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Racheblut

Racheblut

Titel: Racheblut
Autoren: S Kernick
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wucherndes Feld erstreckte, das am Horizont von einem weiteren, mit Pinien bewachsenen Hügel begrenzt wurde.
    Sie sah zu Boden, noch nie zuvor hatte sie sich so gefreut, eine asphaltierte Straße zu sehen. Ein Zeichen, wenn auch nur ein kleines, der nahen Zivilisation.
    Dann sah sie nach links und entdeckte das eingefallene steinerne Cottage, das keine dreißig Meter entfernt gegen den Verfall ankämpfte. Rauch kräuselte aus seinem Kamin, und in der ungepflasterten Einfahrt stand ein zerbeulter alter Land Rover.
    Hoffnung keimte in ihr auf, in die sich aber gleich die seit zwölf Stunden altbekannte Furcht mischte: Dies konnte das Haus ihrer Verfolger sein. Irgendwo mussten die doch leben, und wahrscheinlich ganz in der Nähe. War das Mädchen, das das alles ausgelöst hatte, etwa von hier geflohen? Wenn ja, dann erklärte dies zumindest, warum die beiden so begierig darauf waren, Ash und die anderen zum Schweigen zu bringen, damit sie sich nicht an die Polizei wandten und die Beamten hierherführten.
    Ash atmete tief durch und überlegte, was sie tun sollte. Sie zwängte ihre Hand in die Jeanstasche und zog ihr Handy heraus. Vielleicht hatte sie hier Empfang. Aber es ließ sich nicht einmal mehr einschalten. Das Wasser hatte es zerstört.
    Zitternd stand sie auf der Straße. Alle Energie schien von ihr gewichen. Das nächste Haus konnte Kilometer entfernt sein, und sie wusste nicht, wie lange sie noch durchhalten würde. Ihr war übel. Sie brauchte Hilfe.
    Die Eingangstür des Cottage ging auf und riss Ash jäh aus ihren Tagträumen. Schnell verbarg sie sich hinter einem Baum.
    Eine kräftige ältere Dame mit zu einem Dutt hochgesteckten silbergrauen Haaren trat mit einem Korb im Arm heraus. Sie trug ein marineblaues Kleid und darüber eine altmodische weiße Schürze. Selbst aus der Entfernung konnte Ash erkennen, dass sie ein freundliches rundliches Gesicht hatte.
    Doch Ashs Welt war in den letzten Stunden auf den Kopf gestellt worden, die Erfahrungen der Nacht hatten sie paranoid gemacht. Die ältere Dame hatte sie nicht gesehen, Ash wartete ab und beobachtete, wie sie leise vor sich hin singend um das Cottage herumging und aus ihrem Blickfeld verschwand.
    Nun näherte Ash sich langsam dem Cottage, hielt sich aber im Schatten der Bäume. Als sie sah, wie die alte Dame ein Dutzend Hühner in einem Pferch fütterte, blieb sie stehen. Während die Frau ihnen Körner aus dem Korb hinwarf, redete sie ihnen mit ihrem singenden schottischen Tonfall zu, sie wirkte, als könnte rein gar nichts sie aus der Ruhe bringen, und der Anblick trieb Ash Tränen in die Augen.
    Zögernd trat sie aus dem Schutz der Bäume. »Entschuldigen Sie …«
    Die ältere Dame fuhr herum und schlug sich mit der Hand vor den Mund, ihre blauen Augen weiteten sich. »Holla, meine Liebe, du hast mich aber erschreckt.«
    »Das tut mir leid.«
    Unsicher machte Ash einen Schritt auf sie zu und versuchte, sich auf den Beinen zu halten.
    »Ich bin verletzt.«
    Die Tränen liefen ihr jetzt in Strömen über das Gesicht, und als die Frau ihre fleischigen Arme ausbreitete, sank Ash an ihre Brust, weinte sich hemmungslos an ihrer Schulter aus und sog den beruhigenden Duft nach Lavendel und Frischgebackenem ein.
    »Ruhig, ruhig, meine Liebe«, flüsterte ihr die Frau, die einen überraschend festen Griff hatte, ins Ohr. »Du wirst dir hier draußen noch den Tod holen. Lass uns hineingehen, wo es warm ist.«
    Die Frau setzte ihren Korb ab, achtete nicht weiter auf das wilde Gegacker ihrer Hühner und geleitete Ash durch eine Seitentür in eine unerwartet geräumige, wenn auch abgenutzte Küche.
    »Du setzt dich erst mal dahin, junge Frau«, sagte sie und deutete auf einen Holztisch, an dem ein paar Hocker standen. »Ich hole dir eine Decke.«
    Ash lehnte sich gegen die steinerne Wand, schlang die Arme um die Brust und sah sich in der Küche um: Töpfe und Pfannen, Küchengerätschaften, Kochbücher mit Eselsohren und Lesezeichen. Über allem hing ein feuchter Geruch, der nur zum Teil von dem Duft überdeckt wurde, der von einem Tablett mit frisch gebackenem Brot aufstieg, das auf dem altertümlichen Herd stand. Von einem ähnlich alten Bild an der gegenüberliegenden Wand lachte die Grinsekatze aus Alice im Wunderland Ash hämisch an, und Ash schaffte es sogar, das Lächeln ein bisschen zu erwidern. Zum ersten Mal, seit dieser Albtraum begonnen hatte, fühlte sie sich fähig, sich etwas zu entspannen.
    »Was ist dir denn zugestoßen, meine Liebe?«, fragte
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