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Racheblut

Racheblut

Titel: Racheblut
Autoren: S Kernick
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Schnell.
    Jetzt hatte er sich ihr ganz zugewandt. Er trug ein Nachtsichtgerät und sah ihr direkt in die Augen.
    Den Bruchteil einer Sekunde rührte er sich nicht.
    Aber Ash.
    Mit einem adrenalingepeitschten Sprung war sie aus dem Busch, richtete sich auf, und mit einem wilden Schrei warf sie ihm den Stein gegen den Kopf.
    Dies war ihre einzige Überlebenschance, und sie hatte Erfolg. Der Stein traf ihn mitten ins Gesicht, er stöhnte auf und taumelte zurück, schaffte es aber, auf den Beinen zu bleiben, und auch das Messer blitzte immer noch in seiner Hand, doch mit der anderen fasste er sich ins Gesicht.
    Nun, da Ash Blut geleckt hatte, ergriff die Wut vollends Besitz von ihr und gab ihr neue Kraft. Ehe der Angreifer reagieren konnte, hatte sie den Stein wieder aufgehoben und knallte ihn ihm mit solcher Wucht an die Schläfe, dass er in die Knie ging.
    Blindwütig schwang er das Messer nach ihr, doch er war zu langsam, Ash konnte ihm mühelos ausweichen und dabei in seinen Rücken gelangen. Als sie ihm den Stein vor Anstrengung keuchend auf den Hinterkopf schlug, spürte sie, dass sie kurz davor war zu triumphieren.
    Das Messer entglitt seiner Hand, und laut aufstöhnend fiel er in den Ufermatsch.
    Ash war sofort über ihm, drückte ihm das Gesicht in den Schlamm und hieb immer und immer wieder mit dem Stein auf seinen Schädel ein, ohne auf das Knirschen und Knacken zu achten, als seine Skimaske riss und der Schädelknochen barst und Blut und Gehirnmasse nach außen drangen. Wie im Blutrausch wollte sie Gewalt und Rache bis zur Neige auskosten.
    Doch dann, ebenso plötzlich, wie er sie überkommen hatte, war der Rausch verebbt. Ash ließ den erhobenen Stein fallen und stieß einen unterdrückten, wehklagenden Schrei aus. Der Mann unter ihr regte sich nicht mehr, sein Kopf war ein weiß gesprenkelter Haufen aus Knochen, Fleisch und Hirnmasse. Der Mann, der ihren Nik ermordet hatte, war tot. Und Ash hatte ihn getötet.
    Getrieben von einer dunklen Neugier, griff sie mit zitternden Händen nach unten, drehte den Toten um und zog ihm die Maske vom Gesicht. Sie wollte wissen, wie der Mörder ihres Mannes aussah, und wunderte sich, dass er jünger war als sie, höchstens Ende zwanzig. Sein Gesicht war blass und unregelmäßig, mit unzähligen Sommersprossen auf den dicklichen Wangen. Er hatte die Augen geschlossen und sah aus, als würde er schlafen. Und das war es. Er hatte nichts Bedrohliches an sich, auf seinem Gesicht war kein Widerschein der bösartigen Finsternis zu erkennen, die er in seinem Herzen getragen haben musste. Während sie entgeistert auf ihn hinunterstarrte, löste sich etwas Blut von der Skimaske, rann ihm über die Stirn und sammelte sich in seinem Auge.
    »Großer Gott«, flüsterte Ash. »Was habe ich getan?«
    In diesem Moment hörte sie das wütende Gebell eines der Hunde, und als sie aufblickte, sah sie auf der anderen Seite des Flusses eine schwarz gekleidete Gestalt, die in ihre Richtung lief und dabei ein Gewehr von der Schulter nahm.
    »Schnappt sie euch, Jungs!«, rief der Mann mit wutverzerrter, durch die Bäume hallender Stimme, und die Hunde, zwei große schlanke Dobermänner, tauchten jaulend in den Fluss, während der Mann sich auf einem Knie niederließ und das Gewehr anlegte.
    Ash mobilisierte ihre letzten Reserven, sprang auf und herum und rannte blindlings ins Gebüsch. Sie hielt sich geduckt und versuchte, im Zickzacklauf ein möglichst schwieriges Ziel zu bieten. Doch sie wusste, den Hunden würde sie nicht entkommen können – dennoch musste sie es versuchen.
    Ein Schuss zerriss die Luft, und die Kugel zischte so nah an Ash durch das Blattwerk, dass sie glaubte, die Hitze zu spüren.
    Ihre Beine schmerzten, ihr ganzer Körper fühlte sich an wie durch die Mangel gedreht, und egal, ob sie durchtrainiert war, sie würde nicht mehr viel länger durchhalten.
    Lauf weiter, dein Leben hängt davon ab, denn wenn du stehen bleibst, bist du tot.
    Ein Zweig schlug ihr ins Gesicht und riss direkt unter dem Auge die Haut auf, und beinahe wäre sie deswegen gestürzt, doch sie hörte die Hunde näher kommen und raffte sich wieder auf.
    Dann plötzlich war der Boden weg, vor ihren Füßen klaffte ein Abgrund, und es gelang ihr gerade noch abzubremsen, sonst wäre sie über den Rand der Klippe hinunter in den reißenden Fluss gestürzt. Dreißig Meter zu ihrer Linken rauschte der Wasserfall in die Tiefe, wo das Mondlicht, das durch die Bäume fiel, funkelnd auf den Wellen tanzte.
    Ash sah
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