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Rache - die Handschrift des kleinen Mannes - Erlebnisse eines Leipziger Antiquitaetenhaendlers

Rache - die Handschrift des kleinen Mannes - Erlebnisse eines Leipziger Antiquitaetenhaendlers

Titel: Rache - die Handschrift des kleinen Mannes - Erlebnisse eines Leipziger Antiquitaetenhaendlers
Autoren: Thomas Schmidt
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zurückstecken müsse. Unsere ergrauten Nachbarsleute hatten sich während der schönsten Lebensjahre buchstäblich zerfleischt und das wegen einer Nichtigkeit! Meine Großmutter hatte übrigens eine poetische Ader. Sie erzählte mir diese Geschichte von Anfang an so, als hätte sie ein Märchenbuch der Gebrüder Grimm aufgeschlagen:

    »Es waren einmal zwei Nachbarn, der Meier und der Schulze, die sich zum Gespött der Leute machten. (diesen Satz konnte sich meine Großmutter einfach nicht verkneifen). »Wunderschönen guten Morgen!«, rief der eine, »wunderschönen guten Morgen!« der andere. Eines Tages pflanzte Meier eine Birke dicht an den Gartenzaun zum Nachbarn – Schulze tat das Gleiche. Die Birken wuchsen und wuchsen, aus ihnen entwickelten sich stattliche Bäume mit schönen weißen Stämmen, die dem Sturm trotzten. Meier und Schulze hingegen wurden zu Kontrahenten. Von bislang wunderschönen Gutenmorgengrüßen, blieben nur noch mürrische »Moins« übrig. Der Herbstwind schüttelte nämlich das Laub von den Birken in die Vorgärten der beiden. Meier warf es klammheimlich zurück zu Schulze und Schulze zu Meier. Selbst das mürrische Moin war jetzt verstummt und einer schaute am anderen vorbei. Eines Tages standen sich Meier und Schulze mit Äxten gegenüber. Es hatte den Anschein, als wollten sie sich ans Leder, doch sie gedachten, zunächst den Birken den Garaus zu machen. Weil sich aber beide Streithähne den Weg in ihre Vorgärten versperrten, blieben die Bäume unversehrt. Sie wuchsen und wuchsen weiter, wie der Groll der Nachbarn gegeneinander. Meier und auch Schulze bemühte sich um einen Rechtsanwalt der neuen Generation, der nun weitere Schritte veranlassen sollte. Jeder der Streithähne geriet jedoch, wie so selten, an einen seriösen Rechtsanwalt, der die Prozessvollmacht partout nicht übernehmen wollte. Ganz unabhängig voneinander erkannten die Anwälte den Fall für nichtig. Viel Zeit verstrich, Meier und Schulze kämpften nun mal ums Recht. Jeder der Anwälte sagte sich, dass, wenn sich erwachsene Bürger wegen solcher Lappalien herumbalgten, diese zwar als Menschen nichts taugten, doch aber als Mandanten, indem sie in ihrem Gerechtigkeitswahn die Honorare irgendwelcher Anwälte aufbesserten. Die gegnerischen Rechtsanwälte übernahmen nun doch den Fall. Sie machten sich sogar einen Spaß aus der Klagerei derer, die, wie sie meinten, mit sich und der Welt nichts anzufangen wüssten und schmiedeten einen Komplott gegen ihre Mandaten – der Rechtsstreit wurde vorsätzlich in die Länge gezogen. Dabei legte jeder der Anwälte gleiche Rechtsmittel ein und für keinen der Mandanten war der Prozess jemals zu gewinnen. Ein teurer Spaß für die Frührentner, mussten sie doch letzten Endes in ihre Sparstrümpfe greifen. Prozesskostenhilfe gab es nicht, weil die beiden Kläger wohlhabende Leute waren. Die Zeit verging, die Rechtsstreitigkeiten der beiden Kampfhähne waren immer noch nicht beigelegt. Inzwischen waren die Birken zu weißen Riesen herangewachsen. Die scherten sich einen Dreck darum, ob es eine amtsrichterliche Entscheidung geben würde, ob ihr Dasein gefiel oder nicht – sie schütteten einfach ihr Herbstlaub in die Vorgärten der Nachbarn – Punktum!
    Der »Birkenprozess« wurde beim Amtsgericht nie anhängig, weil der ganze Papierkram vorher ad acta gelegt wurde. Den Klägern ging nämlich die Luft aus, weil sie inzwischen gealtert waren, wie die Birken selbst. Der Ischiasnerv schlug bei dem einen Alarm und das Rheuma vermieste das Dasein des anderen – das Alter hatte also seinen Tribut gefordert. Wenn sich Meier und Schulze morgens in den Vorgärten begegneten, vernahm man wieder ein herzliches Wunderschönengutenmorgen. Dabei erhoben die Nachbarn ihre Krückstöcke und redeten sich ihre Leiden von der Leber. Und wenn der Meier und der Schulze nicht schon dreiviertel tot gewesen wären, stritten sie noch heute!” Den letzten Satz betonte meine Großmutter ganz besonders.

Ich und die Welt – Detektei John Bubach

    Irgendwann flatterte mir ein Brief ins Haus. Eine Detektei aus Berlin-Wilmersdorf hatte mich anvisiert, obwohl ich für diese Truppe völlig unbekannt war. Für mich war es schleierhaft, wie sie an meine Adresse kam, obwohl ja unsere Familie in keinem Telefonbuch stand. Trotzdem – mit Stolz las ich diesen Brief drei oder vier Mal. An einem der nächsten Wochenenden waren Seminare geplant, die die Voraussetzungen liefern sollten, Detektiv zu werden. Ich war fest
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