögerte und erwiderte dann: »Ich schwör’s.«
    Â»Bei Gott?«, fragte Julie.
    Â»Na los. Ich hab’s versprochen.«
    Â»Zieht die Sicherheitsgurte fester, Mädchen«, mahnte Joe. »Es wird holprig.«
    Als sie die Hügelkuppe erreichten, ließ die Szene vor ihnen Julie verstummen, und was sie Sheridan hatte erzählen wollen, blieb ungesagt. In der Ebene unter ihnen standen drei Pick-ups mit weit geöffneten Türen inmitten der Salbeisträucher. Innerhalb des Fahrzeugrings umkreisten sich drei Männer misstrauisch und wirbelten dabei kleine Staubwolken auf; dann und wann wurde eine Schaufel geschwungen und funkelte in der bereits recht tief stehenden Nachmittagssonne.
    Draußen auf dem Highway bogen zwei Geländewagen des Sheriffbüros und ein Autobahnpolizist mit Blaulicht in eine Zufahrt. Ein Wagen ließ kurz die Sirene aufheulen.
    Â»Mein Gott«, sagte McLanahan über Funk, als die Fahrzeuge sich dem Kampf näherten. »Das ist ja ein Rodeo. Die bluten gewaltig … «
    Â»Yee-haw«, sagte der Autobahnpolizist darauf nur höhnisch.
    Joe fand die Szene, die sich da vor seinen Augen abspielte, ebenso beeindruckend wie lächerlich. Drei erwachsene Männer – zwei davon praktisch auf ihre Art Legenden – waren so in ihren Streit vertieft, dass sie anscheinend nicht einmal bemerkten, wie sich eine kleine Fahrzeugkolonne voller Ordnungshüter näherte.
    Und es waren nicht irgendwelche Männer, sondern Arlen, Hank und Wyatt Scarlett, die Sprösslinge der bekanntesten Rancherfamilie im Twelve Sleep Valley. Als gingen die US -Präsidenten am Mount Rushmore mit gesenkten Köpfen aufeinander los.
    Joe fand es auf düstere Weise faszinierend, die drei dort draußen zu sehen. Einmal mehr wurde ihm bewusst, dass er Situationen wie diese immer als außenstehender Betrachter wahrnehmen würde. Trotz der vielen Jahre, die er nun schon hier lebte, würde er nie wirklich durchschauen, wie das Twelve Sleep County und seine Bewohner tickten. Ihre Eigenheiten wurzelten tief in der Geschichte des Tals. Die Ranken der Scarlett-Familienranch und der Scarletts selbst reichten zu weit und waren mit zu vielen anderen Personen und Familien verflochten, um sie je völlig zu entwirren. Ihre Verbindungen mit den Menschen und der Geschichte dieser Gegend waren vielfältig und nuanciert und zu kompliziert, um sie je wirklich zu verstehen. Die Scarletts waren schillernd, skrupellos, unabhängig und exzentrisch. Sollten
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